Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition)

Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition)

Titel: Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
Vom Netzwerk:
gescheiterter Versuch gemeldet.«
    »Zumindest nicht unseres Wissens nach«, entgegnet er. »Allerdings würden wir es nicht erfahren, wenn jemand im Gefängnis schwer erkrankt und nicht daran stirbt. Dass jemand dem Tod knapp von der Schippe gesprungen ist, wird uns nicht gemeldet.«
    Er drückt mit den Fingern auf einen Arm und einen Unterschenkel und notiert sich, dass eine leicht weißlich verfärbte Stelle zurückbleibt. Dann öffnet er die Augenlider und vermisst die Pupillen mit einem Plastiklineal.
    »Gleichmäßig geweitet, sechs Millimeter«, verkündet er. »Bei Opiaten können die Pupillen nach dem Tod theoretisch auch verengt sein, obwohl ich das selbst noch nie gesehen habe. Andere Drogen führen zu einer Weitung. Doch die Pupillen von Toten sind ohnehin geweitet.« Mit dem Skalpell nimmt er rasch einen Einschnitt von Schlüsselbein zu Schlüsselbein und dann den Körper hinunter vor. »Wir sichern Proben von allem, was wir kriegen können. Wir untersuchen sie auf sexuellen Missbrauch. Wir testen sie auf alles, was uns verdammt noch mal einfällt.« Er fängt an, Gewebe zurückzuschlagen, und führt das Skalpell mit Zeigefinger und Daumen der rechten Hand, während er in der linken die Zange hält.
    »Welcher Schrank?«, erkundige ich mich, worauf er mit einem blutigen behandschuhten Zeigefinger darauf deutet.
    Ich hole das Testset zum Sichern von biologischen Spuren, untersuche die Leiche auf Anzeichen von sexuellem Missbrauch, nehme Abstriche von jeder Körperöffnung, fotografiere und beschrifte die Asservatentüten.
    »Wenn ich schon dabei bin, nehme ich Proben aus Nase und Mund für die Toxikologie«, teile ich Colin mit. »Und von den Haaren.«
    Als er den Brustkorb heraushebt und ihn in einen Plastikeimer zu seinen Füßen legt, kommt George, der Assistent, mit Filmen herein, die er an den Leuchtkästen befestigt. Ich gehe hin, um sie mir anzuschauen.
    »Ein alter Schienbeinbruch, rechts. Nichts aus jüngerer Zeit. Die typischen arthritischen Veränderungen.« Ich mustere die leuchtend weißen Knochen und die schattenhaften Umrisse von Organen im nächsten Leuchtkasten. »Ihr Magen ist ziemlich voll. Das hätte ich nicht erwartet. Schließlich hat sie morgens um Viertel vor sechs gefrühstückt und ist etwa sechs Stunden später, gegen Mittag, gestorben. Verzögerte Entleerung des Magens.« Ich kehre zum Autopsietisch zurück und greife zum Skalpell. »Etwas hat die Verdauung mehr oder weniger zum Erliegen gebracht. Auch Barrie Lou Rivers’ letzte Mahlzeit war unverdaut. Was ist mit den anderen beiden?« Ich meine Shania Plames und Rea Abernathy.
    »Ich erinnere mich noch undeutlich. Ja. Unverdaute Nahrung. Bei Barrie Lou Rivers war es eindeutig so. Ich habe es auf den Stress geschoben«, antwortet Colin. »Das habe ich bei Hinrichtungen schon öfter gesehen. Der Häftling isst seine Henkersmahlzeit, verdaut sie aber aus lauter Angst nicht mehr. Es wundert mich sowieso, wie die noch etwas essen können. Wenn ich gleich hingerichtet werden sollte, würde ich keinen Bissen mehr runterkriegen. Höchstens eine Flasche Bourbon und eine gute kubanische Zigarre.«
    Ich schneide einen Schlitz in den Magen und kippe den Inhalt in einen Karton. »Nun, sie hat eindeutig nicht das gegessen, was ihr angeblich morgens in die Zelle gebracht wurde.«
    »Keine Eier mit Grieß?« Colin betrachtet den Inhalt des Kartons, während er mit beiden Händen die Leber aus der Edelstahlschale der elektronischen Waage hebt. Dann nimmt er ein Autopsiemesser mit langem Griff und breiter Klinge.
    »Zweihundertachtzig Milliliter. Stückchen, die nach Huhn aussehen, Nudeln und etwas Orangefarbenes.«
    »Orange wie das Obst? Auf dem Frühstückstablett soll eine Orange gewesen sein.« Er schneidet Scheiben von der Leber ab.
    »Nein, nicht so ein Orange. Ich kann keinen Hinweis auf Obst entdecken«, erwidere ich. »Orangefarben eben. Wie Käse. Und dieselbe Farbe wie die Rückstände, die ich unter ihren Fingernägeln und auf der Hose gefunden habe. Woher mag sie heute Morgen Hühnchen, Nudeln und Käse gehabt haben?«
    »Eine ganz leichte Verfettung der Leber, angesichts der Umstände nicht schlecht. Allerdings ist die Leber bei drei von vier Alkoholikern in Ordnung«, sagt er und beginnt mit der Lunge. »Also haben die im Gefängnis uns, was ihr heutiges Frühstück anging, belogen. Hühnchen und Nudeln? Keine Ahnung.« Er holt einen Lungenflügel aus der Schale und wischt sich die blutigen Hände an einem Handtuch ab. »Wenn

Weitere Kostenlose Bücher