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Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition)

Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition)

Titel: Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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verpacke sie für den Abtransport in die Kriminaltechnik. Anschließend reiße ich ein großes Stück von der weißen Papierrolle aus dem Spender auf der Arbeitsplatte ab und bedecke damit den Tisch neben dem, den wir benutzen.
    Die Leiche ist zwar erheblich abgekühlt, doch noch immer schlaff und leicht zu bewegen, als wir sie ausziehen und jedes Kleidungsstück auf den abgedeckten Nachbartisch legen. Das durchgeknöpfte weiße Uniformhemd, auf dessen Rückseite in großen dunkelblauen Buchstaben das Wort HÄFTLING aufgedruckt ist. Eine weiße Hose mit Knöpfen statt Reißverschluss und den blauen Initialen GPFW auf den Seiten der Beine. Ein BH. Ein Höschen. Ich nehme mir eine Lupe vom Wagen und schalte die OP-Lampe ein. Unter dem Vergrößerungsglas entdecke ich einen blassen, orangefarbenen Schmierer, so als hätte Kathleen sich die Hand am rechten Hosenbein abgewischt. Ich hole eine Kamera aus dem Regal, lege ein Lineal neben den Fleck und rücke ihn unter die Lichtquelle.
    »Ich weiß nicht, wo man hier Lebensmittel testen lassen kann«, sage ich zu Colin. »Es sieht aus wie Käse, aber wir sollten das überprüfen. Ich werde keinen Abstrich nehmen. Das muss die Kriminaltechnik erledigen. Sie hatte auch etwas Orangefarbenes unter dem Fingernagel. Könnte dasselbe Zeug sein. Vielleicht hat sie kurz vor ihrem Tod irgendetwas gegessen oder angefasst.
    »Das GBI beauftragt ein privates Labor in Atlanta, das Lebensmittel, Kosmetika und andere Konsumartikel analysiert«, erwidert er. »Ob die Häftlinge im Gefängnisladen Käsestangen oder Schmelzkäse kaufen können?«
    »Dieses Gelborange deutet klar auf Cheddar oder einen Streichkäse mit Cheddargeschmack hin. Ich habe in der Zelle zwar weder Käse noch Käsestangen bemerkt, doch das heißt nicht, dass nicht vorher welche da gewesen sein könnten. Natürlich wären wir schlauer, wenn ihr Müllbeutel nicht verschwunden wäre. Wurden im Fall Plames eigentlich Petechien in den Augen oder im Gesicht festgestellt?«, komme ich noch einmal auf Shania Plames’ Tod zu sprechen, während ich zu dem Tisch mit Kathleen Lawlers Leiche zurückkehre.
    »Nichts. Aber das muss bei einem Selbstmord durch Erhängen mit vollständig eingedrückten Gefäßen nichts heißen.«
    »Bei der Eigenkonstruktion, die Sie geschildert haben, also der um Hals und Beine gewickelten Hose, würde ich nicht von vollständig eingedrückten Gefäßen ausgehen. Schließlich hat sie sich nicht erhängt oder mit einem Seil erdrosselt.«
    »Es war schon sehr merkwürdig«, stimmt er mir ernst zu.
    »Inszeniert vielleicht?«
    »Auf diesen Gedanken bin ich damals nicht gekommen.«
    »Warum auch? Ich hätte vermutlich auch keinen Verdacht geschöpft.«
    »Das soll nicht heißen, dass ich Manipulationen ausschließe«, fährt er fort. »Allerdings hätte ich in diesem Fall Kampfspuren erwartet. Anzeichen dafür, dass sie überwältigt worden ist. Aber sie hatte nicht einen Kratzer.«
    »Ich frage mich, ob sie womöglich bereits tot war, als man sie gefesselt und in der Haltung, in der sie aufgefunden wurde, aufs Bett gelegt hat.«
    »Inzwischen halte ich vieles für möglich«, entgegnet er bedrückt.
    Ich messe die Tätowierung rechts am Unterleib ab. Die Glöckchenfee aus Peter Pan hat eine Flügelspannweite von zwanzig Zentimetern. Da das Bild stark in die Breite gezogen ist, hat Kathleen es sich offenbar in schlankeren Zeiten stechen lassen.
    »Und wenn sie wirklich tot war, als man sie auf dem Bett drapiert hat«, füge ich hinzu, weil mir Shania Plames nicht aus dem Kopf will, »bleibt die Frage nach der Todesursache.«
    »Einer Todesursache, bei der nichts auf ein Verbrechen oder andere ungewöhnliche Umstände hinweist.« Colin schiebt die Maske, die um seinen Hals hängt, über Mund und Nase. »Und die weder bei einer Autopsie noch bei einer toxikologischen Untersuchung festgestellt wird.«
    »Es gibt zahlreiche Gifte, auf die ein Standard-Drogentest nicht reagiert«, erwidere ich, während wir die Leiche auf die Seite drehen, um den Rücken zu betrachten. »Etwas, das ziemlich schnell wirkt und zu Symptomen führt, die niemand wirklich ernst nimmt, weil entweder die Zeugen unzuverlässig sind oder das Opfer sich nicht richtig bemerkbar machen konnte. Vielleicht trifft ja auch beides zu.« Ich vermesse eine andere Tätowierung, die ein Einhorn darstellt. »Und das Wichtigste: Es muss etwas sein, das man ganz sicher nicht überlebt. Das Opfer kann nichts mehr verraten. Schließlich wurde nie ein

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