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Blut für Blut: Thriller (German Edition)

Blut für Blut: Thriller (German Edition)

Titel: Blut für Blut: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Hastrup
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ihrer Mutter. Robin durfte immer als Erster wählen: einen Keks oder wo er im Auto, im Bus, im Zug oder bei einem der seltenen Kinobesuche sitzen wollte, und er durfte jedes Mal anfangen, wenn sie Karten spielten. Die Liste war unendlich, und Rebekka sah plötzlich ein, dass es nichts damit zu tun gehabt hatte, dass er jünger gewesen war, wie ihre Mutter immer behauptet hatte, sondern damit, dass die Mutter ihn einfach mehr geliebt hatte. Sie schluckte und merkte, dass Karen Schack sie entrüstet ansah.
    »Unterschiedliche Behandlung? Ich erzähle Ihnen von meinen aufrichtigen Gefühlen für meinen Neffen und meine Nichte. Ich habe mir nie anmerken lassen, dass ich einen der beiden lieber mag, und das hat meine Schwester auch nicht. Marie-Louise weiß nichts, das garantiere ich Ihnen. Außerdem war sie der Liebling ihres Vaters. Daraus hat Jerome nie einen Hehl gemacht.«
    Reza beeilte sich, sie mit einer Frage zu unterbrechen. »Haben Sie sich jemals mit Ihrer Schwester geschlagen?«
    »Ob wir uns geschlagen haben?« Karen Schack zog eine Grimasse, drehte sich überrascht zu ihm hin und fügte hinzu: »Ich bitte Sie … Das ist uns nicht im Traum eingefallen. Wir sind schließlich zivilisierte Menschen.«
    Rebekka und Reza schwiegen, und nach einer Weile ertrug Karen Schack das Schweigen nicht mehr, und sie stieß hervor: »Natürlich haben wir uns als Kinder gekloppt, wer tut das nicht? Kissi war die Temperamentvollere von uns beiden, es konnte schon vorkommen, dass sie wie ein Tier auf mich losgegangen ist und auf mich eingeschlagen und mich an den Haaren gezogen hat. Nun, Sie wollen bestimmt wissen, wo ich Mittwochabend war, und das sage ich Ihnen gern. Ich war zum Bridge. Das bin ich jeden Mittwochabend, zusammen mit ein paar Freundinnen, Sie können sie gerne anrufen und fragen, ob ich da war. Das war ich, und es war ein schöner Abend, ich habe nämlich gewonnen.« Karen Schack lachte leise und zündete den ausgegangenen Zigarillo wieder an. Rebekka schob ihre Wut beiseite und lächelte freundlich.
    »Ihrer Schwester ging es finanziell sehr gut, wenn man ihren Beruf in Betracht zieht.«
    Reza sah Karen Schack aufmerksam an, die nur zustimmend nickte.
    »Mutter und Vater waren wohlhabend. Wir haben beide einiges an Geld geerbt, Kissi mehr als ich, weil ich das Haus bekommen habe. Außerdem kommt Jerome aus einer wohlhabenden französischen Familie. Er hat seinerzeit das Haus in der Jens Juels Gade gekauft und Kissi einziehen lassen. Sie haben sich trotz der Scheidung immer umeinander gekümmert …«
    Langsam füllten sich ihre Augen mit Tränen.
    »Ich vermisse sie. Obwohl ich sie manchmal gehasst habe, spüre ich, dass ich sie vor allem vermisse. Jetzt bin ich ganz allein.«
    »Was ist mit Ihrem Neffen und Ihrer Nichte?«
    Karen Schack lächelte schwach.
    »Die habe ich natürlich noch und nicht zuletzt die Enkelkinder. Ich habe mir immer gewünscht, Oma zu werden – und jetzt habe ich die Gelegenheit dazu.« Karen Schack inhalierte tief.
    Als Reza und Rebekka kurz darauf vor Karen Schacks Haus standen, war der Sommerhimmel grau und gekräuselt wie ein Stück zerknitterter Stoff. Sie streckten ihre steifen Körper und atmeten gierig die frische Meeresluft ein, wohl wissend, dass der nächste Besuch den Kindern galt – Thomas Schack Lefevre und Marie-Louise Schack Lefevre.
    ____
    »Was mit Ihrer Mutter passiert ist, tut uns aufrichtig leid.« Rebekka hielt Marie-Louises Hand einen Augenblick fest in ihrer, und die blasse Frau nickte leicht und sah mit Tränen in den Augen, die sie stumm wegblinzelte, zu Rebekka hoch. Sie war klein wie ihre Mutter und von schmächtigem Wuchs, doch während Kissis Haut und Haar Glanz gehabt hatten, wirkte Marie-Louise unscheinbar und sah ausgelaugt aus. Sie hatte sie in der Tür des kleinen Hauses im Dyssegårdsviertel erwartet und führte sie in eine kleine Diele, in der es schwach nach Rosen und Reinigungsmitteln roch.
    »Es ist niemand bei Ihnen? Aus der Familie oder dem Freundeskreis?« Reza sah sich fragend um, und Marie-Louise schüttelte bestimmt den Kopf.
    »Ich bin lieber alleine. Ich schaffe es nicht, jetzt auf andere Rücksicht zu nehmen. Eine meiner Freundinnen kümmert sich glücklicherweise heute um Louis. Louis ist mein Sohn. Er ist zwölf Jahre alt, er versteht das Ganze vom Kopf her, aber dann auch wieder nicht. Genau wie wir anderen.« Ihre Stimme brach, und Rebekka legte ihr vorsichtig die Hand auf den Arm.
    »Das ist eine unglaublich brutale Situation, der

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