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Blut ist dicker als Schminke

Blut ist dicker als Schminke

Titel: Blut ist dicker als Schminke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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indem ich mit beiden
Händen zupackte, doch das half nicht viel. Im nächsten Moment hörte ich ein häßliches »Ratsch« und wurde gewahr, daß ich etwas Weiches
in den Händen hielt, das sich anfühlte wie schwarzer Crêpe, die Überreste ihres
Abendkleides.
    Ich rollte mich aus dem
umgestürzten Sessel und sprang auf. Sie mußte nach der Landung noch ein Stück
über den Boden gerutscht sein. Ihr Kopf war unter meinem neuen Teppich
begraben. Es war ein schwarzer Schafwollteppich, den ich mir einige Wochen
zuvor in einem Anfall von Lüsternheit geleistet hatte, weil ich mir vorgestellt
hatte, daß der Kontrast zwischen dem weichen, wolligen Schwarz und weichem,
lebendigem Rosa und Weiß einfach atemberaubend sein müßte. Er war auch
atemberaubend, nur entsprachen die Umstände nicht ganz dem, was ich mir
vorgestellt hatte.
    Ich sagte mir, daß Isobel einen
Purzelbaum geschlagen haben mußte, sonst wäre sie kaum auf dem Rücken gelandet.
Die Konturen ihres Gesichts zeichneten sich durch das Schwarz des Teppichs ab.
Ihre kleinen Brüste ragten auf wie zwei korallengekrönte Hügel, und ein schwarzes
Seidenhöschen mit neckischem, rotem Schleifchen hob sich von der hellen Haut
ihres Körpers ab. Sie war noch bei Bewußtsein; ich sah das gleich an der Art,
wie sie mit den Fersen wütend auf den Boden trommelte, während ein Schwall
unartikulierter Beschimpfungen unter dem Teppich hervordrang. Einen Augenblick
lang war ich drauf und dran, den Teppich von ihrem Gesicht wegzuziehen und ihr
auf die Beine zu helfen. Dann überlegte ich es mir schleunigst anders — kein
Mann konnte so tapfer sein — , und zog mich eilig in
die Küche zurück.
    Ich
hatte Zeit, mir schnell einen Drink zu mixen und ihn auf einmal
hinunterzuspülen, ehe die Küchentür aufflog. Eine größtenteils nackte Nemesis
stand auf der Schwelle und funkelte mich aus glitzernden grünen Augen an.
    »Wann
kamen Sie plötzlich auf diesen Einfall ?« fragte sie
mit gesenkter Stimme.
    »Auf
was für einen ?« erkundigte ich mich vorsichtig.
    »Statt
Vergewaltigung Mord!«
    »Das
war doch ein Versehen«, rief ich hastig. »Sie fielen über den Tisch und — «
    »Ich
weiß, daß es ein Versehen war .« Sie verzog das Gesicht
in einer scheußlichen Grimasse. »Aber wie steht es mit dem, was dann geschah?
Als Sie mir das Kleid vom Leib rissen und mich aus dem Sessel schleuderten ?«
    »Er
kippte um«, erklärte ich. »Der Sessel, meine ich . Ich
wollte Sie festhalten, aber offenbar erwischte ich nur Ihr Kleid .«
    »Und
Sie erwarten, daß ich das glaube ?«
    »Nein«,
antwortete ich verdrossen, »aber es ist die Wahrheit .«
    »Ha!«
Es klang so, als hätte sie einen schrecklichen Fluch ausgestoßen. »Sehen Sie mich
an. Mein Kleid ist ruiniert. Ich stehe hier fast splitterfasernackt und — «
    Statt
etwas zu erwidern, drückte ich ihr ein Glas in die Hand, und sie trank den
Whisky in zwei gierigen Zügen aus. Dann reichte sie mir das Glas zurück.
    »Gibt
es hier irgendwo ein Badezimmer ?«
    »Neben
dem Schlafzimmer«, erwiderte ich.
    »Mixen
Sie mir noch einen Drink. Ich gehe inzwischen ins Bad und überlege, ob ich mich
allein umbringen soll oder uns beide .«
    »Lassen
Sie sich ruhig Zeit .«
    »Ha!«
Wieder verzog sich ihr Gesicht zu dieser scheußlichen Grimasse. »Soll ich Ihnen
mal was sagen? Ich habe neunzig Dollar für das Kleid bezahlt, und es ist noch
keine Woche alt .«
    »Sie
haben ja noch den Kragen«, versetzte ich. »Sieht eigentlich ganz niedlich aus;
als wollten Sie sich als ägyptische Magd verdingen .«
    Sie
drehte mir den Rücken zu und marschierte zum Schlafzimmer. Die Rückansicht war
beinahe noch erregender als die Frontansicht, fand ich, und machte mich daran,
frische Drinks zu mixen. Dann begab ich mich wieder ins Wohnzimmer, rückte das
Mobiliar zurecht, stellte die beiden Gläser auf den Tisch und wartete. Statt
spanischer Gitarrenklänge strömten jetzt schmachtende Geigenmelodien aus den
Lautsprechern in den Wänden.
    Nach
einer Weile hörte ich, wie sich hinter mir jemand diskret räusperte. Ich drehte
mich um und sah Isobel Maruman. Sie blickte mich mit einem unsicheren Lächeln
an. Ihr Haar war noch ein wenig feucht und frisch gebürstet. Ihre grünen Augen
blitzten, und ihr Mund war leicht geöffnet. Ich sah, wie die rosige Spitze ihrer
Zunge langsam über die volle Unterlippe leckte, und die Augen begannen mir aus
den Höhlen zu treten.
    »Ich
habe mich lange im Spiegel angesehen, ehe ich duschte«, sagte sie. »Auf

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