Blut ist dicker als Schminke
Frau ein Verhältnis mit Alton Chase hatte, glauben Sie, daß er Chase
dann umgebracht hätte, um sein Eigentum zu schützen ?«
Sie stellte ihr Glas nieder.
»Arbeitet die Polizei
neuerdings so? Man versucht sich als Amateurpsychologe, anstatt nach Hinweisen
zu suchen ?«
»Wir tun unser Bestes«, gab ich
bescheiden zurück. »Das Üble ist nur, daß uns für Ermittlungen nicht viel Zeit
bleibt, weil wir alle Hände voll damit zu tun haben, die Bestechungsgelder von
den Rauschgifthändlern, der Mafia und so weiter zu kassieren .«
»Denken Sie nur nicht, daß ich Ihnen
nicht glaube«, erklärte sie gereizt.
»Wollen Sie mich verführen ?«
»Was!« Ihr Gesicht wurde rot.
»Sie haben wohl den Verstand verloren !«
»Es war ja nur ein Gedanke«,
beschwichtigte ich sie. »Ich fragte mich einen Moment lang, ob das eine neue
Technik wäre. Aber anscheinend nicht.«
»Sie sind unmöglich .«
»Und Sie unwahrscheinlich«,
versetzte ich. »Wie sieht Ihr morgiger Tag aus? Viel zu tun?«
»Nicht allzuviel .«
Sie runzelte die Stirn. »Warum?«
»Kommen Sie und helfen Sie mir
bei meinen Ermittlungen«, schlug ich vor. »Wir machen eine Fahrt in die Wüste
und sehen, ob uns ein Maulwurf über den Weg läuft .«
»Ist das Ihr Ernst ?«
»Natürlich«, versicherte ich.
»Sie werden wissen, wovon Anderson redet, wenn er anfängt zu fachsimpeln .«
»Okay«, sagte sie nach einer
kleinen Pause. »Wann wollen Sie losfahren ?«
»Ich schlage vor, ich hole Sie
gegen neun ab .«
»Nein, ich komme um neun her«,
widersprach sie entschieden. »Ich weiß nicht, ob ich schon so unabhängig vom
Urteil der Leute bin, daß ich es wagen kann, vor aller Öffentlichkeit
zuzugeben, daß ich mit einem Polizeibeamten bekannt bin .«
»Auch gut«, meinte ich.
Danach saßen wir eine Weile nur
da und sahen einander an, bis wir beide unsere Gläser geleert hatten. Ich trug
sie in die Küche und kam mit frischen Drinks zurück und ließ mich wieder im
Sessel nieder. Isobel nahm ihr Glas, beäugte den Inhalt mit noch stärkerem
Mißtrauen und stellte es wieder ab.
»Sehr originell ist das nicht«,
bemerkte sie.
»Was denn ?« fragte ich verdutzt.
»Ihre Strategie«, erklärte sie.
»Sie versuchen, mich betrunken zu machen, um mich dann verführen zu können .«
»Wie kommen Sie auf den
Gedanken, daß ich Sie verführen möchte ?«
»Das liegt doch auf der Hand .« Sie lachte kurz auf. »Die ganze Inszenierung in dem
Restaurant. Schmeichelndes Kerzenlicht, köstliches Essen und viel Wein. Dann
hierher in Ihre Wohnung, schummrige Beleuchtung, betörende Musik, eine Couch,
auf der mit Leichtigkeit sechs Leute Platz haben, und noch mehr Alkohol.«
»Verführung ist ein Spiel, das
nur zu zweit gespielt werden kann«, versetzte ich geduldig. »Sie scheinen nicht
spielen zu wollen, also sitze ich brav hier und erwäge die andere Möglichkeit .«
»Welche andere Möglichkeit?«
»Vergewaltigung«, sagte ich und
grinste sie an.
»Vergewaltigung! «
Ihre Stimme sprang eine Oktave
in die Höhe, und sie sprang gleichzeitig vom Sofa. Ein Knie prallte gegen den
niedrigen Tisch zwischen uns. Die Gläser stürzten um, der teure Whisky floß auf
meinen teuren Teppich.
»Vergewaltigung !« echote sie fassungslos, und im selben Moment prallte ihr
anderes Knie gegen den niedrigen Tisch, und sie verlor das Gleichgewicht.
Voller Wonne streckte ich die Arme aus, um sie aufzufangen, als sie vornüber
über den kleinen Tisch fiel, und sah den Ausdruck blanken Entsetzens in den grünen
Augen, als ihr klar wurde, was gleich geschehen würde. Ihr rechter Fuß schlug
in einer wilden Zuckung nach hinten aus, und der Absatz blieb im Saum ihres
Kleides hängen. Ihre Schultern, ihr ganzer Oberkörper befanden sich noch in
Vorwärtsbewegung, als der Absatz sich im Rocksaum verfing — irgend etwas mußte also nachgeben. Ich hörte ein
scharfes Geräusch zerreißenden Stoffs, und das Oberteil ihres Kleides löste
sich mit einem Ruck von dem Bündchen, das um ihren Hals lag. Als sie mir in die
Arme fiel, war sie bis zur Taille nackt. Nur um ihren Hals lag noch ein
schmales Band schwarzen Crêpes.
Sie flog mir mit beträchtlichem
Schwung in die Arme, und zum zweitenmal war es
unvermeidlich, daß etwas nachgab. Unter der Wucht des Aufpralls kippte der
Sessel, in dem ich saß, nach hinten, und Isobel blieb gerade noch Zeit, einen
entsetzten Schrei auszustoßen, ehe sie die zweite Etappe ihrer Reise begann.
Ich machte einen verspäteten Versuch, sie abzufangen,
Weitere Kostenlose Bücher