Blut für Blut: Thriller (German Edition)
Rechtsmediziner wandte sich an einen der Kriminaltechniker und hielt den abgetrennten Arm in der Hand. Rebekka wurde bei dem Anblick schwindelig. Sie stupste Reza in die Seite.
»Komm, sehen wir uns ihr Haus an. Vielleicht finden wir da etwas von Interesse.«
»Ja, machen wir, dass wir wegkommen«, murmelte Reza und eilte zum Ausgang.
____
Jerome Lefevre öffnete den Deckel des Pappkartons. Er war gerade zur Tür hereingekommen, nachdem er die präkolumbianische Maske bei Oliver Antik in der Holbergsgade abgeholt hatte. Auf dem Rückweg hatte er gesehen, dass es oben auf dem Kastell vor Polizei wimmelte, und der Anblick hatte ein heftiges Unbehagen in ihm ausgelöst. Was zum Teufel mochte da passiert sein? Wahrscheinlich irgendeine militärische Übung , überlegte er und entfernte vorsichtig Watte und Seidenpapier von der 1000 Jahre alten Maske. Er hatte sie sich seit Wochen gewünscht, war viele Male an dem Laden vorbeigegangen und hatte verstohlene Blicke durch das Eisengitter geworfen, um einen Blick auf sie zu erhaschen. Die Maske war selten, der Preis gepfeffert, aber das musste ja niemand erfahren. Das Wichtigste war, dass sie dem Wohnzimmer den nötigen Pfiff geben würde. Er stellte die geschnitzte Holzmaske auf das Montana-Regal und trat ein paar Schritte zurück, um das Arrangement zu begutachten. Die kleinen Spots von dem Jorn-Gemälde darüber vollendeten den Eindruck. Perfekt. Er spürte die Freude in seinem Bauch kribbeln. So ging es ihm immer, wenn es ihm gelang, die Welt etwas schöner zu machen. Es war ein Talent, das er von Kindesbeinen an gehabt und das er mit den Jahren so weit entwickelt hatte, dass er davon leben konnte. Le grand décorateur.
» Exquisite. You have an exquisite taste, love. « Liam stand in der Tür zum Wohnzimmer und lächelte ihm anerkennend zu. Er hatte ein weißes, eng sitzendes T-Shirt an, das seinen markanten Brustkorb betonte, und die schwarze Lederhose saß stramm um die muskulösen Schenkel.
»Sie ist schön, nicht wahr?«, sagte Jerome und ging zu seinem Partner und legte den Arm um ihn. Liam antwortete auf die Geste, indem er seinen kompakten Körper gegen Jeromes langen, mageren lehnte. So standen sie einen Moment stumm da und nahmen das Zimmer mit dem schönen Parkett im Fischgrätmuster, den feinen Prismen, der modernen Kunst und der antiken Maske in sich auf. Durch die großen Fenster konnte man die Spitzen der Baumkronen des Kastells erahnen. Ein kräftiges Grün gegen einen blauen Himmel. Das prickelnde Gefühl machte sich wieder breit. Die Wohnung, 280 Quadratmeter mit Stuck und gut erhaltenen Böden, war ein Schnäppchen gewesen, und Jerome musste sich hin und wieder angesichts seines Glücks in den Arm kneifen, obwohl er inzwischen seit zwanzig Jahren hier wohnte. Die Wohnung lag an der Ecke Grønningen/Esplanaden und hatte die perfekte Lage. Zentral, doch mit Aussicht auf Grünanlagen und Wasser. Besser ging es nicht, dachte er, während seine Finger zerstreut Liams Wirbelsäule hinunterstrichen. Der Bund der Lederhose fühlte sich unter seinen Fingerspitzen rau an, und Liam sah ihn mit einem schalkhaften Blick von der Seite an.
»Und, lässt sich noch eine Runde vor den diversen Tagesaktivitäten einschieben?«
Jerome spürte die kräftigen Arme seines Geliebten um sich, und erneut durchströmte Freude seinen Körper, als das Klingeln des Telefons ihn abrupt aus dem Moment herausriss.
»Lass es klingeln. Wahrscheinlich ist es nichts Wichtiges«, flüsterte Liam heiser. »Lass es einfach klingeln, love .« Er hielt ihn fest, und Jerome versuchte, sich der Umarmung hinzugeben, doch er konnte sich nicht konzentrieren. Liam ließ ihn mit einer ärgerlichen Bewegung los und ging zum Telefon. Jerome betrachtete die schwellenden Rückenmuskeln, die sich unter dem T-Shirt seines Lebensgefährten beim Gehen auf und ab bewegten. Liam meldete sich ungehalten, und Jeromes Blick wanderte erneut aus dem Fenster. Die Sonnenstrahlen fielen durch die frisch geputzten Scheiben in den Raum und hinterließen auf dem Parkett ein schönes Lichtspiel. Ihm fiel auf, dass sein Lebengefährte still geworden war, und er drehte sich zu ihm um. Liam war unter seiner sommersprossigen Bräune blass geworden, und Jerome spürte seinen Puls schneller werden. War etwas passiert? War vielleicht etwas mit Kissi? Er hatte seine Exfrau in den vergangenen Tagen mehrmals angerufen, doch sie war weder ans Telefon gegangen, noch hatte sie zurückgerufen, obwohl er zwei Nachrichten auf
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