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Blut im Schnee

Blut im Schnee

Titel: Blut im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie R. Nikolay
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hatten zunächst zu sehr unter Schock gestanden, nachdem zwei Beamte ihnen die Nachricht überbracht hatten. Zumindest gab es Angehörige, mit denen Joachim reden konnte. Neben Thorsten Klein war da nur die Schwester des ersten Opfers, doch die wohnte in Saarbrücken. Das zweite Opfer war alleinstehend gewesen, der Vater verstorben und die Mutter an Demenz erkrankt. Da gab es auch nicht mehr herauszufinden. Joachim hatte das Gefühl, gegen Wände zu rennen, ohne die Tür zu finden, die den Durchgang ermöglichen würde. Das Katz-und-Maus-Spiel ermüdete ihn und das erste Mal seit vielen Jahren wünschte er sich, bei ihm zu Hause würde eine Frau auf ihn warten, die er einfach nur in den Arm nehmen konnte. Um Kraft zu tanken für seinen Alltag, einen verständnisvollen Blick zu ernten oder einfach nur zu wissen, dass er nicht alleine war.
     
    ***
     
    Thorsten stand an diesem Donnerstagmorgen verwirrt vom Sofa auf, auf dem er weiterhin schlief. Bruchstücke eines Traums standen ihm noch deutlich vor Augen. Begonnen hatte alles, als er in der Dusche stand – zusammen mit Martin, der sich zu ihm gesellt hatte. Dieser lebte und die bittere Realität schien nichts weiter, als ein böser Traum zu sein. Martin hatte sich nackt an ihn geschmiegt, die Seife und das warme Wasser machten ihre Haut glitschig, als sie sich aneinander rieben. Doch nach und nach hatte sich Martin in Enrique verwandelt. Zuerst war es nur die Stimme gewesen, schließlich die gesamte Gestalt. Und dieser Martin-Enrique war in dem Traum drauf und dran gewesen, ihn zu verführen. In der Dusche.
    Er fand keine zufriedenstellende Antwort darauf, was sein Unterbewusstsein ihm mit den nächtlichen Bildern sagen wollte. Die naheliegendste Erklärung, nämlich dass er Enrique mehr begehrte, als er zugeben wollte, ignorierte er.
    Thorsten setzte Teewasser auf und rief die Onlinepräsenz der Tageszeitung auf, statt sich weiter mit der Traumdeutung zu beschäftigen.
     
    Am späten Vormittag erhielt er einen Anruf von Enrique, der sich erkundigte, ob er vorbeikommen könnte. Thorsten bejahte, verdrängte die nächtlichen Bilder, die sich immer wieder in sein Hirn schlichen, und hoffte auf Neuigkeiten. Die Frühnachrichten, die er extra eingeschaltet hatte, brachten kaum Neues zutage – ebenso wenig wie die Zeitung. Zumindest nichts, was er nicht schon wusste. Allerdings war ihm dabei nicht entgangen, dass die Polizei eine Pressemitteilung rausgegeben hatte. Die Moderatorin vergaß auch nicht zu erwähnen, dass eventuelle Zeugen sich bei jeder Polizeiinspektion oder bei einer speziell eingerichteten Rufnummer melden konnten. Für Thorsten war es fraglich, ob ein bundesweiter Aufruf irgendwelche Zeugen hervorbringen würde.
    Enrique klingelte zwanzig Minuten später. Als Thorsten ihm öffnete, hielt der ihm eine Schachtel Tee entgegen.
    „Danke. Aber davon hätte ich noch gehabt.“
    „Nun, ich bin ja nicht hergekommen, um deine Vorräte aufzubrauchen.“ Enrique grinste.
    Thorsten blickte etwas skeptisch, nahm die Box dennoch an. Enrique schälte sich derweil aus seiner Daunenjacke, die er vorbildlich an der Garderobe aufhängte. Er war leger gekleidet, mit Jeans und einem eng anliegenden schwarzen Rolli, was an ihm stilvoll aussah. Obendrein verbarg das schwarze Shirt nicht, wie gut in Form Enrique war. Thorsten schluckte und drehte sich weg. Es war beinahe so, als würde er in die Küche flüchten. Zumal sein Traum von letzter Nacht noch immer nachklang. Dass Martin und Enrique miteinander verschmolzen waren, verwirrte Thorsten weiterhin.
    „War dein Besuch im Treff von Erfolg gekrönt?“, erkundigte er sich.
    „Wie man es nimmt. Aber dazu gleich mehr“, entgegnete Enrique und setzte sich an den Tisch.
    Thorsten hielt die Schachtel hoch. „War das ein Wink mit dem Zaunpfahl?“
    „Nicht wirklich. Aber ich würde nicht Nein sagen, solltest du Wasser aufsetzen.“
    „Leg los, ich kann auch zuhören, wenn ich nicht bei dir am Tisch sitze.“
    „Also gut. Wie der Zufall es wollte, war ich gestern Abend nicht der einzige Gast, der etwas herausfinden wollte. Ein Reporter war da und hat die Bedienung ausgefragt. Dabei habe ich dann mitbekommen, dass der erste Tote wohl vor seinem Ableben dort war. Die Polizei hatte sich danach erkundigt, weil dieser in der Nähe gefunden wurde.“
    „Hmm, hilft das weiter?“
    „Das nicht. Der Reporter stellte Unmengen an Fragen. Unter anderem, ob es Streit gegeben hatte oder ob das spätere Opfer unbeliebt gewesen war.

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