Blut für Blut: Thriller (German Edition)
ihn, er ertrug es nicht, ihn so zu sehen. Er streckte die Hand nach dem Hund aus, fuhr mit den Fingern durch das struppige honigfarbene Fell und dachte, dass er dem ein Ende setzen musste, wenn es nicht bald aufhörte.
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Es waren die Schmerzen, die Linnea weckten. Sie jagten in regelmäßigen Wellen durch ihren Körper, und sie spürte etwas Nasses zwischen ihren Beinen hinunterlaufen. War das Blut? Sie keuchte, der Hals tat weh, und sie hatte das Gefühl, als hätte man ihr die Kehle zusammengedrückt. Sie blinzelte, bekam die Augen kaum auf, die Lider fühlten sich geschwollen und klebrig an, als wären sie zugeleimt. Vielleicht war es auch am besten, nichts von dem Albtraum zu sehen, in dem sie sich befand. Sie erinnerte sich an die schwarzen Augen im Spiegel, den schweren Schlag auf den Kopf, die Hand, die sich um ihren Mund schloss, und an die Stärke seiner Arme, als er sie schnell zum Bett hinübergeschleppt hatte. Dem Bett ihrer Großmutter. Sie spürte die Chenilledecke unter der nackten Haut und bewegte vorsichtig die Hände. Das ging, die Beine konnte sie auch bewegen, sie war nicht gefesselt, und ein plötzliches Gefühl von Dankbarkeit durchströmte sie. Es gab eine Möglichkeit zur Flucht. Sie lauschte, doch alles war still bis auf den Vogelgesang von der Birke vor dem Schlafzimmerfenster. Sie öffnete langsam die Augen, sie konnte kaum etwas erkennen, die Möbel im Schlafzimmer waren unscharf und schwankten. Sie setzte sich halb auf, ihr Körper zitterte heftig, und jetzt sah sie, dass die Bettdecke dunkelrot vor Blut war.
Sie lauschte erneut, hielt den Atem an. Stille. Sie glitt aus dem Bett, sie sah jetzt klarer und betrachtete ihre schlanken, blassen Schenkel, auf denen Streifen fast getrockneten Bluts waren. Sie wollte gerade zur Tür kriechen, als sie die schweren Schritte auf der Treppe vernahm. Sie erstarrte, das Herz schlug wild in ihrer Brust, und sie hörte ihren eigenen unregelmäßigen Atem. Sie kniff die Augen fest zusammen.
Dann flog die Tür des Schlafzimmers auf, und sie hörte seine Stimme über sich: »Wo zum Teufel willst du hin, du kleines Luder?«
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Sie verfuhren sich mehrmals, bis sie den Bauernhof erreichten. Sie parkten ein wenig abseits des dichten Gestrüpps, und Niclas forderte über Funk Verstärkung an. Dann stiegen sie aus dem Auto, entsicherten ihre Pistolen und schlichen sich an dem Gebüsch entlang zum Haus. Sie entdeckten Kissis Auto, das auf dem Rasen geparkt war, und Rebekkas Herz schlug höher. Sie waren auf der richtigen Spur. Thomas war in Tjörnap.
Sie blieben einen Augenblick still stehen und verschafften sich einen Überblick, bevor sie sich wortlos aufteilten. Rebekka würde das Haupthaus übernehmen, Niclas sich um die übrigen Gebäude und die Umgebung kümmern. Der Bauernhof war typisch schwedisch, aus rotem Holz mit weißen Schnitzereien, und lag wunderschön auf einem Hügel, umgeben von hohen, schlanken Birken und Tannen. Vom Haus führte ein Hang zu einem größeren See hinunter. Rebekka versuchte die Tür zu öffnen, sie war nicht verschlossen, und innerhalb von Sekunden war sie im Haus, öffnete eine Tür nach der anderen und durchsuchte mit erhobener Pistole Raum für Raum, doch das Haus war leer. Im Schlafzimmer lag eine Tasche mit Kleidung mitten auf dem Bett. Ein T-Shirt mit Farbflecken war auf den Boden gefallen und leuchtete ihr rot entgegen. Unten auf dem Küchentisch lag ein Pass. Thomas Schack Lefevre.
Sie trafen sich kurz darauf draußen auf dem Rasen vor dem Haus. Niclas keuchte vor Anstrengung, er war bis zum See hinuntergelaufen und hatte ergebnislos im Schilf gesucht.
»Er kann nicht weit sein.«
Niclas sah sich mit einem Blick um, als würde er wünschen, er könnte den Wald und das Gebüsch um sie herum durchdringen. Rebekka nickte und wollte gerade etwas sagen, als Niclas plötzlich mit erhobener Pistole zu Kissis Auto lief. Sekunden später durchriss ein Schuss die Luft, kurz darauf gefolgt von drei weiteren. Niclas hatte in alle Reifen geschossen.
»Verdammt, Niclas, er kann uns doch hören, du Idiot.«
Rebekka sah ihn wütend an, es brachte sie nicht weiter, dass er das Ganze ruinierte, nur weil er sich nicht beherrschen konnte.
Niclas zuckte mit den Schultern. »Gut so, soll er nur kommen. Wir können warten.«
Rebekka zog an seinem Arm, doch er sah sie trotzig an.
»Ich würde am liebsten hier stehen bleiben und warten, bis er kommt, und dann …« Niclas ballte wütend eine Hand zur Faust, und Rebekka mochte
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