Blumenfresser
verändert, sondern das Gebäude selbst trug ein neues Gesicht, und ein neues Gesicht hatte auch Frau Sperl. Die Zeit war ein paar Schritte rückwärts gegangen, um dann voranzustürmen und jeden greifbaren Wert an sich zu raffen, die benachbarten Straßen boten einen hübscheren Anblick, Häuser und Zäune waren gestrichen, die Bäume gewachsen. Als Frau Sperl vorsichtig die Tür öffnete, erkannte sie Peter nicht. Verlegen musterte sie den Haufen, was diese seltsamen Herren wohl wollten, eine Wohnung, ein Zimmer oder gar das ganze Haus?! Und auch Peter erkannte die Frau des Hausmeisters nicht auf Anhieb, seiner Erinnerung nach hatte sie schon damals älter gewirkt als sie war. Denn es öffnete eine schöne und angenehme Dame, die ihn mit wachsender Zuversicht musterte, um ihm schließlich um den Hals zu fallen.
Vielleicht die Tochter von Frau Sperl?!
Eine wunderschöne Tochter mit so heißen Lippen?!
Damals war ihm hier manchmal ein kleiner Junge über den Weg gelaufen, den hatte man dann, wenn ihn die Erinnerung nicht täuschte, in eine Privatschule gesteckt, weil er so begabt war. Doch Peter erinnerte sich auch, dass der hochbegabte Junge immer lauschte, ständig heimlich beobachtete.
Peter runzelte die Stirn und wischte sich den Hals ab. Auch dass sie nach Vanille gerochen hätte, war ihm nicht erinnerlich, das Muttermal an ihrem Hals war jedoch deutlich zu sehen, und das hieß, die Frau, die ihn gerade umarmt und abgeküsst hatte, war niemand anders als Frau Sperl, die vernachlässigte Ehefrau des ewig betrunkenen Hausmeisters!
Zehn Jahre waren vergangen, und Frau Sperl war nicht mehrFrau Sperl, Peter und die sich hinter ihm drängende Gesellschaft wurden sogleich hereinkomplimentiert, bitte doch näher zu treten!
Peter lächelte, sein Blick wanderte umher, die Wohnung war überraschend hübsch, neue Möbel ersetzten die alten, weich wellten sich die Vorhänge. Verdattert standen sie vor den langhaarigen Teppichen. Durfte man da mit Schuhwerk drauftreten?! Als sie sich in Bewegung setzten und ins Zimmer strömen wollten, schwang Peter hinter dem Rücken der Frau die Faust. Er mahnte sie, sich anständig zu benehmen, sie sollten ja nicht wagen, zu stehlen oder irgendeinen Schaden anzurichten, sonst würde er ihnen die Gedärme herausreißen!
Der Salon war nicht besonders geräumig, doch wegen der nahenden Mittagszeit badete er im Licht, auch eine Kommode und ein Klavier standen da, und in der Ecke ein geblümtes Sofa. Peter deutete entschlossen auf das Sofa, die anderen setzten sich gehorsam, alle hatten knapp darauf Platz. Die Hände auf den Knien, saßen sie da wie Kinder auf der Schulbank. Neben der geblümten spanischen Wand befand sich ein Kachelofen, über seiner Tür flogen zwei blaue Kachelhirsche, als wollten sie auf der Flucht vor den hetzenden Jagdhunden in die Ofentür springen.
Peter ließ sich in einem Lehnstuhl nieder, wie war es möglich, dass er damals, vor gut zehn Jahren, in seiner Blindheit nicht bemerkt hatte, dass diese Frau, diese Frau Sperl ein Wunder war?!
Was für eine holde Erscheinung!
Zum Beispiel hatte er früher ihre Brust gar nicht wahrgenommen: überraschend starke und stolze Brüste, die der tiefe Bogen des Dekolletés preisgab, die Haltung war tadellos, ihr Stolz energisch und nicht übertreibend. Frau Sperls Haut glänzte wie Marmor, auf den Armen seidiger Flaum, und da servierte sie auch schon Kaffee, von einer Qualität, wie sie von den Kaffeehäusern beim Dom nicht übertroffen wurde. Somnakaj schlürfte zum ersten Mal in ihrem Leben schwarzen Kaffee,den hatte ihr Imre Schön verboten, nach dem ersten Schluck weiteten sich ihre Augen, dann streute auch sie Zucker in die Tasse, etwa zehn Löffel. Pietro schüttelte den Kopf, er wolle eine Zeitlang auf Kaffee verzichten. Kigl saß steif da, er betrachtete seine zitternden Finger. Frau Sperl blickte auf die spanische Wand mit dem Blumenmuster, und Peter stellte zufrieden fest, dass auch ihre Figur erstklassig war, die sich sanft wiegenden, weiblich breiten Hüften hielten wohlgeformte Hinterbacken. Ein wirklich prächtiges Gebilde!, dachte er, und schon begann die Unterhaltung.
Die anderen, als würden sie einem im Spiel hin und her fliegenden Ball nachsehen, wandten den Blick mal Peter, mal Frau Sperl zu. Auf einer Chaiselongue neben dem Kachelofen saß Frau Sperl, die Hände im Schoß verschränkt. Ihre Stimme war sanft und traurig.
Ihr Mann lebe nicht mehr, der arme Sperl sei ins Grab gesunken, nicht lange
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