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Blut der Wölfin

Blut der Wölfin

Titel: Blut der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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plötzlich der Wind drehte und einen mittlerweile vertrauten Gestank zu uns herübertrug.
    »Himmeldonnerwetter«, murmelte Clay.
    »Dann hatte Rose wohl recht«, sagte ich. »Die können uns wirklich finden. Spart uns die Mühe, nach diesem hier suchen zu müssen.« Ich sog den Geruch ein und musste beinahe würgen. »Ich kann unter dem Gestank kaum einen Eigengeruch ausmachen, aber ich glaube, er ist männlich.«
    »Ist er«, sagte Clay.
    Er stieß mein Bein sachte nach links. Unter dem Vorwand, eine Serviette aus der Tüte zu nehmen, sah ich in diese Richtung und entdeckte eine hinter einer Metallskulptur fast gänzlich verborgene Gestalt.
    »Sollen wir versuchen, einen geeigneten Durchgang zu finden?«, murmelte Jeremy hinter seinem Sandwich.
    »Ich weiß etwas Besseres.« Ich wischte mir den nicht wirklich vorhandenen Schweiß von der Stirn und hob die Stimme. »Herrgott, ich muss aus dieser Hitze raus. Können wir anderswo essen? Irgendwo, wo es eine Klimaanlage und Tische gibt?«
    Clay nickte, und wir suchten unser Zeug zusammen. Ich führte die beiden zur nächsten Straßenecke und über die Straße auf einen hoch aufragenden Büroturm zu. Wir gingen hinein. Ich lächelte dem Wachmann zu und zeigte auf eine dreißig Meter entfernte Rolltreppe nach unten. Er nickte und wandte sich wieder seinem Buch zu.
    Clay blieb stehen, als ihm aufging, wohin ich uns führen wollte. »Ist das …?«
    »Das Tor zur Hölle. Sorry.« Ich griff nach seinem Arm und ging weiter; dann sah ich zu Jeremy hinüber. »Das hier ist ein Teil von PATH , dem unterirdischen Fußwegesystem von Toronto. Clay hat letzten Winter mal eine schlechte Erfahrung damit gemacht.«
    »Traumatisch«, murmelte Clay. »Hab mich immer noch nicht ganz davon erholt.«
    »Clay hatte gleich am Vormittag ein Fakultätstreffen anstehen, und ich musste ihm ein neues Hemd kaufen«, erklärte ich Jeremy. »Er hatte wieder eins zerrissen.«
    »
Ich
hatte …?«
    »Also hab ich gesagt, wir würden uns beim Second-Cup-Café in der Nähe von dem Klamottenladen treffen. Bloß dass er nicht durch den Eingang dort reingekommen ist.«
    »Wahrscheinlich weil es da draußen kalt genug war, um sich den Arsch …«
    »Es war kalt«, fuhr ich fort, während wir die Rolltreppe betraten. »Also hat er den nächsten Eingang genommen, den er gefunden hat, ohne zu wissen, dass diese Unterführungen insgesamt über sechs Meilen lang sind. Beim ersten Second Cup, das er gesehen hat, hat er sich gedacht, das müsste es sein, und sich hingesetzt, um zu warten. Als ich nicht aufgetaucht bin, ist er auf den Gedanken gekommen, dass es da unten vielleicht noch ein zweites geben könnte.«
    »Oder zwanzig«, knurrte Clay.
    »Sei froh, dass ich nicht Starbucks gesagt habe. Worauf es rausläuft – wenn man sich nicht auskennt, sieht hier unten alles gleich aus. Die logische Vorgehensweise wäre natürlich, jemanden anzuhalten und nach dem Weg zu fragen.«
    Clay schnaubte.
    »Was als Nächstes passiert ist, war also ganz allein seine Schuld.«
    »Will ich’s wissen?«, fragte Jeremy, als wir die Rolltreppe verließen.
    »Mittagspause. Für Tausende von Büroangestellten. Während draußen Temperaturen weit unter null geherrscht haben.«
    »In einem Moment bin ich einfach rumgelaufen, kaum ein Mensch unterwegs, und im nächsten Moment …« Clay schauderte.
    »Traumatisch, ich weiß«, sagte ich, während ich ihm auf den Rücken klopfte. »Aber« – ich schwenkte den Arm – »jetzt ist ja alles anders.«
    Wir standen am Ende einer Passage, die sich etwa hundert Meter weit vor uns erstreckte, gesäumt von Coffeeshops, Buchhandlungen, Drogerien und allem anderen, das der Büromensch zwischen neun und fünf Uhr unter Umständen brauchen konnte. Aber es war Sommer, und kein Mensch arbeitete länger als unbedingt nötig. Die Läden waren seit Stunden geschlossen. Das Tunnelsystem war nur als Zugeständnis an die Fußgänger noch offen.
    »Nicht schlecht«, sagte Clay, während er sich umsah.
    »Wenn unser Zombiefreund etwas unternehmen will, hat er hier jede Menge Gelegenheiten. Wir müssen nur auf Wachmänner und Überwachungskameras achten. Einen Block weiter ist ein noch ruhigerer Abschnitt. Gehen wir dahin.«
    Wir waren noch keine drei Schaufenster weit gekommen, als wir hinter uns zögernde Schritte hörten. Köder geschluckt.
     
    Wir sorgten dafür, dass wir um reichlich Ecken bogen und lange gerade Abschnitte mieden, damit unser Verfolger dicht hinter uns bleiben konnte, ohne

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