Blut für Blut: Thriller (German Edition)
nicht, doch er spürte den Drang, über die Stränge zu schlagen, etwas Spontanes zu tun, zu feiern, dass er trotz allem unschuldig war. Erneut lauschte er den Freudenschreien aus dem alten Vergnügungspark und beschloss, sich einen Besuch zu gönnen.
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Reza hatte ihnen aromatisierten Tee mit warmer Milch gemacht, den Rebekka dankbar entgegennahm, dankbar, dass ihr Partner sich ebenso für kulinarische Freuden begeistern konnte wie sie. Reza war ein richtiges Leckermaul, und sie verbrachten diverse Pausen damit, sich in der Schilderung von Leckerem zu überbieten, das sie einmal probiert hatten oder gerne einmal probieren würden. Reza hatte die ersten Jahre seines Lebens in seiner Heimat, dem Iran, verbracht, bevor die Familie nach Dänemark geflüchtet war, und obwohl er den größten Teil seines Lebens in Kopenhagen gewohnt hatte, schätzte er das persische Essen über alles und schwärmte Rebekka regelmäßig von der einen oder anderen Delikatesse vor, die sie unbedingt einmal versuchen musste. Rebekka wusste nicht viel über Rezas Privatleben, lediglich, dass er ein paar Jahre jünger war als sie und erst vor Kurzem von zu Hause in eine Wohnung im Nordwesten gezogen war. Er erwähnte nie eine Freundin, doch sie hatte so viel verstanden, dass er seine große Familie sehr liebte und dass sie oft zusammen kochten und anschließend stundenlang gemeinsam aßen. Irgendwann musst du uns mal besuchen, sagte er ab und zu. Du musst riechen und schmecken und einfach nur genießen. Zu, gerne. Du sagst einfach, wann es passt, hatte sie wiederholt geantwortet, doch eine richtige Einladung war bisher nicht daraus geworden. Schweigend tranken sie ihren Tee, die erste Pause des Tages, seit Rebekka am Morgen den Anruf von Brodersen erhalten hatte.
Reza brach das Schweigen als Erster: »Ihm sind fast die Augen aus dem Kopf gefallen, als du das Handy erwähnt hast. Ist dir das aufgefallen?«
Rebekka trank einen Schluck Chai und nickte.
»Ja, er schien irgendwie ein schlechtes Gewissen zu haben. Vielleicht hat er es gefunden, versteckt und dann weggeworfen oder so. Ich glaube aber nicht, dass er etwas mit dem Mord zu tun hat. Die Art, wie sie umgebracht wurde, lässt darauf schließen, dass dem Mord ein persönliches Motiv zugrunde liegt – wir müssen nur herausfinden, welches.«
Sie lächelte ihn schief an. Er erwiderte das Lächeln und entblößte eine Reihe schneeweißer Zähne. In dem Moment betrat der Chef der Mordkommission das Büro. Er fuhr sich mit der Hand durch das kurze dunkelgraue Haar. Er war gealtert, dachte Rebekka, aber er hatte auch nicht mehr viele Jahre bis zu seiner Pensionierung. Die Kollegen erörterten bereits, wer ein würdiger Nachfolger wäre, und alle waren sich einig, dass es auf keinen Fall der stellvertretende Leiter der Mordkommission, Gundersen, werden sollte, den die meisten für unsympathisch und inkompetent hielten. Rebekka kannte ihn nicht so gut, er war über eine längere Zeit krankgeschrieben gewesen und im Moment in den Sommerferien. Ihr Magen knurrte. Sie merkte plötzlich, wie hungrig sie war. Sie hatten bis auf den Tee und ein paar Tassen starken Kaffee den ganzen Tag nichts zu sich genommen. Brodersen warf einen Fetzen Papier auf Rebekkas Tisch.
»Jerome Lefevre, Kissis Exmann, möchte gerne jetzt mit uns reden. Verdammt, wie spät ist es?« Er warf einen Blick auf seine Uhr und fügte hinzu: »Es ist 16 Uhr 24.«
Rebekka zuckte zusammen. Sie war so beschäftigt gewesen, dass sie völlig vergessen hatte, Michael anzurufen und ihm zu sagen, dass sie keine Ahnung hatte, wann sie nach Hause kommen würde.
»Die Adresse liegt da, anschließend müsst ihr nach Lundely . Ich erwarte die Berichte über die heutigen Vernehmungen spätestens morgen früh auf meinem Tisch. Ich habe vor einer Stunde eine kurze Pressekonferenz abgehalten, die wie erwartet verlaufen ist. Die Journalisten sind wie immer heiß auf Informationen. Ich habe sie mit ein paar Fakten gefüttert, und sie waren glücklich – wenigstens für den Augenblick. Wir geben die Identität des Opfers natürlich nicht preis, bevor nicht alle Angehörigen unterrichtet sind.« Er verschwand mit einem klingelnden Handy in der Hand aus dem Zimmer. Rebekka holte ihr Handy aus der Tasche und wählte schnell Michaels Nummer. Er meldete sich sofort.
»Es tut mir leid, Schatz – ich komme erst mal nicht nach Hause.« Rebekka ging auf den langen, breiten Korridor mit den blutroten Wänden und den Holzvertäfelungen hinaus, an dem
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