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Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition)

Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition)

Titel: Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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ich zur Leiterin des Cambridge Forensic Center ernannt worden, eines Gemeinschaftsprojekts des Pentagon, des Commonwealth of Massachusetts, des Massachusetts Institute of Technology (MIT) und Harvard.
    Es ist mein Fachgebiet, festzustellen, was einen Menschen umgebracht hat, sei es nun eine Krankheit, ein Gift, ein Kunstfehler, eine Schusswaffe oder ein selbstgebastelter Sprengsatz. In meinem Beruf muss ich mich stets streng an gesetzliche Vorgaben halten. Ich habe keine andere Wahl, als objektiv zu sein und klinisch zu denken. Eine persönliche Meinung oder eine emotionale Reaktion auf einen Fall darf ich mir nicht erlauben, ganz gleich, wie tragisch oder grausam die Umstände auch sein mögen. Wenn ich selbst betroffen bin, wie zum Beispiel bei dem Mordanschlag vor vier Monaten, muss ich so unerschütterlich bleiben wie ein Fels. Man verlangt von mir Entschlossenheit, Gelassenheit und Ruhe.
    »Sie werden mir doch kein Posttraumatisches Stresssyndrom entwickeln, oder?«, fragte mich General John Briggs, der Chef der Armed Forces Medical Examiners, nachdem ich am 10. Februar beinahe in meiner eigenen Garage umgebracht worden wäre. »Solcher Mist passiert eben dann und wann, Kay. Auf der Welt wimmelt es von Durchgeknallten.«
    »Ja, John, solcher Mist passiert eben dann und wann, und es wird nicht das letzte Mal sein«, antwortete ich, als ob alles in bester Ordnung wäre und ich den Zwischenfall bereits weggesteckt hätte, wohlwissend, dass ich in Wirklichkeit nicht so empfand. Nun will ich der Frage auf den Grund gehen, was in Jack Fieldings Leben schiefgelaufen ist. Dawn Kincaid soll den höchstmöglichen Preis für ihre Tat bezahlen: lebenslange Haft ohne Möglichkeit der Begnadigung.
    Ich schaue auf die Uhr, ohne die Hände vom Lenkrad dieses verdammten Transporters zu nehmen, der offenbar an einem schweren Fall von Schüttellähmung leidet. Vielleicht sollte ich umkehren. Der letzte Flug nach Boston geht in knapp zwei Stunden. Ich könnte es also noch schaffen. Doch ich weiß, dass ich nicht in der Maschine sitzen werde. Es mag ein Fehler sein, aber mein Ziel steht fest, als habe sich ein Autopilot meiner bemächtigt, möglicherweise ein waghalsiger oder gar einer, der auf Rache sinnt. Dass ich zornig bin, steht außer Frage. Wie mein Mann Benton Wesley, forensischer Psychologe beim FBI, gestern Abend sagte, als ich in unserem denkmalgeschützten Haus in Cambridge das Essen kochte: »Man will dich reinlegen, Kay. Möglicherweise in eine Falle locken. Aber was mich am meisten besorgt, ist, dass du dir selbst ein Bein stellst. Was du als deinen eigenen Wunsch wahrnimmst, proaktiv und hilfsbereit zu sein, ist in Wahrheit nur dein Bedürfnis, deine Schuldgefühle zu beschwichtigen.«
    »Ich bin nicht schuld an Jacks Tod«, widersprach ich.
    »Du hast, was ihn angeht, schon immer Schuldgefühle gehabt. Du hast sowieso wegen vieler Dinge Schuldgefühle, die eigentlich nicht dein Problem sind.«
    »Ich verstehe.« Ich entfernte den Panzer der gekochten Riesen- Shrimps mit einer Chirurgenschere. »Wenn ich also zu dem Schluss gelange, ich könnte an nützliche Informationen herankommen und der Gerechtigkeit zum Sieg verhelfen, sind das nur meine Schuldgefühle.«
    »Du denkst, du müsstest alles in Ordnung bringen. Das war schon immer so. Bereits damals, als du ein kleines Mädchen warst und deinen kranken Vater gepflegt hast.«
    »Im Moment kann ich eindeutig nichts in Ordnung bringen. « Ich warf die Panzer in den Müll und gab Salz in den Edelstahltopf mit Wasser, der auf dem Ceranherd, dem Mittelpunkt meiner Küche, blubberte. »Jack wurde als Junge sexuell missbraucht, und dagegen konnte ich nichts tun. Ich konnte nicht verhindern, dass er sein eigenes Leben an die Wand gefahren hat. Und nun wurde er ermordet, und dagegen war ich auch machtlos.« Ich griff nach einem Küchenmesser. »Es ist mir gerade mal gelungen, meine eigene Ermordung zu verhindern.« Als ich Zwiebeln und Knoblauch hackte, fuhr die dünne Stahlklinge rasch und mit einem Klicken über das antibakteriell beschichtete Polypropylen.
    »Du solltest einen Riesenbogen um Savannah machen«, mahnte mich Benton erneut, worauf ich erwiderte, ich müsse hinfliegen, und ihn bat, die Weinflasche zu öffnen und uns beiden zwei Gläser einzuschenken. Wir tranken und stritten weiter. Geistesabwesend stocherten wir im Ergebnis meines mangia bene, vivi felice cucina – Iss gut und lebe das glückliche Kochen. Doch wir waren nicht glücklich. Und das alles nur

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