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Blut & Barolo

Titel: Blut & Barolo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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ist, trägt er einen Regenmantel. Es hat ihm große Freude bereitet, darüber nachzudenken, warum die Menschen das Tuch gestohlen haben. Sich in sie hineinzuversetzen, in Gedanken einer von ihnen zu werden. Er sagte, mehr Menschen würden nach Turin kommen, wenn das Tuch für einige Zeit nicht im Duomo läge. Und Besucher bedeuteten Geld, und das liebten die Menschen. Der Palazzo Stupinigi wird seit Jahren umgebaut, die Touristen haben ihn nahezu vergessen. Doch im nächsten Sommer, da soll er wiedereröffnet werden. Nun, da das Sindone dort in einem hohlen Baum aufgetaucht ist, werden die Menschen das Schloss und den Park sehen wollen. Ich verstehe dieMenschen zwar nicht, aber der Conte hat sicher recht. Die Besucher strömen bereits jetzt in den Duomo, wie sie es sonst nur taten, wenn das Sindone offen gezeigt wurde. Sag es dem Pharaonenhund, doch verrate meinen Conte nicht. Von seiner Liebe zu den Menschen darf niemand wissen.«
    Der Spürer zischte etwas zu der Taube auf seinem Rücken. Sie gurrte zustimmend, flog in die Höhe, und ohne dass die Hundemeute es merkte, gruppierten sich die grau schimmernden Vögel um sie herum. Unterdessen erzählte Giacomo allen, was Maria Grazia ihm berichtet hatte. In seiner Version erschien der Conte wie ein Weiser aus dem Morgenland.
    »Doch wie passt der Wolf in dieses Bild, der im Glockenturm des Duomo gemordet hat?«, fragte der Pharaonenhund, den Blick auf Maria Grazia, nicht auf Giacomo gerichtet.
    »Es gibt keine Wölfe in Turin, das hat mir der Conte schon vor einiger Zeit verraten«, antwortete der alte Trüffelhund.
    In diesem Moment trat Daisy aus der Toilettenanlage. Der Spürer wusste dank der Tauben, dass sie dort mit ihren Pfoten immer wieder über die glatten Kacheln gestrichen war und Kreuze geformt hatte.
    »Keine lebenden Wölfe«, sagte sie. »Aber tote.« Und sie berichtete von ihrem Fund in dem großen Haus, wo Dinge gesammelt wurden. »Das Wolfsgebiss roch nach Blut – dem eines Menschen.« Dann erzählte sie von dem Mann mit der Sonnenbrille, der die schwarze Frau traf, welche zwei Hunde an der Leine führte. Eine Cockerspaniel-Hündin und einem Scottish Deerhound.
    » Wann war das ?« Das Windspiel sprang auf sie zu. »Heute?! «
    Die Lagotto-Hündin wich zurück. »Nein, es ist sicher zwei Tage her.«
    »Ging es ihnen gut?«
    »Was weiß ich? Sie schienen keine Verletzungen zu haben,rannten normal, klemmten nicht die Rute. Und jetzt stelle ich die Fragen!« Sie wandte sich an Amadeus. »Wer hat meinen Bruder Dagobert getötet? Wer so mächtig ist wie du, der muss es doch wissen.«
    »Keiner von uns«, antwortete der Pharaonenhund. »Tommaso hat den Leichnam gefunden, doch auch er fand keine Spur des Mörders.«
    Daisy trat zu der Bulldogge, besah sie sich lange, fixierte ihren Blick – und erntete ein bedrohliches Knurren.
    »Ich sehe Blutdurst in deinen Augen und die Flecken in deinem Fell. Sie riechen nach meinem Bruder, und deine Zähne gleichen denen, mit denen er gerissen wurde. Lange habe ich mir seine Wunden angesehen, mir alles genau gemerkt. Denn ich habe Rache geschworen. Und nun ist der Tag da. Du hast Dagobert zu Tode gequält!«
    Wieder gurrte die Taube auf dem Rücken des Spürers. Durch sie und ihre Artgenossen sah er alles.
    »Tommaso tut, was nötig ist. Tommaso dient seinem Herrn Amadeus.«
    Sie trat näher, bis an Tommasos Schnauze. »Du bist viel kleiner, als ich gedacht habe, deine Beine sind lächerlich mickrig, dein Blick unglaublich dumm. Selbst tot ist Dagobert mehr wert als du.«
    Die Bulldogge setzte zum Sprung an.
    »Kein Blut in Anbetracht des Sindone!«, befahl der Pharaonenhund.
    »Aber ...!«, rief Tommaso.
    »Kein Blut! Der Herr predigte Vergebung und Liebe.« »Schade nur«, sagte Giacomo, »dass so wenig Menschen ihm zugehört haben.«
    »Und darüber, dass du mich angelogen hast, Tommaso, wird noch zu reden sein. Du solltest niemanden töten! Unser Sindone ist ein Zeichen des Lebens, ein Tod befleckt unsere Mission.«
    Tommaso schüttelte den Kopf, um den Unsinn schnell wieder loszuwerden. »Du bist nur nicht mehr bereit, Blut an deinen Pfoten kleben zu haben – das muss Tommaso für dich erledigen. Dieser Dagobert hat nicht verraten wollen, wo der Sindone-Dieb steckt. Selbst als Tommaso ihm das abgetrennte Ohr ins Maul drückte. Sein Schweigen bedeutete halt den Tod. Strafe muss sein.«
    Daisy wollte diesen Kampf mehr als alles andere, war bereit zu sterben, doch obwohl der Spürer dies wusste, befand er, nun sei

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