Blut im Schnee
nicht verlassen, solange die Ermittlungen gegen ihn noch liefen. Und offenbar hatte er sich an die Auflagen gehalten. So zumindest die Auskunft, die Joachim von den Kollegen bekam.
Joachim überlegte nicht lange. Zuerst ließ er den Kollegen in Köln die relevanten Informationen zukommen und bat um ein Verhör von Jäckels zur Sache. Anschließend schickte er zwei Beamte zu Zimmermann, die ihn festnehmen und zum K11 bringen sollten.
Während er auf deren Ankunft wartete, trank er zum ersten Mal seit Tagen in Ruhe einen Kaffee, statt zwischen Tür und Angel. Er war sicher, am Ziel zu sein. Jetzt richtete er seine gesamte Konzentration auf die anstehende, neuerliche Vernehmung von Zimmermann, weshalb er Birgit bat, sich um die Todesbescheinigungen der getöteten Männer zu kümmern, die an das Standesamt übermittelt werden mussten. Die Untersuchungen waren abgeschlossen, somit stand einer Freigabe nichts mehr im Wege.
Joachim wollte nur eines: das Geständnis von Zimmermann, dass er mit den Morden zu tun hatte. Egal auf welche Weise. Er ertappte sich dabei, dass ein siegessicheres Lächeln auf seinen Lippen lag.
***
Das beruhigende Knistern des Schaums wirkte wie eine Meditation auf Thorsten. Das heiße Wasser reinigte ihn nicht nur, sondern klärte ebenso seinen überfüllten Kopf. Während er entspannt dalag, sortierte er alles aus, was für ihn im Augenblick nicht relevant war. Er machte sich einfach über viel zu viele Dinge Gedanken. Er erstellte eine To-do Liste, angefangen mit dem Termin bei dem Bestatter, und vermied es, Unwichtiges auf diesen Spickzettel zu packen. Behördengänge hatte er noch vor sich, ebenso wie die Regelungen, die er bezüglich Martins Firma in Angriff nehmen musste. Froh darüber, dass er soviel auf der hohen Kante hatte, könnte er seinen eigenen Job bis auf Weiteres auf Eis legen.
Ein Punkt, für den sein Vater ihn sicherlich loben würde, wenn er denn noch Interesse an seinem Sohn hätte. Der Alte hatte sich von ihm abgewandt, als habe er eine ansteckende Krankheit. Dabei waren sie beide sich gar nicht so unähnlich. Leider sah Thorsten keinen Weg, sich mit seinen Eltern auszusöhnen. Das Einzige, was die beiden akzeptieren würden, wäre eine Rückkehr zum Heteroleben, doch das kam für ihn überhaupt nicht infrage!
Irgendwann landeten seine Gedanken wieder bei Enrique, und Thorsten sah ihn vor sich. Der Oberkörper in dem engen Shirt, jeder Muskel und jedes Detail zu erkennen. Seinen Geruch in der Jacke, die leuchtenden Augen, als er von seinen Erlebnissen erzählte … Thorsten gab es auf. Enrique war nicht nur heiß, er war ein sympathischer Mann. Beides zusammen zog Thorsten an, wie ein Magnet. Das markante Gesicht und der manchmal feurige Blick ließen ihn nicht los. Und nicht kalt.
Thorsten fluchte innerlich, als ihm das Blut in die Lenden schoss. Jetzt blieben ihm zwei Möglichkeiten. Entweder, er würde sich den ganzen Tag lang mit dem Halbsteifen rumärgern, der keine Ruhe geben würde oder er legte Hand an. Er entschied sich für die zweite Variante und war erstaunt, wie gut es sich anfühlte. Es war Monate her, dass er es sich selbst besorgt hatte … und im heißen Badewasser hatte er es noch nie gemacht. Das Verlangen und die Lust berauschten ihn und er gab sich hin, erhöhte das Tempo, bis ihn ein intensiver Höhepunkt überrollte. Die Ernüchterung, die sich hinterher breitmachen wollte, schob er beiseite. In seiner Fantasie war es nicht Martin gewesen, sondern Enrique, der ihn berührte, küsste und verführte. Wild und leidenschaftlich hatte er sich von ihm nehmen lassen, und es war Enriques Faust gewesen, die ihn in seinem erotischen Tagtraum umfasst hatte, bis die Lust sich Bahn brach. In Gedanken konnte er doch wohl so viel fremdgehen, wie er wollte! Außerdem, und das fiel ihm später erst ein, er ging ja gar nicht fremd – er war jetzt wieder Single.
Um kurz nach acht nahm er Elli auf den Arm und brachte sie nach Hause. Die Nachbarin hatte die Katze schon vermisst und dankte Thorsten, weil er sie aufgenommen hatte. Anschließend besorgte er sich frische Brötchen und frühstückte ausgiebig. Er bemühte sich, nicht zu viel zu grübeln, und lenkte seine Gedanken bewusst auf den bevorstehenden Besuch bei dem Bestattungsinstitut. Kurz überlegte er, ob ein Anruf bei Gruber sinnvoll wäre, entschied sich jedoch dagegen. Der hatte ihm schließlich zugesagt, sich zu melden, sobald die Staatsanwaltschaft Martin freigab.
Als er sich fertigmachte,
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