Blut für Blut: Thriller (German Edition)
nickte.
»Wir hatten erst jetzt Zeit zu kommen …«
»Das ist völlig in Ordnung. Ich wollte lediglich mit Ihnen reden, weil mir eingefallen ist, dass ich mich in den Tagen geirrt habe. Es fließt alles ineinander, ich bin extrem beschäftigt …«
»Natürlich. Worin haben Sie sich geirrt …?«
»Sie haben neulich gefragt, wann ich meine Mutter zuletzt gesehen habe, und ich habe gesagt, am Dienstagabend, also am Tag bevor …« Thomas’ Stimme versagte, er kämpfte mit den Tränen, und seine kleine Tochter sah verwundert zu ihm hoch.
»Weinst du, Papa?«, fragte sie, und er nahm sie schnell auf den Arm und drückte sie an sich. Das Mädchen streichelte ihm mit seiner kleinen Hand die Wange, und Thomas lächelte ihr beruhigend zu.
»Nellymaus, kannst du dich nicht zu Mama setzen und ein wenig malen? Papa muss nur gerade mit der Dame und dem Herrn reden.«
Das Mädchen nickte, er stellte sie wieder auf den Boden und sah Rebekka und Reza an.
»Es war nicht Dienstagabend. Es war Mittwoch, der Tag, an dem … Meine Mutter ist auf einen Sprung vorbeigekommen, sie hatte Take-away-Essen für uns beide dabei. Sie war in Eile, sie musste nach Hause und ihre Regensachen holen, weil sie sich mit den Leuten von ihrem Hundeklub treffen wollte. Sie war nur eine halbe Stunde hier, hat eine Tasse Tee getrunken und mich dabei ermuntert weiterzumalen. Sie liebt meine Bilder. Sie ist mein größter Fan.«
Thomas ließ sich auf einen der Küchenstühle fallen und fuhr sich mit der Hand durch das Haar, dann sah er müde zu ihnen hoch.
»Sie wusste also nicht, dass der Spaziergang für diesen Tag abgesagt war?«
Er schüttelte langsam den Kopf. »Nein, sie hat erzählt, dass sie sich trotz des schlechten Wetters mit den Hundeleuten treffen wollte, weil sie so abhängig von ihr waren. Sie war deren Mittelpunkt, und das hat sie genossen, glaube ich.«
»Das ist gut, dass Sie uns das erzählen, Thomas. Wo wir schon einmal hier sind, kann ich Sie auch gleich fragen, ob Ihre Mutter jemals eine Frau mit Namen Haleema Hamad oder deren Mann Ali erwähnt hat. Ali Hamad?«
Thomas runzelte die Stirn und schüttelte anschließend den Kopf.
»Wenn ich ehrlich bin, muss ich sagen, dass diese ganzen ausländischen Namen – wenn man die entsprechenden Personen nicht kennt, hören sich alle zum Verwechseln ähnlich an. Meine Mutter hat regelmäßig von ihrer Arbeit gesprochen, sie kann diese Frau also gut erwähnt haben, aber ich erinnere mich nicht. Leider.«
»Was hat sie von ihrer Arbeit erzählt?«
»Die Frage ist eher, was hat sie nicht erzählt?« Thomas fuhr sich erneut durch das dunkle, wellige Haar. »Sie hat meistens vom Alltag in Lundely erzählt, von den Kollegen und natürlich auch von den Bewohnerinnen, obwohl sie eigentlich zur Geheimhaltung verpflichtet war. Vielleicht erinnere ich mich deshalb auch nicht an die Namen, die Sie genannt haben, weil sie möglicherweise Pseudonyme benutzt hat, die Namen waren schließlich nicht wichtig, sondern die Geschichten. Die Schicksale.«
»Haben einige Schicksale einen besonderen Eindruck bei ihr hinterlassen?«
»Ich weiß es nicht wirklich.«
»Da war doch diese Iman«, mischte sich Fregne ein. Sie hatte neben der Tochter gesessen, die mit konzentriertem Gesichtsausdruck malte.
»Ja, richtig. Iman Salib hieß sie. Sie wurde von ihrer Familie ermordet, aber die Geschichte kennen Sie wohl?«
Rebekka und Reza nickten.
»Meine Mutter war sehr aufgewühlt über den Mord, nicht zuletzt, weil das Personal und die Polizei alles getan hatten, um Iman zu verstecken, ihre Identität zu löschen und sie mit einer neuen auszustatten. Und dann ist es der Familie doch gelungen, sie zu finden und zu ermorden. Meine Mutter hat nicht verstanden, wie das möglich war.«
Rebekka warf Reza einen Ich-habe-es-gewusst- Blick zu, und er nickte ihr anerkennend zu.
Im selben Moment sprang Thomas von seinem Stuhl auf und sah sie bedauernd an.
»Sie müssen mich entschuldigen, aber ich bin mehr als beschäftigt, das Begräbnis meiner Mutter zu organisieren, ich muss ein paar Worte für die Kirche schreiben, deshalb hoffe ich, es ist in Ordnung, wenn ich mich zurückziehe. Nächsten Monat habe ich ja auch noch meine Vernissage. Danke, dass Sie gekommen sind. Ich wollte Ihnen, wie gesagt, nur erzählen, dass ich die Tage vertauscht habe.«
»Das ist völlig in Ordnung, wir müssen auch weiter.«
Thomas verschwand oben in seinem Atelier, und Fregne begleitete sie hinaus.
»Ich hoffe, Sie finden das
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