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Blut für Blut: Thriller (German Edition)

Blut für Blut: Thriller (German Edition)

Titel: Blut für Blut: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Hastrup
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    Liam leerte aufgebracht die Spülmaschine. Er konnte seine Erregung kaum zügeln, und ein Weinglas rutschte ihm zwischen den feuchten Fingern weg. Hätte er nicht so schnell reagiert, wäre das Glas auf die handbemalten Fliesen aus Lavastein gefallen. Er schüttelte den Kopf. Die letzten Tage waren dramatisch und heftig gewesen. Er hätte sich in seinen wildesten Phantasien nicht vorstellen können, jemals in einen Mord verwickelt zu sein.
    Wie Kissi wohl ausgesehen haben mochte, als sie da im Gras gelegen hatte, während der Rasenmäher sie überfuhr? Ein leichter Schauer lief ihm den Rücken hinunter, während das Bild vor seinen Augen flimmerte. Er nahm den Besteckkorb aus der Spülmaschine und sortierte Messer und Gabeln ein. Eigentlich sollte man echtes Silber nicht in die Spülmaschine stecken, aber er tat es trotzdem, wenn Jerome es nicht sah. Er konnte sich einfach nicht dazu aufraffen, das Silber mit dem Geschirrtuch zu polieren. Herrgott noch mal, wen interessierte das schon? Außer Jerome, natürlich.
    In Liams Elternhaus hätten sie sich vor Lachen auf die Schenkel geschlagen, hätten sie ihn mit dem Silberbesteck und der Schürze gesehen. Er stellte sich das zahnlose Lachen seiner Mutter vor, ihre Verwunderung darüber, dass ihr Sohn so fein wohnte, in den großen, hellen Räumen mit dem Fischgrätparkett, den Prismenleuchtern und den teuren Kunstwerken an den Wänden. So meilenweit entfernt von dem Slum in Manchester, von seinem Elternhaus mit den engen, dunklen Zimmern, den zerkratzten Möbeln, der Auslegware und dem scharfen Geruch nach Fish & Chips und Schmutz.
    Schmutz, der sich nicht abwaschen ließ, egal, wie inbrünstig man auch schrubbte.
    Liam lächelte vor sich hin. Er hatte es geschafft. Aus dem Slum heraus geschafft. Solange er zurückdenken konnte, hatte er sich fortgeträumt. Während die Kameraden sich mit ihrem Schicksal abgefunden und das Beste aus ihrem Leben gemacht hatten, indem sie zwischen den Abfallhaufen in den kleinen Gärten Fußball gespielt hatten, hatte Liam auf der Motorhaube eines Autos gesessen und sich fortgeträumt. Die Träume waren diffus gewesen, es war ihm schwergefallen, sich konkrete Vorstellungen davon zu machen, wie die Reichen leben, von der Qualität ihrer Möbel, den Düften, dem Essen. Doch das hatte ihn nicht davon abgehalten weiterzuphantasieren, und die Träume waren zu seiner Rettungsleine geworden, der einzigen, an die er sich in seinem aus Trostlosigkeit bestehenden Alltag hatte klammern können. Der Kampf aus dem Slum heraus war langwierig gewesen, und mehrmals war er nahe daran aufzugeben, drohte im Schlamm zu versinken, als würde er in Treibsand treten.
    Das Ticket hinaus war Andrew gewesen. Knapp vierzig Jahre älter als der junge, hoffnungsvolle Liam. Sie hatten sich in dem Pub The Whinnying Donkey getroffen. Liam war der charismatische ältere Herr sofort aufgefallen, und er hatte ihn tagelang umkreist, ohne es zu wagen, sich an seinen Tisch zu setzen. Andrews Stimme war kräftig und tönte durch den verrauchten Pub und zog massenweise Zuhörer an, die entzückt seinen unterhaltsamen und kenntnisreichen Geschichten über historische Schlachten, Literatur und Kunst lauschten. Liam verliebte sich auf der Stelle in Andrews Verstand. Er war ihm allmählich immer näher gerückt, bis er sich eines Tages neben Andrew gesetzt hatte. Andrew hatte ihn lange und wissend angesehen und ihn gebeten, ihm ein Pint zu holen. Liam war bereitwillig von dem Ledersofa aufgesprungen und hatte das Bier geholt, glücklich, einen Kontakt zu ihm hergestellt zu haben. An diesem Abend war Andrew in seinem Element gewesen, er hatte erzählt und erzählt, seine Zuhörer an seinem Wissen über Shelley, Byron und Keats teilhaben lassen und sie alle begeistert, nicht zuletzt Liam. Als der Pub zumachte, hatte Andrew Liam gebeten, seinen Mantel zu holen, und sie hatten das Lokal gemeinsam verlassen. Sie hatten nicht über das, was kommen würde, gesprochen, es herrschte ein stillschweigendes Übereinkommen zwischen ihnen, während sie durch die dunklen, regennassen Straßen wanderten und Andrew weitererzählte, während er mit seinem zusammengefalteten Regenschirm im Takt auf den Asphalt klopfte. Liam hatte mehrmals fragen wollen, ob Andrew den Schirm nicht aufspannen wollte, um sie vor dem Regen zu schützen, sie wurden schließlich patschnass, doch er hatte den Redefluss, die aufgeladene Stimmung zwischen ihnen nicht unterbrechen wollen. Plötzlich

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