Blut & Barolo
Zufrieden?«
»Nein.«
»Nein?«
Giacomo drehte sich um. Reichte das nicht? Die Frage brannte in seinem Kopf. War das nicht die Antwort, die sie gesucht hatten?
»Warum hättest du für ein bisschen Publicity den armen Priester umbringen sollen? Das warst doch du, oder? Und kein Wolf. Wie sollte ein solcher auch in den Glockenturm gelangen? Und der tote Sindone-Forscher im Parco Naturale di Stupinigi. Das warst auch du.«
Gianluca hob entschuldigend die Hände. »Es war irgendwie der Wurm drin. Leider sah mich der gute Padre Filippo, als ich mir das Sindone ausborgte. Übrigens mit Hilfe deinerSchlüssel, Mario, deiner Codes. Saada wusste genau, wo du alles versteckst. Damit war es ein Kinderspiel. Na ja, bis auf den Padre eben. Der begriff zwar nicht wirklich, was ich da tat, aber ich brachte ihn trotzdem lieber zum Schweigen. Und der amerikanische Forscher schnüffelte mir zu viel herum. Eines Tages sah ich ihn bei mir im Museum, genau in der Abteilung mit dem Wolfsgebiss, das ich für das vorzeitige Ende des Padre benutzt hatte. Er schaute es sich für meinen Geschmack einfach einen Tick zu lange an.«
»All das Risiko für ein bisschen Werbung? Niemals. Das kannst du einer alten F... « Die Signora stoppte gerade noch rechtzeitig. Und sah sich vor dem Problem, was sie statt »Frau« sagen sollte. Glücklicherweise war sie gerade gut in Schwung. »... Flohschaukel wie mir nicht erzählen! Mach dich frei, lass die Wahrheit herausfließen – wie reinen Wein.«
Jetzt klang sie wie ein Priester. Aber ein guter, einer des Barolo!
»Er hat es aus Liebe getan«, sagte Saada und Tränen flossen, doch sie rochen nicht echt, ihnen fehlte das Quäntchen Salz, und sie kamen viel zu schnell. »Damit Mario aus dem Weg ist, niemals hätte er mich freiwillig gehen lassen. Deshalb werden wir ihm alles anhängen. Die Indizien sprechen schon gegen ihn. Er hat als einziger Verantwortlicher der Stadt die Schlüssel zum Duomo und zur Truhe des Sindone. Der Palazzo untersteht ihm ebenfalls, und mit Isabella Tinbergen fand zufälligerweise eine seiner Mitarbeiterinnen das gestohlene Tuch. Eigentlich haben wir gedacht, sie würde ihn als Erstes anrufen, das hätte zu ihr gepasst, und ich hätte dann parallel die Polizei informiert. Die beiden wären zusammen mit dem Sindone im Palazzo aufgegriffen worden, und die wahnwitzige Geschichte eines Trüffelhundes, der das Sindone in einem Baumstamm gefunden hat, hätte ihnen niemand geglaubt. So ist es zwar nicht gekommen, abernachdem die Polizei in unserer Wohnung heute das blutbefleckte Hemd und das Wolfsgebiss gefunden hat, läuft es aufs selbe hinaus.« Sie wandte sich von ihrem Ehemann ab. »Du hast es nicht anders gewollt, Mario.«
»All diese Grausamkeiten nur aus Liebe?«, fragte die Signora. »Die Liebe ist auch zu gar nichts gut.«
»Was wisst ihr Hunde schon davon. Für euch gibt es nur Triebe, Fressen und Schlafen.« Nun war Saadas Wut echt. »Und sprechen«, erwiderte die Signora.
Mario stand nicht mehr aufrecht, er war zusammengesunken, kniete auf dem Eis, den Kopf herabhängend, als wären alle Halteseile gekappt worden.
»Nur noch eine letzte Frage: Was ist mit dem Priester? Was hat der Geistliche aus dem Museo della Sindone damit zu schaffen?«
Woher wusste sie von dem Priester? Nur Amadeus hatte ihn gesehen, sonst niemand. Er hatte Giacomo davon erzählt, aber nur ihm. Der alte Trüffelhund spürte das Lächeln der Signora. Ihre Gedanken und Gefühle lagen immer noch offen vor ihm wie ein Buch – doch er wurde das Gefühl nicht los, dass die Wahrheit im Einband steckte.
»Ich weiß nicht, wovon du redest. Es gibt keinen Priester.« Saada fasste sich wieder.
»Hört auf mit den Lügen!«
»Das weißt du also auch?«, sagte Gianluca. »Warum quälst du uns dann hier für nichts und wieder nichts?« »Ich will alles aus eurem Mund hören.«
»Meine Güte, ja, es gibt einen Priester. Meinen Bruder. Er brachte mich überhaupt erst auf die Idee. Sein Sindone-Museum ist schließlich im Romanischen Viertel untergebracht, ewig weit weg vom Duomo. Sie wollten ihm daneben einfach keine Räumlichkeiten zur Verfügung stellen. Mein Bruder konnte diese Schmach nicht mehr ertragen. Jetzt hat sein Museo die verdiente Aufmerksamkeit, und bald wirdes sicher umziehen können. Aber mit den Morden hat er nichts zu tun, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie viele Rosenkränze er seitdem gebetet hat. So, können wird jetzt endlich das Sindone sehen?«
»Alles Lüge! Er hat es
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