Blut für Blut: Thriller (German Edition)
meine.«
»Sie können mir glauben, dass ich das nicht tun werde.« Sejr rückte näher an ihn heran.
»Ich will das selbst aufklären, und wenn ich das Geständnis habe, kann die Polizei kommen und die restliche Arbeit erledigen. Ich werde dann die Geschichte verkaufen und meine Karriere mit einem würdigen Abschluss beenden.«
Jarler grinste erneut, und Sejr fiel auf, dass der Mann leicht sabberte, wenn er lachte.
»Okay, okay, nichts für ungut. Aber dann müssen wir einen Plan machen, wie Sie am besten vorgehen. Doch zuerst sollten wir auf unser Wiedersehen anstoßen, denke ich. Nach all den Jahren. Drüben im Schrank habe ich einen herrlichen Whisky, wunderbar rauchig. Ob Sie ihn wohl bitte mit zwei Gläsern holen könnten?«
Sejr zögerte kurz, er hatte gerade die schlimmsten Abstinenzerscheinungen hinter sich. Aber was soll’s, zum Teufel, dachte er. Ein einziger Schluck würde schon nicht schaden.
____
Die Haustür in der Brolæggergade war unverschlossen, und statt zu klingeln, stiegen sie schnell die schiefe, alte Treppe zu der Atelierwohnung unter dem Dach hinauf. Sie blieben einen Augenblick auf dem Treppenabsatz stehen und lauschten, während Reza schnaufend nach Atem rang. Aus der Wohnung kam kein Laut, und Rebekka konnte es nicht lassen, dem Kollegen gutmütig den Bauch zu tätscheln, der zugegebenermaßen in den wenigen Monaten, die sie jetzt mit Reza zusammenarbeitete, ein paar Zentimeter an Umfang zugelegt hatte.
»Du lebst zu gut«, lachte sie, und Reza schnitt als Antwort eine Grimasse, während er an die abgenutzte Tür klopfte.
»Wer ist da?«, fragte eine Frauenstimme hinter der Tür.
»Rebekka Holm und Reza Aghajan. Von der Mordkommission Kopenhagen.«
Die Tür wurde langsam geöffnet, und vor ihnen stand eine schlanke, drahtige Frau mit einem Bürstenhaarschnitt und zahlreichen Piercings in Ohren, Augenbrauen und Unterlippe. Sie starrten sie einen Moment mit großen Augen an, bis sie sich als Thomas’ Exfreundin Katrine, genannt Fregne, vorstellte.
»Thomas ist gerade nicht zu Hause.« Sie lächelte sie unsicher an und fügte schnell hinzu: »Er ist mit Nelly in den Tivoli gegangen, um an etwas anderes als an seine Mutter und die Beerdigung übermorgen und all das zu denken.«
»Wir wollten uns nur vergewissern, dass es Thomas gut geht. Er hat mehrmals vergeblich bei uns angerufen. Aber wir würden auch gerne mit Ihnen sprechen, nur ein paar Routinefragen, die wir allen stellen, die Ihre Schwiegermutter beziehungsweise Exschwiegermutter gekannt haben.«
Fregne nickte still. Ihr Mund zitterte leicht, es war offensichtlich, dass sie mit den Tränen kämpfte.
»Kommen Sie herein«, sagte sie leise. »Es ist so furchtbar, was da passiert ist, ich kann noch immer nicht begreifen, dass es wahr ist. Ich rechne jeden Moment damit, dass Kissi zur Tür hereinkommt. Gerade eben, als Sie geklopft haben, habe ich eine Sekunde lang geglaubt, dass sie das ist.«
Eine Träne lief der Frau die Wange hinunter, und sie wischte sie schnell ab, während sie Rebekka und Reza in die Küche führte. Auf dem langen Holztisch standen ein paar Tassen, und genau wie letztes Mal roch es stark nach Ölfarbe und Terpentin.
»Kann ich Ihnen einen Tee anbieten? Die Mischung habe ich selbst zusammengestellt, er hat eine beruhigende Wirkung. Thomas findet, dass er wirkt.«
Fregne schüttelte vor ihren Augen ein Marmeladenglas mit einem trockenen gelblichen Inhalt.
»Nein, danke. Wasser ist in Ordnung.«
Fregne goss Wasser in eine Kanne und holte Gläser heraus. Sie stellte alles vor Rebekka und Reza auf den Tisch und setzte sich ihnen gegenüber hin. Sie sah sie mit klarem, festem Blick direkt an.
»Was möchten Sie wissen? Ich habe meine Schwiegermutter sehr gemocht, wir haben von Zeit zu Zeit telefoniert und uns auf diversen Festen und Geburtstagen gesehen, und es macht mich unglaublich traurig, dass sie tot ist. Jetzt hat Nelly keine Oma mehr.« Fregne zögerte kurz, bevor sie hinzufügte: »Ich werde ganz unruhig, wenn ich hier sitze und mit Ihnen rede, ich hoffe, Sie glauben nicht, dass ich …«
Sie verstummte, beugte sich vor und fingerte an der kleinen Zuckerschale mit der türkisfarbenen Glasur herum. Sie sah selbstgemacht aus, die Oberfläche war an manchen Stellen rissig, und ein wenig brauner Rohrzucker rieselte auf den Tisch.
»Wir glauben gar nichts. Wir sprechen mit allen, die Kissi gekannt haben, um uns einen Eindruck zu machen, wer sie war und wie ihr Leben ausgesehen hat. Nur auf
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