Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blut der Sternengötter

Blut der Sternengötter

Titel: Blut der Sternengötter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
Vom Netzwerk:
sich eindringlich, nicht der Lord Dillan, den er kannte. Wäre er nicht vorbereitet gewesen, hätte er sich in diesem Augenblick verraten. Lord Rud lächelte, und dieses Lächeln, heiter und liebenswürdig, war kälter als die frostige Luft, in der ihr Atem eine Wolke bildete.
    »Eine gute Lektion für die anderen, Bruder«, sagte Lord Rud zu seinem Begleiter.
    Aber Lord Dillan beugte sich vor und musterte Kincar aufmerksam. »Er ist kein Handlanger«, sagte er dann, und seine Stimme klang tief im Vergleich zu der Lord Ruds.
    »Er trägt das Zeichen …«
    »Dann ist es kein echtes Zeichen. Du, komm her!« rief Lord Dillan Sood herbei und warf ihm ein kleines Kästchen zu, das er aus seiner Gürteltasche geholt hatte. »Nimm etwas davon auf einen Lappen und versuche, ob du das Zeichen abreiben kannst«
    Sood riß ein loses Ende von Kincars Hemd ab, tauchte es in die Paste aus dem Döschen und rieb brutal an dem Zeichen auf der Stirn des Gefangenen. Das Brandmal, das bisher dem Regen und jeder versehentlichen Berührung standgehalten hatte, widerstand der Paste nicht. Soods Staunen wandelte sich in Triumph, und Lord Dillan – dieser Lord Dillan – nickte befriedigt.
    »Wie ich dir gesagt habe, Bruder, dieser Mann ist nicht einer von unseren Leuten. Wenn jemand es gewagt hat, dieses Zeichen zu fälschen, so wird man bald auch andere Dinge wagen. Und das, was du ihm zur Last legst, ist im Grunde doch ein geringes Vergehen. Und wenn man ihn auch in der Gesellschaft fliehender Sklaven gefunden hat – neigen nicht alle Geächteten dazu, sich zusammenzurotten, bis wir sie fassen? Oder war da etwas Besonderes an gerade diesen Sklaven?«
    Er blickte seinen Bruder scharf an. Lord Ruds Gesicht rötete sich. Er warf den Kopf zurück.
    »Du herrschst in Yarth, Bruder – ich in U-Sippar. Ich habe dich nicht hergebeten; der Besuch war deine eigene Idee. Im Herrschaftsgebiet eines anderen Mannes stellt man keine Fragen bezüglich seiner Art, Gerechtigkeit zu üben. Dies ist ein Geächteter, der in unser Land gekommen ist, um Informationen zu sammeln für jene Aufsässigen, die offenbar nicht aus ihren Berglöchern herauszuschlagen sind. Ich werde auf eine Weise mit ihm verfahren, daß nur noch wenige bereit sein werden, ihm zu folgen. Sood, bereite ihn vor!«
    Das fliegende Ding hüpfte höher in die Luft und verhielt ein wenig seitwärts von ihnen, während die Wachen begannen, Kincar die Kleidung vom Leib zu reißen. Sein Wams wurde einfach aufgeschlitzt. Sein Hemd folgte in Fetzen zerrissen. Aber der Mann, der Hand an sein Hemd gelegt hatte, hielt inne. Seine Augen wurden groß und rund, und er zog sich hastig zurück.
    Sood hatte ebenfalls den Talisman auf Kincars Brust entdeckt. Der Riese stand da, und in seinem Gesicht arbeitete es merkwürdig. Er sah aus, als bekäme er nicht genug Luft, und dunkle Röte kroch seinen dicken Hals hinauf und verfärbte seine wettergegerbten Wangen. Diese Männer trugen alle ein Zeichen, das sie auf immer von dem Tei trennte, aber noch immer hielt sie die Ehrfurcht vor diesem Talisman in Bann – vielleicht sogar mehr noch als zuvor. Wie ein Blitz durchfuhr Kincar die Erkenntnis, daß, gerade weil sie alles, was der Tei darstellte, feierlich geleugnet hatten, dieser jetzt eine um so größere Macht über sie hatte.
    Der Riese war ein harter, zäher Bursche, und er besaß bessere Nerven als der Mann, der Kincar das Hemd vom Leib gezogen hatte, denn der Rückzug jenes Mannes wurde zur panischen Flucht. Er warf die Hemdfetzen von sich, während er blindlings über das Feld davonrannte.
    Der zweite seiner Bewacher war nicht ganz so erschüttert, obgleich auch er hastig seine Hände von dem Gefangenen nahm und ein paar Schritte zurücktrat. Und er schrie auf, als Sood die Hand hob und nach dem Stein griff, um ihn Kincar vom Hals zu reißen.
    Sood war ein mutiger Mann. Er mußte ein Extra-Maß an Selbstsicherheit besitzen, um seine Führerschaft unter den rauhen Gesellen von U-Sippars Festung zu behaupten. Er hatte nicht allein durch seine Größe und körperliche Kraft diesen Rang in Lord Ruds Dienst erworben. Und jetzt zwang er sich, eine Aufgabe zu meistern, die von hundert – nein, tausend Gorthianern nicht einer gewagt hätte, auch nur zu versuchen.
    »Bei Lor, bei Loi, bei Lys«, sagte Kincar, »überlege wohl, was du tust, Sood.«
    Sanfte Wärme beantwortete die Anrufung der drei Namen und sagte ihm, daß der Stein lebendig war. Was der Tei einem Gebrandmarkten antun mochte, konnte er

Weitere Kostenlose Bücher