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Blut & Barolo

Titel: Blut & Barolo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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einzelner Wolf ist oder ein ganzes Rudel?«
    »Auf jeden Fall.« Wieder kein Blick hoch.
    »Zumindest hat es diesmal den Richtigen getroffen. Dieser Rogers war wohl ein großer Kritiker des Sindone, glaubte, es sei nicht echt.«
    »Ach.«
    »Ja, kannst du mir glauben, steht hier. Wollte mit der Radiokarbonmethode beweisen, dass es erst zwischen 1260 und 1390 hergestellt wurde.«
    »Radiokarbonmethode, soso.«
    »Na ja, die haben damals bei der ersten Bestimmung an der falschen Stelle Material entnommen, das war von dem Brand kontaminiert.« Er hielt die La Stampa nun wie einen Taktstock.
    »Mhm.«
    »Aber sie schreiben hier auch, dass das Sindone echt ist. Wissenschaftler haben Pollen von Pflanzen darin nachgewiesen, die typisch für die Blütezeit um Ostern im Raum Jerusalem sind. Um Ostern! Sie fanden auch viele Pollen einer Distel, aus der wohl die Dornenkrone bestand.«
    »Aha.«
    »Ja, und außerdem ist das Leinen in einer seltenen zickzackförmigen Webart hergestellt worden, unter Stofffunden aus der Festung Massada aus dem Jahr 73 wurde eine vergleichbareNaht und Webkante gefunden. Also ich brauch keine weiteren Beweise.«
    »Ich auch nicht.«
    »Aber ich hab dir doch noch gar nicht von den Folterspuren erzählt!«
    »Nein?«
    »Nein. Die Figur auf dem Sindone, also Jesus, denn der ist es ja, zeigt Folterspuren, die erst durch die jüngere Forschung als typisch für die Zeit vor 2000 Jahren belegt worden sind. Die Nägel zur Kreuzigung befanden sich nicht – wie in mittelalterlichen Darstellungen – in der Mitte des Handrückens, sondern waren, wie in römischer Zeit üblich, durch die Handgelenke getrieben.«
    »Da soll mich doch der Schlag treffen.«
    »Der Mann trug auch keinen Dornenkranz, sondern eine aus Dornen geformte Haube. Auch das hat die Wissenschaft erst jetzt als kennzeichnend erkannt.«
    »Das dürfen wir nicht vergessen.«
    »Und der Vanillinanteil!«
    »Der ist auch wichtig?«
    »Und wie. Da haben sie hier einen ganzen Kasten zu gedruckt.«
    Als ein Kunde den Salon betrat, erstarb das Gespräch. Die nächsten Stunden vergingen wieder ereignislos, während die Kälte sich neben, unter und über den Hunden breitmachte. Sie vermischte sich mit deren Ungeduld und Angst.
    Das Ergebnis war Risiko.
    »Ich geh rein«, sagte Daisy. Es war keine Frage. Schon preschte sie hinüber. Eine Straßenbahn schnitt Donald von ihr ab, doch die Hündin hatte eh nicht damit gerechnet, dass er ihr folgen würde. Ohne Zögern schritt sie ins Dunkel des Eingangs, auf den ungewohnten spiegelglatten Boden einer hallenden Leere. Doch plötzlich brach Lärm los, und sie fand sich inmitten einer Horde Kinder, die sie streichelten,ihr den Kopf tätschelten, ein Mädchen versuchte, ihr ein Bonbon ins Maul zu stecken – Daisy litt schreckliche Angst und kauerte sich auf den Boden.
    Bis draußen ein Bellen ertönte. Die Kinderhände ließen von ihr ab, doch die Lagotto-Hündin traute sich immer noch nicht aufzublicken. Das Bellen entfernte sich, Donald lockte sie fort. Sie hatte gar nicht gewusst, was für einen mutigen Bruder sie mit ihm hatte. Immer war Dagobert der Starke gewesen. Endlich hörte sie kein Kinderlachen mehr, keine trippelnden Füße. Stattdessen näherten sich harte, schnelle Schritte einer einzelnen Person, die Ledersohlen knallten auf den Fliesen. Daisy öffnete die Augen, hob den Kopf und sah einen Mann, der bei ihrem Anblick langsamer wurde, dann jedoch den Kopf schüttelte und vorbeirauschte. Er trug eine Sonnenbrille. Jetzt drückte er auf etwas in seiner Hand, und ein Wagen blinkte auf.
    Es war der schwarze. Das Lutschbonbon!
    Der Mann fuhr sich durch die Haare, öffnete die Fahrertür, ging dann jedoch zum Kofferraum des Wagens – und war für einen Augenblick nicht mehr zu sehen.
    Es war kein Kurzschluss in Daisys Kopf, der sie in diesem Moment losrennen ließ. Es war purer, blanker Mut – der Zwillingsbruder der Dummheit. Sie quetschte sich in den knappen Fußraum der Rückbank. Im Auto roch es nach kaltem Zigarettenrauch und herbem Parfum. Schon stieg der Mann ein und startete den Sportwagen, der in sattem Moll aufröhrte. Wie ein Wildschwein schubberte er sich an seinem Sportsitz, bis er die richtige Position gefunden hatte. Er fuhr an und drückte einige Knöpfe in der Mittelkonsole. Kurz darauf ertönte eine fremde Stimme im Wagen.
    »Gianluca, wo bleibst du?«
    »Muss leider absagen. Dringende Sache.«
    »Du weißt, dass uns das Wasser bis zum Hals steht! Wie kannst du da nur so

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