Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Blut & Barolo

Titel: Blut & Barolo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
Vom Netzwerk:
klinisch sauber schien,kam er Giacomo wie ein Palast vor. In der Ecke summte eine große Konchiermaschine.
    »Die Leute denken, eine Cioccolateria müsste viel größer sein. Weil sie glauben, hier würde alles produziert. Aber Guido hat noch eine moderne Manufaktur, wo Tourinot Maximo, Giandujotto, Giandujottino Amarissimi und was weiß ich noch alles hergestellt wird. Einige Schokoladen sind gar mit Ingwer und Zitrone.« Ihr Schnaufer zeigte, dass sie dies für eine Abkehr vom wahren Glauben hielt. »Von rosa Pfeffer und Lavendel ganz zu schweigen. Als wären wir eine Gewürzhandlung! Aber Guido will es so. Und er hat schon immer seinen Willen bekommen.«
    Nun zeigte sich, dass die Signora unter ihrem dicken Wintermantel einen weißen Kittel trug, dazu setzte sie sich ein weißes Käppchen auf und wusch sich lange die Hände und Unterarme. Dann zog sie eine Schublade auf. »Das hier ist mein Willen. Und den bekomme ich auch! Schau ihn dir ruhig an.«
    Giacomo setzte sich auf die Hinterbeine – und sah seinesgleichen. Unzählige Schoko-Lagottos lagen in der Schublade, daneben Doggen, Neufundländer, Retriever, Setter, Rottweiler, Schäferhunde und viele weitere Hunderassen. »Er lässt mich machen, weil er weiß, dass keiner die Schaustücke besser hinbekommt. Die ganzen Schlösser und Figuren aus Schokolade – im Gegenzug darf ich meine Hunde formen. Aber du musst natürlich nicht deinesgleichen essen. Ich habe extra was für Vierbeiner da. Natürlich mit wenig Koffein und Theobromin. Ich will ja nicht, dass du Magenschmerzen oder Schlimmeres bekommst!«
    Die Leckerlis waren in Knochenform – und wenn Giacomo sich nicht täuschte, fanden sich Fleischstücke darin.
    »Von mir hat Guido all die Rezepte«, fuhr die Signora fort. »Dank mir weiß er auch, worauf bei den Haselnüssen zu achten ist. Ohne mich hätte er niemals die guten ›TondaGentile delle Langhe‹ verwendet. Was wissen Männer schon von gutem Essen? Nur was ihre Mütter sie gelehrt haben!« Sie erzählte von Kakaobohnen aus Arriba, Java, Trinidad, Ghana und Venezuela, und für welche Hunderasse sie diese verwandte. Giacomo genoss den Schmelz, der sein Maul nun auskleidete.
    Die Signora warf eine Maschine an und verteilte mit einem großen Spachtel mattglänzende Schokoladenmasse auf einer Metallplatte. »Den Papst soll ich ihm machen. Als gäbe es nichts Wichtigeres! Jetzt ist er eh wieder weg. Weißt du, was ein Papst ist, Giacomo? Er hält sich für den Stellvertreter Gottes auf Erden.« Ihr Grunzen verriet, dass sie das anders sah. Sie strich die Schokolade nun hauchdünn aus. »Im Himmel werd ich mal ein Wörtchen mit ihm reden. Da haben wir ja genug Zeit. Schmeckt es dir?« Giacomo blickte nicht von seinen Leckerlis auf. »Es schmeckt dir also, gut so!« Die Signora fuhr mit der Fingerspitze durch die Kakaomasse und leckte sie ab. »Das lange Konchieren hat sich gelohnt. Ein Vorgeschmack des Himmels! Denn dort, musst du wissen, werden alle Wünsche wahr. Du würdest also jeden Tag die besten Barolos trinken, und überall um dich würden gigantische Trüffel darauf warten, freigebuddelt zu werden. Wäre das nicht schön? Allerdings kommt nur der in den Himmel, der an Gott glaubt und ein ihm gefälliges Leben geführt hat. Also nur wer gut zu seinen Mitmenschen war, sich aufgeopfert und keine Sünden auf sich geladen hat. Doch niemand weiß, wie ernst sie es da oben nehmen. Dafür müssten wir nämlich eines wissen: Ist Gott Süd- oder Norditaliener?« Sie lachte auf. »Ich glaube, dass er auch ein Plätzchen für euch Hunde hat. Schließlich liebt Gott seine Schöpfung, er hat sich doch die größte Mühe gegeben, alle Tiere vor der Sintflut zu retten, in der gigantischen Arche. Für Noah und seine paar Leute hätte ja ein besseres Rettungsboot gereicht.«
    Hatte er das gerade richtig gehört? Trüffel? Wein? In rauen Mengen? Die ganze Zeit? Quasi immer ? Korrekt gelüftet und temperiert? Da wollte er hin! Was musste er tun? Glauben! Das konnte er. Kein Problem. Unentwegt.
    »Ich finde es sehr beruhigend, dass es da oben auch Schokolade gibt«, sagte die Signora und goss noch etwas mehr auf die Platte. »Denn Manna schmeckt bestimmt nicht besser.« Dann rieb sie sich die Hände an einem groben Tuch ab. »Hab ich ja ganz vergessen! Hier, für dich. Zwar kein Barolo, dafür Barbaresco. Weil ich es samtiger und weniger füllig mag. Ist zwar nicht von unserem Nazionale, der ist mir zu teuer, aber er wird dir trotzdem munden. Zurzeit gibt es

Weitere Kostenlose Bücher