Blut für Blut: Thriller (German Edition)
Kaffee und wartete, bis das Gelächter verebbt war. Dann bat sie ihn, in ihrem Büro vorbeizuschauen. Kurz darauf stand er in der Tür. Reza arbeitete noch immer konzentriert an seinem Computer, und sie bat Simonsen, sich an den kleinen Besprechungstisch zu setzen.
»Du hast mit den Hundebesitzern gesprochen?«
Er nickte eifrig.
»Ich habe die Berichte bereits geschrieben, sie sind auf dem Server. Der Klub hat fünf Mitglieder. Außer Kissi noch zwei Frauen, Anne Munk und Margrethe Heinesen, und zwei Männer, Tibor Budzik und Leon Rothenborg. Also, ich habe heute mit Tibor Budzik gesprochen. Er ist ein Flüchtling aus Serbien und lebt seit sechzehn Jahren in Dänemark, er ist geschieden und wohnt alleine mit seinen beiden Hunden in einer Wohnung auf Gammelholm. Er war extrem nervös, hat die ganze Zeit mit dem Stuhl gewippt, deshalb habe ich mir gedacht, ihn etwas härter ranzunehmen.«
Simonsen lächelte Rebekka breit an, die einen tiefen Seufzer unterdrücken musste. Er wurde von einigen als guter Ermittler angesehen, kam oft mit interessanten und überraschenden Einfällen, die wichtig für die Ermittlung waren; dafür war er nicht der große Psychologe, was hieß, dass er die Leute bei den Verhören oft unnötig verschreckte und deshalb weniger Informationen oder Geständnisse aus ihnen herausholte als die feinfühligeren Ermittler, zu denen auch Rebekka gehörte. Rebekka arbeitete mit der kognitiven Verhörmethode, einer Methode, die Mitte der Sechzigerjahre von zwei amerikanischen Psychologen entwickelt worden war und davon ausging, dass man bei den Verhören ruhig, aufmerksam und empathisch auftrat. Diverse Untersuchungen hatten über die Jahre ergeben, dass Zeugen sich auf diese Weise an erheblich mehr erinnerten, als wenn man versuchte, sie einzuschüchtern.
»Na schön, ich habe ihm also etwas Druck gemacht, und es hat sich gezeigt, dass er Kissi sehr gut gekannt hat, sie hat ihn sogar zum Tee eingeladen, um zu reden , wie er das formuliert hat. Haha!«
Simonsen lachte laut und zeigte dabei eine imponierende Anzahl von Füllungen in seinen Zähnen.
»Also, ich habe erfahren, dass er als Soldat im Balkankrieg war, ein Geheimnis, das ich aus ihm herausgekitzelt habe. In seinem Heimatland hat er offenbar ein langes Strafregister, das wir uns einmal näher ansehen sollten.«
Der Ermittler lehnte sich zufrieden in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Hände im Nacken. Sein Blick wanderte zu der Pinnwand über ihnen, an der Reza regelmäßig lustige Zeichnungen aufhängte; er war ein ganz besonderer Fan des Comicduos Wulffmorgenthaler.
»Ha, ha, die sind lustig«, lachte Simonsen und zeigte auf einen der Zeitungsausschnitte.
»Hatte er ein Alibi, dieser Tibor Budzik?«
»Nein, das hatte er nicht. Er war Mittwochabend alleine, der übliche Spaziergang war wegen des Regens abgesagt worden. Er könnte unser Mann sein, er hat Kissi gemocht, er wohnt nahe am Tatort, er war oft bei ihr, und es sollte mich nicht wundern, wenn er aufgrund des Bürgerkriegs in seinem Heimatland an einem posttraumatischen Stresssyndrom leidet. Da sitzt der Deckel schon etwas lockerer.«
Simonsen schnalzte laut mit der Zunge.
Rebekka verspürte eine plötzliche Lust, ihn vom Stuhl zu stoßen. Sie widerstand dem Drang und fragte stattdessen, was die anderen Befragungen ergeben hatten.
»Zu dem guten, alten Leon Rothenborg mussten wir nach Hause fahren«, antwortete Simonsen und lehnte sich noch weiter in seinem Stuhl zurück. »Er konnte nicht vorbeikommen, weil er seine sterbende Frau pflegt, was er bestimmt schon seit ein paar Jahren tut. Du meine Fresse, hat das nach Krankheit und Tod gestunken in der Wohnung. Ich hätte mich fast übergeben …«
Erneutes Lachen. Rebekka kam zu dem Schluss, dass sie Simonsen nicht mochte.
»Leon Rothenborg hat bestätigt, dass er den Mittwochspaziergang wegen des schlechten Wetters per SMS abgesagt hat. Er war sich ganz sicher, dass er die Nachricht an alle Klubmitglieder geschickt hat, und er hat sie uns auf seinem Handy gezeigt, da er sie noch nicht gelöscht hatte. Warum Kissi Schack trotzdem gekommen ist, ist ein Rätsel. Nun gut, Leon Rothenborg hat ein Alibi. Er war zu Hause bei seiner Frau. Er hatte einen Arzt gerufen, weil sie nur schwer Luft bekam. Super überprüft das natürlich bei dem Arzt, aber das dürfte stimmen. Außerdem ist Leon Rothenborg ein alter Knacker. Ich bezweifle, dass er zu einer solchen Tat in der Lage wäre, obwohl man natürlich nie nie sagen soll.
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