Blut für Blut: Thriller (German Edition)
Messerstichen attackiert wird.«
Brodersen nickte und erhob sich von seinem Bürostuhl. Er ließ den Blick aus dem Fenster wandern, durch das die Rückseite der Glyptothek zu sehen war. Dann drehte er sich wieder zu ihnen um.
»Es wurmt mich wirklich, dass Mohammad Assaf ein Alibi hat. Wir haben ihn in jeder Hinsicht unter die Lupe genommen und können ihm nichts nachweisen. Er war bei dem Mietertreffen in der Blågårdsgade, einer unserer eigenen Leute war ebenfalls da und kann es bezeugen. Mohammad kann natürlich jemand anderen damit beauftragt haben, doch das scheint wenig wahrscheinlich. Ich bin auch der festen Überzeugung, dass es sich um eine private Auseinandersetzung handelte. Die große Frage ist, um was es dabei ging.«
Die Gruppe nickte und sah den Chef der Mordkommission weiter an.
»Wir kennen die Motive für Mord: Eifersucht, Rache, Begehren, Profitgier, Fanatismus, Nervenkitzel sowie Ehre, Scham und Verstoßung. Fanatismus und Verstoßung können wir mit großer Wahrscheinlichkeit ausschließen, und ich glaube auch nicht, dass das Motiv für den Mord an Kissi Schack Profitgier, Begehren oder Nervenkitzel ist, obwohl man das natürlich nicht ausschließen kann. Am wahrscheinlichsten erscheinen mir Eifersucht und Rache, und in diesem Kontext sind auch Ehre und Scham interessant, weil Kissi Schack mit Einwanderern gearbeitet hat. In einigen Einwandererkulturen gibt es genau wie in einigen kriminellen Milieus Normen, die markant von den Regeln abweichen, nach denen der Rest von uns lebt. Das solltet ihr in Erinnerung behalten, wenn ihr Leute verhört.«
____
»Man könnte doch Chanel mit Balthazar paaren«, schlug Margrethe Heinesen vor, während sie Anne Munk Kaffee einschenkte. Der Kaffee schwappte über und bildete einen trüben, schwarzbraunen See auf der Untertasse. Margrethe stöhnte laut auf vor Ärger und verschwand schnell in der Küche, um eine Papierserviette zu holen und darunterzulegen. Als wäre das Annes Schuld. Die Stimmung im Cairnklub war gedrückt. Es war fünf Tage her, dass Kissi ermordet worden war, und das erste Mal, dass sie sich seit dem Mord trafen. Keiner von ihnen hatte zum Kastell gehen mögen, und deshalb hatte Margrethe vorgeschlagen, sich stattdessen bei ihr zu treffen, um Kaffee zu trinken und über die traurige Situation zu reden. Die anderen hatten eingewilligt und saßen jetzt in Margrethes dunklem, mit Möbeln vollgestelltem Wohnzimmer.
»Was hältst du von meinem Vorschlag?«, fragte Margrethe, setzte sich Anne gegenüber und sah sie mit einem Blick an, unter dem Anne sich unsicher auf ihrem Stuhl wand. Sie hatte sich lange gewünscht, Chanel begatten zu lassen, um einmal selbst Welpen zu haben, doch der Traum war immer wieder verschoben worden, da die finanziellen Mittel für das Projekt fehlten. Welpen waren teuer; wenn man Pech hatte, konnte einen das Tausende von Kronen für Tierarztrechnungen kosten. Anne hatte mehrere Jahre lang dafür gespart und jetzt endlich so viel auf dem Konto, 13340 Kronen, um genau zu sein, dass sie das Projekt in die Realität umzusetzen wagte. Sie träumte davon, Chanel mit einem Prachtexemplar seiner Rasse zu paaren, gerne mit einem der Champions, die sie sich regelmäßig auf den diversen Hundeshows ansah.
»Ja, das könnte man natürlich überlegen«, sagte sie zögerlich und trank einen Schluck von dem bitteren Kaffee. Ihr Magen protestierte laut, und sie konnte nur mit Mühe einen Rülpser unterdrücken, als ihr die Magensäure in den Hals schoss. Margrethe war eine entsetzliche Gastgeberin, sie konnte nicht einmal einen ordentlichen Kaffee machen. Anne dachte mit Grauen an die Mittagessen, die Margrethe für die Gruppe zubereitet hatte, ihre elenden Kochkünste waren die Hölle. Sie war sich sicher, dass die anderen das genauso sahen, doch niemand wagte, Margrethe etwas zu sagen, da sie wegen ihrer scharfen Zunge und ihrer heftigen Stimmungsschwankungen gefürchtet war. Sie spürte Margrethes Augen auf sich ruhen.
»So ein Angebot bekommt man nicht jeden Tag. Du darfst auch nicht vergessen, dass Balthazar als junger Hund einen ersten Preis gewonnen hat.«
»Darüber bin ich mir durchaus im Klaren, aber ich hatte nun einmal eher an einen Hund wie Gaston gedacht, diesen Champion aus Lolland, den wir letztens auf der Ausstellung gesehen haben.« Annes Stimme zitterte, während sie sprach, ihr war nicht klar, woher sie den Mut nahm, sich Margrethes Vorschlag zu widersetzen.
»Gaston«, schnaubte Margrethe und streckte die
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