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Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition)

Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition)

Titel: Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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wider.
    »Was bringt Sie darauf, dass hier ein Verbrechen stattgefunden hat?« Der rothaarige Polizist schaut sich um, rührt sich aber nicht vom Fleck. Nach meiner Warnung hat er offenbar keine große Lust mehr, sich der Leiche zu nähern oder sich in diesem Zimmer aufzuhalten. »Abgesehen von ihrer ausgekippten Handtasche. Aber wenn sie jemanden reingelassen hat, der sie beraubt hat, muss sie denjenigen ja gekannt haben. Wie wäre er sonst unten zur Tür hereingekommen?«
    »Wir können nicht sagen, ob jemand hier war.«
    »Also könnte das Gift noch in der Wohnung sein.«
    »Ja.«
    »Vielleicht war es ja eine Überdosis, und sie hat ihre Tasche nach den Tabletten durchwühlt.« Der Polizist verharrt wie angewurzelt auf der Schwelle. »Vielleicht sollte ich mal im Bad nachschauen.« Er wirft einen Blick auf die halboffene Tür links vom Bett, bewegt sich aber nicht.
    »Das lassen Sie besser. Ich möchte, dass Sie mir hier Gesellschaft leisten.« Ich tippe Bentons Telefonnummer ein.
    »Ich hatte letztes Jahr einen Todesfall. Eine Frau hatte zu viel Oxycodon eingeworfen. Sah ganz ähnlich aus. Alles war unverändert, nur dass sie überall nach Drogen gekramt hatte. In den Schubladen, in ihrer Handtasche. Sie lag tot quer über dem Bett auf der Überdecke. Ein wirklich hübsches Mädchen, das Tänzerin werden wollte. Doch dann ist sie oxycodonabhängig geworden.«
    Ich drücke auf Anrufen , während ich das Badezimmer betrachte. Doch ich gehe nicht hinein. Durch den Türspalt dringt Licht. Auch die Nachttischlampen im Schlafzimmer brennen. Jaime war gestern nicht im Bett, und wenn doch, ist sie irgendwann wieder aufgestanden.
    »Es hieß, es sei ein Unfall, aber ich habe es für Selbstmord gehalten. Ihr Freund hatte sich gerade von ihr getrennt, und sie hatte jede Menge Probleme«, redet der Polizist weiter. Er könnte genauso gut Selbstgespräche führen.
    »Lucy darf die Wohnung nicht betreten«, sage ich zu Benton, sobald er abnimmt. Er weiß sofort, was ich meine, und schweigt. »Ich habe keinen guten Rat für dich«, füge ich hinzu, weil ich keine Ahnung habe, wie er es Lucy beibringen soll.
    Sicher kennt sie jetzt die Wahrheit, wenn sie es nicht schon geahnt hat. Es ist eine Frage, auf die es nur zwei Antworten gibt: Jaime liegt tot in dieser Wohnung oder eben nicht, und Lucy ist im Bilde. Es dämmert ihr in dieser Minute, während Benton zuhört, wie ich ihm am Telefon meine Beobachtungen schildere. Ich stelle mir vor, wie er ins Leere starrt und mir lauscht. Lucy geht vom Schlimmsten aus, und ich bin hilflos. Ich kann im Moment nicht zu ihr und mich um sie kümmern, weil ich mich mit den Vorfällen in dieser Wohnung befassen muss. Ich muss mich mit Jaime beschäftigen. Und herausfinden, was möglicherweise als Nächstes geschieht.
    Ich mustere ihre Leiche auf dem Bett. Der offene Bademantel ist ihr über die Hüften gerutscht. Darunter ist sie nackt. So unerträglich ich es auch finde, dass der rothaarige Polizist auf der Schwelle oder sonst jemand sie so sieht, darf ich sie nicht berühren. Auch sonst nichts im Raum. Also stelle ich mich neben das Fenster und bewege mich nicht vom Fleck.
    »Bitte bleib bei Lucy. Ich komme, so schnell ich kann«, sage ich am Telefon zu Benton. »Wenn du es schaffst, sie ins Hotel zu bringen, treffe ich euch dort. Das ist wahrscheinlich der beste Plan. Sie soll sich nicht hier herumtreiben, und du kannst auch nichts tun.« Es interessiert mich nicht, dass er beim FBI ist, und auch nicht, wie viel Einfluss er hat. »Nicht hier und jetzt. Bitte pass auf sie auf.«
    »Natürlich.«
    »Wir sehen uns im Hotel.«
    »Gut.«
    Ich füge hinzu, dass er die Zimmer wechseln soll. Wenn möglich, brauche ich eine Suite mit einer Kochnische. Außerdem Zimmer mit Verbindungstür, denn ich bin sicher, dass wir Vorsichtsmaßnahmen ergreifen müssen. Und das Wichtigste ist, dass wir dann zusammen sind.
    »Ich erledige das«, verspricht Benton.
    »Für uns alle«, wiederhole ich. »Und könntest du vielleicht einen Mietwagen oder einen Dienstwagen besorgen? Wir brauchen ein Auto und können nicht ständig in Marinos Transporter herumfahren. Keine Ahnung, wie lange das hier dauern wird.«
    »Er könnte Probleme kriegen.« Bentons Tonfall ist ruhig und verrät nichts.
    Ohne es direkt auszusprechen, teilt er mir mit, dass Marino Schwierigkeiten mit der Polizei bekommen könnte, falls Jaime tatsächlich ermordet worden ist. Man könnte ihn wie einen Verdächtigen behandeln. Immerhin hatte er die

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