Blut für Blut: Thriller (German Edition)
Sie und Ihre Familie ausgesetzt sind. Wenn Sie Krisenhilfe brauchen, können wir das arrangieren.«
Marie-Louise machte eine abwehrende Handbewegung. »Danke, nein. Wir kommen zurecht. Wir haben schließlich uns. Was kann ich Ihnen anbieten? Kaffee?«
»Nur wenn Sie selbst welchen möchten«, antwortete Reza.
»Das möchte ich. Setzen Sie sich ins Wohnzimmer.«
Marie-Louise verschwand in der Küche, und Rebekka und Reza traten ins Wohnzimmer, dessen Fenster auf einen kleineren üppigen Garten hinausgingen. Das Wohnzimmer war hell, mit weißen Wänden und weiß gestrichenen Holzböden, und Rebekka setzte sich auf das beigefarbene Sofa. Man saß gut darauf, es hatte Qualität, daran bestand kein Zweifel. Sie ließ den Blick durch den Raum schweifen, der minimalistisch eingerichtet war mit wenigen, einfachen Möbeln. Auf dem Sofatisch lagen einige Frauenzeitschriften zu einem Fächer ausgebreitet und ließen einen an ein Wartezimmer bei einem Arzt denken. In dem Bücherregal standen die Bücher ordentlich nebeneinander, nach Farben geordnet. Eine einzelne weiße Orchidee stand auf der Fensterbank und unterstrich den strengen Eindruck.
»Bitte sehr.« Marie-Louise stellte ein Tablett mit drei hohen Gläsern mit Kaffee und cremigem Milchschaum vor ihnen auf den Sofatisch. »Ich habe gerade eine Espressomaschine von meinem Vater bekommen. Die ist Gold wert. Man mag überhaupt keinen gewöhnlichen Kaffee mehr trinken, wenn man den hier erst mal probiert hat.«
Sie lächelte Rebekka vorsichtig an, die einen Schluck von dem Kaffee trank. Ihr Magen knurrte laut vor Hunger. Sie leckte sich etwas Milchschaum von den Lippen. Der Kaffee schmeckte wunderbar. Marie-Louise setzte sich in den Sessel ihnen gegenüber.
»Wir sind hier, um etwas mehr über Ihre Mutter zu erfahren. Es ist unglaublich wichtig, dass Sie uns alles erzählen, was Ihnen über sie einfällt. Positives und Negatives. Selbst Kleinigkeiten, die Ihnen bedeutungslos erscheinen mögen, können sich als außerordentlich wichtig erweisen.«
Marie-Louise sah sie ernst an.
»Ich verstehe einfach nicht, dass das passiert ist. Ganz und gar nicht. Wer sollte ein Interesse daran haben, meine Mutter umzubringen? Warum? Mutter war wunderbar. Ich kann mir nicht vorstellen, wer auf die Idee kommen könnte, ihr etwas Böses anzutun. Das kann ich einfach nicht. Ich habe die ganze Nacht über wach gelegen und wie eine Wahnsinnige überlegt, ohne dass mir auch nur einer eingefallen ist. Alle haben sie geliebt. G-E-L-I-E-B-T. Sie können sie fragen – Familie, Freunde, Kollegen, die Leute aus dem Hundeklub, die Klienten.« Marie-Louises Stimme zitterte bei der Aufzählung, und Rebekka räusperte sich, ihr war unbehaglich zumute.
»Ich bezweifle nicht, dass Ihre Mutter eine phantastische Frau war, aber irgendjemand hatte etwas gegen sie, hat sie vielleicht als Bedrohung empfunden, möglicherweise ein wütender Ehemann oder ein Familienmitglied von einer der Frauen, die Ihre Mutter versteckt hat.«
»Das ist natürlich eine Möglichkeit, aber es fällt mir trotzdem schwer, mir das vorzustellen. Kann es nicht einfach ein Zufall gewesen sein?«, sagte Marie-Louise und sah erst Rebekka und dann Reza eindringlich an. »Kann meine Mutter nicht einfach zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen sein? Von so etwas liest man doch häufig in der Zeitung. Von sinnloser Gewalt. So muss das gewesen sein.«
Rebekka schüttelte langsam den Kopf. Die Statistik sprach eine deutliche Sprache. Die meisten Mordopfer kannten ihren Täter. So verhielt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch bei Kissi.
»Das ist natürlich eine Möglichkeit, aber das ist nicht die Theorie, von der wir ausgehen. Wir sind überzeugt, dass der Täter Ihre Mutter gekannt hat. Der Mord selbst geschah vermutlich aus dem Affekt und war nicht geplant, aber von einem Raubmord kann keine Rede sein. Ihre Mutter hatte noch alles bei sich: Scheckkarte, Bargeld, Schlüssel, Uhr und Schmuck. Wir suchen nur noch nach ihrem Handy.«
Marie-Louise sank auf dem Sofa in sich zusammen und verwandelte sich vor ihren Augen in ein kleines Mädchen.
»Erzählen Sie mir von Ihrer Kindheit.« Rebekka trank wieder einen Schluck von dem heißen Kaffee.
»Ich hatte eine gute, eine schöne Kindheit. Meine Eltern waren so frohe und warmherzige Menschen, alle meine Freundinnen sind liebend gerne zu uns gekommen. Bei uns war es nie langweilig. Mein Vater ist ein wenig exzentrisch, aber er ist ja auch Franzose.« Sie lachte kurz und fuhr
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