Blut für Blut: Thriller (German Edition)
hören.
»Haben Sie einen Tipp bekommen?« Kasper Rosenstand sah von Reza zu Rebekka und fügte hinzu: »Ich habe natürlich die Nachrichten verfolgt, wo sie etwas von Todesdrohungen und so gesagt haben, und das mit den Drohungen stimmt. Kissi hat mir erzählt, dass sie hin und wieder von dem einen oder anderen wütenden Ehemann bedroht worden ist.«
»Im Moment ermitteln wir in alle Richtungen«, antwortete Rebekka, »aber sagt Ihnen der Name Haleema etwas?«
Der junge Mann schüttelte den Kopf.
»Nein, nicht unmittelbar, aber in Lundely haben wir viele Bewohner mit fremdartigen Namen, weshalb ich mich sicher nicht an alle erinnern kann, tut mir leid.«
Rebekka sah sich in der Wohnung um. An den Wänden hingen ein paar gerahmte Schwarz-Weiß-Fotografien von New York vor 9/11. Sie warf ihm ein beruhigendes Lächeln zu und forderte ihn auf, etwas über sein Privatleben zu erzählen.
»Natürlich.« Er lächelte zurück, seine Zähne waren regelmäßig. Er sah gut aus.
»Ich wohne alleine hier in der Wohnung, das tue ich jetzt seit einigen Jahren, aber ursprünglich habe ich sie zusammen mit einer früheren Freundin gekauft.«
»Haben Sie sie zusammen mit Lena Kristoffersen gekauft?«, fragte Rebekka mit ihrer freundlichsten Stimme, worauf Kasper Rosenstand noch blasser wurde, als er ohnehin schon war, und sie erschrocken anstarrte.
»Woher wissen Sie das?«, stammelte er heiser.
Reza beugte sich zu ihm vor.
»Wenn ich Sie wäre, würde ich einfach alles so erzählen, wie es ist.«
»Ja, aber da gibt es nichts zu erzählen.« Der Satz klang wie ein Schrei, und Rebekka und Reza sahen ihn stumm einige Minuten an, bis die Stille für Kasper Rosenstand unerträglich wurde und er auf seinem Stuhl in sich zusammensank.
»Lena, meine frühere Freundin, hat mich wegen häuslicher Gewalt angezeigt – aber ich bin nicht verurteilt worden. Das war reine Schikane, weil ich nicht länger mit ihr zusammen sein wollte. Ich bin nicht gewalttätig, ich könnte doch verdammt noch mal nicht da arbeiten, wo ich arbeite, wenn ich gewalttätig veranlagt wäre, oder? Lena ist verrückt, mehr ist da nicht dran.«
»Wo waren Sie am Mittwoch, den 18. Juli, zwischen 17 und 22 Uhr?« Reza starrte Kasper Rosenstand direkt an, der sich unter seinem Blick wand.
»Ich war hier, hier in der Wohnung. Ich bin am Mittwoch nicht arbeiten gegangen, weil es mir nicht gut ging. Ich habe den ganzen Tag und den ganzen Abend im Bett gelegen und ferngesehen.«
»Kann das jemand bestätigen?«
Kasper Rosenstand schüttelte leicht den Kopf.
»Leider nein, ich wohne alleine und habe im Moment keine Freundin. Meine Mutter hat mich ein paarmal auf dem Handy angerufen, aber ich habe es nicht geschafft, mich zu melden.«
Oder du konntest dich nicht melden, kam Rebekka nicht umhin zu denken, während ihr Blick an Kasper Rosenstand hinauf-und hinunterwanderte.
»Kennen Sie das Kastell?«, fragte sie.
»Ich kenne das Kastell ausgezeichnet, ich laufe dort hin und wieder. Das ist ein wunderschöner Ort.«
Kaspers Wangen hatten wieder etwas Farbe angenommen.
»Sie sind Mittwochabend nicht gelaufen?«
»Nein, das bin ich nicht.«
»Gut. Das war es fürs Erste. Sie hören von uns.« Rebekka und Reza nickten Kasper zu, der sich mühsam erhob. Als er sie zur Tür begleitete, schleppte er sich dahin, als wäre er ein alter Mann.
Reza schlug mit der Hand fest auf das Lenkrad, als sie kurz darauf im Auto saßen.
»Er könnte es durchaus gewesen sein, Rebekka. Stell dir mal folgendes Szenario vor. Sie fühlen sich zueinander hingezogen, er flirtet mit Kissi, die ihn für einen anziehenden jungen Mann hält und sich geschmeichelt fühlt, dass er sie attraktiv findet. Vielleicht haben sie eine Affäre, und sie will sich zurückziehen. Sie ist vermutlich genau der Typ für einen moralischen Kater und findet es unethisch, dass sie, als Vorgesetzte, eine Affäre mit einem Kollegen hat …«
»Herrgott noch mal, sie sind sechzehn oder siebzehn Jahre auseinander. Kasper Rosenstand ist ein gut aussehender jüngerer Mann, und ich muss zugeben, dass ich Schwierigkeiten habe, mir vorzustellen, dass er Kissi Schack so begehrt haben soll, dass er sie umgebracht hat.«
Reza sah sie indigniert an.
»Ich hätte nicht gedacht, dass du so konventionell bist«, murmelte er und starrte gekränkt aus dem Fenster. »Es gibt viele Männer, die von älteren Frauen träumen, und Kissi Schack war schlank, schön, gut gekleidet, wohlhabend und bekannt. Was willst du mehr?
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