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Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition)

Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition)

Titel: Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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hält man sich sehr bedeckt«, unterbricht Benton. »Zunächst vermutete man wirklich einen Asthmaanfall, doch dann hat sich ihr Zustand drastisch verschlechtert. Die Mitarbeiter im Hospital haben es mit einer Dosis Epinephrin versucht, weil sie von einem anaphylaktischen Schock ausgingen. Es trat aber keine Besserung ein. Sie konnte weder sprechen noch atmen. Man befürchtet, sie könnte vergiftet worden sein.«
    Ich sehe vor mir, wie die Frau mit dem beleuchteten Helm ihr Fahrrad an einen Laternenmast lehnt.
    »Niemand hat eine Erklärung dafür, wie sie im Butler Hospital an ein Gift hätte geraten sollen«, fährt Benton fort.
    Eine Kurierfahrerin hat mir eine Tüte mit Sushi in die Hand gedrückt. Ich habe noch dunkel im Gedächtnis, dass ich ein eigenartiges Gefühl hatte. Aber ich habe nicht darauf geachtet, weil gestern bereits so viel Merkwürdiges geschehen war. Den ganzen Tag lang, angefangen vom Morgen, als Benton mich in Boston zum Flughafen gefahren hat, hat ein seltsames Ereignis das andere gejagt. Und dann fällt mir der Rest der Szene wieder ein. Jaime kam in ihre Wohnung spaziert, nachdem Marino und ich uns fast eine Stunde lang unterhalten hatten. Sie schien nichts von der Sushi-Bestellung zu wissen. Und ich habe nicht nachgehakt.
    Ich lege das Skalpell weg. »Hat heute jemand mit Jaime gesprochen? Ich nämlich nicht, und sie hat auch nicht hier angerufen.«
    Niemand antwortet.
    »Eigentlich wollte sie heute ins Labor kommen. Ich habe ihr eine Nachricht hinterlassen, aber sie hat nicht zurückgerufen.«
    »Benton hat es auf der Fahrt hierher versucht, aber es hat sich niemand gemeldet«, erwidert Lucy, und ihre Miene verrät mir, dass sie den Grund für meine Frage kennt.
    Ich werfe die schmutzigen Sachen in den Müll und ziehe die Handschuhe aus.
    »Verständigen Sie den Rettungsdienst. Vielleicht können Sie auch Sammy Chang erreichen. Er soll sich dort mit uns treffen«, wende ich mich an Colin. »Sie sollen auf jeden Fall einen Krankenwagen schicken.« Ich gebe ihm die Adresse.

25
    Zwei Streifenwagen und Sammy Changs weißer SUV stehen vor dem achtstöckigen Backsteingebäude. Doch die Blaulichter sind nicht eingeschaltet, und nichts weist auf eine Tragödie hin. Ich höre auch nicht, dass sich Sirenen nähern, nur das Dröhnen des Transporters und das dumpfe Geräusch der Scheibenwischer. Wegen der geschlossenen Fenster ist es heiß und stickig im Wagen. Das Gebläse lässt die schwüle Luft nur zirkulieren. Es regnet so stark, dass es wie in einer Autowaschanlage klingt. Donner grollt und kracht, die Altstadt ist in Nebel gehüllt.
    Chang und zwei Beamte von der Savannah-Chatham Metropolitan Police haben unter dem Vordach auf den Stufen Schutz vor dem Wolkenbruch gesucht. Sie stehen vor derselben Tür, die sich gestern Abend für mich öffnete, als die Kurierfahrerin auf dem Rad scheinbar aus dem Nichts auftauchte wie ein Phantom. Lucy, Benton, Marino und ich klettern aus dem Transporter und treten hinaus in Regen und Wind. Dicke Tropfen prasseln auf den dampfenden, mit Backsteinen gepflasterten Gehweg herab. Das Geräusch ist so laut wie das Klatschen applaudierender Hände.
    »Polizei. Ist jemand zu Hause? Polizei!«, ruft einer der Polizisten und drückt dabei auf den Knopf der Gegensprechanlage. »Nein, sie meldet sich nicht.«
    »Hat jemand einen Krankenwagen gerufen?«, frage ich laut. Inzwischen ist das Gewitter fast über unseren Köpfen. Der Regen fällt zischend auf Straße und Gehweg und strömt vom Vordach hinunter.
    »Ob es hier eine Hausverwaltung gibt?«, meint einer der Polizisten. »Die haben sicher einen Schlüssel.«
    »In den meisten dieser alten Häuser ist sie nicht im selben Gebäude«, erwidert Chang.
    »Wir könnten es ja bei den Nachbarn versuchen …«
    Im nächsten Moment drängt sich Marino, den Schlüssel in der Hand, an allen vorbei und stößt die uniformierten Polizisten beinahe zur Seite.
    »Hoppla, immer mit der Ruhe. Wer sind Sie?«
    Ich nehme nur am Rande wahr, dass Chang erklärt, wer wir sind und was wir hier wollen, während Marino die Tür aufschließt. Undeutlich spüre ich meine klatschnassen schwarzen Sachen und die Stiefel. Ich kämme mir das Haar mit den Fingern zurück und höre dabei Wörter wie FBI und Boston und Chief Medical Examiner, arbeitet mit Dr. Dengate zusammen . Wir hasten zum Aufzug. Lucy ist dicht hinter mir. Sie presst die Hand an meinen Rücken, schiebt mich weiter und hält sich gleichzeitig an mir fest. Ich spüre, was die

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