Blut für Blut: Thriller (German Edition)
Liter Milch aufzumachen, von dem sie anschließend etwas in ihre Tasse goss. Thomas folgte stumm ihren Bewegungen. Sie trank einen Schluck Kaffee und räusperte sich leicht.
»Thomas, Ihre Situation ist schwierig. Sie leben seit vielen Jahren mit dieser dunklen Seite Ihrer Persönlichkeit, und ich kann mir vorstellen, dass Sie im Moment wegen Ihrer Festnahme große Angst verspüren, aber auch eine Art Erleichterung, dass es vorbei ist. Habe ich recht?«
Sie sah Thomas forschend an, der das Etikett einer Mineralwasserflasche abpulte und in Stücke riss, aus denen er anschließend kleine Papierkugeln formte.
»Sie können natürlich beschließen, weiterhin zu schweigen, Sie können sich aber auch dafür entscheiden, mit uns zusammenzuarbeiten, und glauben Sie mir, denn ich habe das viele, viele Male erlebt, Sie werden sich sehr viel besser fühlen, wenn Sie reden. In knapp einer Woche werden uns die letzten Beweise dafür vorliegen, dass Sie sämtliche Vergewaltigungen, den Vergewaltigungsversuch und die Vergewaltigung sowie den Mord an Charlotte B. Hansen begangen haben.«
Thomas ließ ein paar der Papierkugeln über den abgenutzten Besprechungstisch rollen.
»Ich bin kein Mörder. Es törnt mich nicht an zu morden.«
Eine Papierkugel rollte über die Kante und verschwand.
»Ich musste sie damals umbringen, sonst hätte sie mich verraten. Wir kannten uns doch.«
Rebekka nickte ruhig, während Thomas Mut sammelte, um mehr zu erzählen. Es vergingen einige Minuten, in denen bis auf das leise Summen des Aufnahmegeräts nichts zu hören war. Anschließend richtete Thomas sich auf, bat um eine Tasse Kaffee und begann zögernd zu erzählen.
»Charlotte ging auf den mathematischen Zweig des Gymnasiums, ich auf den sprachlichen, aber wir hatten Sozialkunde zusammen, und ich war in sie verliebt – von Ferne, weil ich mich nicht getraut habe, sie anzusprechen. Ich war damals schüchtern, ein wenig gehemmt sozusagen, und ich war auch so jung, jünger als die anderen. Ich war knapp achtzehn, als ich Abitur gemacht habe.«
Rebekka stellte sich Thomas als verzagten jungen Mann vor, doch das Bild war undeutlich und nur schwer mit dem sprachgewandten, charismatischen Mann zu verbinden, der ihr gegenübersaß.
»Ich habe meine Kamera oft mit in die Schule genommen. Ich habe es geliebt zu fotografieren, eine Kamera in der Hand zu halten, das hat mir eine Art Wert gegeben, eine Daseinsberechtigung. Ich hatte damals keinen Erfolg bei den Mädchen, nur die Hässlichen mochten mit mir zusammen sein, aber ich träumte von Frauen wie Charlotte.Na gut, wir waren auf derselben Abiparty. Alle waren froh, wir hatten eine Woche am Stück gefeiert. An diesem Abend habe ich Charlotte aus der Ferne beobachtet, mit fortschreitendem Abend wurde sie immer beschwipster, und sie hat mit allen möglichen Typen getanzt. Ich wollte auch mit ihr tanzen, und ich habe sie mehrmals gefragt, ob sie mit mir tanzt, aber sie hat mich verspottet, mich vor unseren Klassenkameraden lächerlich gemacht. Ich fühlte mich gedemütigt, völlig bloßgestellt. Irgendwann bin ich rausgegangen, und während ich dagestanden und eine Zigarette geraucht habe, ist sie im Dunkeln an mir vorbeigekommen. Sie wankte ziemlich, sie war eindeutig betrunken. Ich bin ihr gefolgt, sie hat mich aber nicht bemerkt. Dann sind wir zur Rückseite des Parks Søndermarken gekommen, wo es ziemlich einsam war, und ich habe sie eingeholt und gefragt, ob wir zusammen gehen sollten. Ich war sicher, dass sie für meinen Vorschlag dankbar sein würde, doch stattdessen hat sie mich nur angefunkelt und gesagt, dass ich verschwinden solle. Ich bin wütend geworden und habe sie festgehalten, ich wollte mir das nicht mehr bieten lassen, aber sie hat nicht zugehört, hat geschrien, dass ich ein lächerlicher kleiner Scheißer sei, und plötzlich hat sie mir eine Ohrfeige verpasst – mitten ins Gesicht.«
Thomas schwieg einige Sekunden, während er sich über den Mund strich. Dann trank er einen Schluck Kaffee und fuhr fort: »An das, was danach passiert ist, erinnere ich mich nur verschwommen. Ich erinnere mich, dass ich sie zu Boden gerissen habe, und ich weiß, dass ich ihren Kopf mehrmals auf den Asphalt geschlagen habe, damit sie aufhörte zu rufen und zu schreien. Sie hat einen Riesenlärm gemacht. Noch heute erinnere ich mich deutlich an das Geräusch, als ihr Kopf auf den Asphalt schlug, ich war überrascht, ich hatte gedacht, dass es anders klingen würde, nicht so spröde. Ich erinnere
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