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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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Staubtrichter tanzten, von jauchzenden Windmenschen getrieben. Wogen rasten vor ihnen vorbei, dann löste sich ein schwankender Riese aus der Fata Morgana, er ragte über ihnen auf, als würde er gleich auf sie fallen, Frau Klemm stieß einen Schrei aus und packte Peters Arm. Das war mein Mann, flüsterte sie entsetzt, das war mein Mann! Oder doch nicht?! Dann sahen sie eine gewaltige, prächtige Stadt mit Türmen, Arkaden und Kirchen, und dort, wo sonst immer die verwaiste Hütte des Flurhüters gestanden hatte, zeigte sich ein Palast mit tausend glänzenden Fenstern. Ungeheuer rannten auf sie zu. Die Welt tobte, doch im nächsten Moment verwandelte sich das Getümmel in einen Ball, und inmitten des Strudels tanzte eine wunderschöne Frau.
    Hm, die Wüstenblume?!, brummte Peter. Frau Klemm hielt sich die Augen zu und fiel, als befände sie sich auf einer Bühne, mit einem kleinen Schrei in Ohnmacht. Peter fing sie auf und hielt sie fest, sie war leicht wie ein Kissen. Ein Pferd schnaubte, wirbelte Staub neben ihnen auf, Pietro und Salamon kehrten zurück, sie keuchten, in ihren Gesichtern klebte Dreck. Kigl warzurückgeblieben, er war während der Darbietung vom Pferd gefallen und hatte sich den Arm ausgerenkt. Beim Anblick der ohnmächtigen Witwe lächelte Pietro zufrieden.
    Ja natürlich, es waren Peters Gefährten gewesen, die sich dem Licht in den Weg gestellt hatten, sie hatten die Lichtbrechung hervorgerufen, mit ihren Bewegungen Wellen geschlagen, sie waren die kriegerischen, einander jagenden Titanen gewesen, ihr Herumpreschen hatte Städte und neue Welten ins Leben gerufen. Der Flurwächter schwankte betrunken vor seiner Bude, er summte in sich hinein. Die schmollende Somnakaj ging auf das Gasthaus zu.
    Am Abend trat Peter zu Frau Klemm ins Zimmer, sie lag noch immer im Bett, bleich, doch ihre Augen lächelten. Er setzte sich wortlos an den Bettrand, sie sahen einander an, dann entkleidete sich Peter und schlüpfte zu ihr.
    Er fragte, ob sie Klemm gefunden habe.
    Ja, sie habe ihn gefunden, seufzte sie, gerade, als sie in Ohnmacht gefallen sei. Als Peter verhinderte, dass sie auf die Erde fiel, habe sie sich wie in den Armen ihres verlorenen Mannes gefühlt. Und sie danke ihm sehr, dass er sie behütet habe. Ob Peter ein Glas Rheinwein wolle? Er schauderte, es fiel ihm ein, denn am Vortag hatte er in der Heiligen Schrift nachgelesen, warum Holofernes seinen Kopf eingebüßt hatte. Weil man ihn auf heimtückische Weise betrunken machte! Auch Judith war eine Witwe, genau wie Frau Klemm.
    Schlag mir den Kopf nicht ab, schlag ihn mir nicht ab!, keuchte er in ihre Brust.
    Frau Klemm reiste am nächsten Tag nach Szeged zurück, der Mietwagen stand auf dem Hof, die beiden schweren Reisetruhen schleppte Pietro hinaus. Margit sah auf der Schwelle zu, sie war erleichtert, dass sie die seltsame Witwe los war. Peter dachte unmutig, was für ein blöder Name das war, Frau Klemm! Als würde sie in seine Gedanken hineinsehen, trat sie zu ihm und nahm seinen Arm.
    Wenn eine Frau eine Maske anlege, dann müsse man dieserMaske huldigen. Ob er das verstehe?! Und dass die Maske wichtiger sei als das, was sich darunter befinde?!
    Peter nickte, er glaube, dass er nun verstehe.
    Sie Rindvieh, ach Sie liebes Rindvieh!, setzte sie mit einem tiefen Seufzer hinzu.

Frau Sperl gibt es nicht mehr
    Der Frühherbst des Jahres dreiundfünfzig sah die Gefährten in Wien. Der Belagerungszustand nach der Rebellion war bereits zu Ende, man konnte die Stadt leichter betreten und verlassen, leichter Quartier und Arbeit bekommen. Das Herz des Reichs hatte das Makk-Komplott und die Enttäuschung durch die siebenbürgischen Verschwörer verschmerzt, wenn auch nicht vergessen, und am Fuße des Kärntnertores, wo der ungarische Schneiderlehrling den Kaiser mit seinem Messer am Hals verletzt hatte, prunkten schon seit Februar Blumensträuße. Zu Sommerbeginn kursierte die Nachricht, der Kaiser stehe nach der Niederwerfung der Revolution und der Festigung der Macht vor einer neuen Herausforderung. Die Augustreise, die Kaiserinmutter Sophie mit ihrem Sohn in das malerische Bad Ischl unternahm, um ihn mit Herzogin Helene in Bayern bekannt zu machen, brachte ihr jedoch eine Enttäuschung. Die sechzehnjährige, glutäugige und gerade trübe gestimmte Schwester Helenes weckte das Interesse des jungen Kaisers.
    Liebe auf den ersten Blick, wo das Schicksal der Dynastie auf dem Spiel stand?!
    Die Kaiserinmutter war außer sich, der junge Kaiser blieb

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