Blut klebt am Karlspreis
erste entrüstete Reaktion. „Nur weil ein feister Sack Profit abzocken will, sollen die armen Schweine raus aus der windschiefen Hütte? Nein, nicht mit mir!“, sagte ich heftig und gab Schulz den Brief. „Sind wir hier in der Politik oder bei den Idealisten gelandet?“, fragte Dieter ironisch, nachdem er das Schreiben überflogen hatte. „Hier will jemand seine Interessen durchsetzen, die allem Anschein nach juristisch begründet sind, und bittet uns um anwaltliche Hilfe“, antwortete er sich selbst. „Das ist unser Job, mein Freund.“ Jetzt kam wieder die alte Leier: „Wenn wir ihn nicht machen, macht ihn ein anderer.“
Ich schaute Schulz immer noch grimmig an. Ich wusste, wie es weitergehen würde.
„Wenn wir aber den Job machen, haben wir die Kontrolle über das Geschehen“, fuhr mein Freund und Chef fort. „Solche hirnrissigen Hausräumungen sind doch gar nicht unser Metier“, kramte ich ein zugegebenermaßen schwaches Argument hervor, das mein juristisch versierter Lehrherr sofort wegwischte.
„Herr Grundler, Sie sollen in meiner Kanzlei umfassend in allen relevanten Rechtsgebieten ausgebildet werden, dazu gehören auch derartige Streitigkeiten. Ich möchte Sie daher bitten, die Angelegenheit zu meiner Zufriedenheit zu erledigen!“
„Du denkst doch nur an die paar Kröten als Honorar“, maulte ich geschlagen.
„Nur mit Idealismus kommst du nicht weit“, konterte mein Vorgesetzter. „Machst du jetzt den Mist oder soll ich einen unserer Jungspunde ranlassen?“
Ich winkte ab. Bevor einer unserer angestellten Anwälte sich an dieser Geschichte die Finger verbrannte, wollte ich sie lieber selbst erledigen. „Aber ich versuche, das Beste für die Studenten herauszuholen“, kündigte ich entschlossen an. „Davon bin ich eigentlich immer ausgegangen“, sagte Dieter grinsend, bevor er schnell mein Zimmer verließ.
Das zweite Blatt im Schnellhefter war die Kopie eines Schreibens unserer Kanzlei an Brandmann, mit dem wir uns für die Übergabe des Mandates bedankten und ihn zugleich aufforderten, die beigefügte Vollmachtserklärung unterschrieben an uns zurückzusenden.
Wenig begeistert wählte ich die Telefonnummer, die Brandmann in seinem Briefkopf angegeben hatte. Ich wollte mich von ihm über den Sachverhalt aufklären lassen, bevor ich aktiv wurde und war gespannt auf seinen Bericht.
Schon nach dem zweiten Klingelzeichen wurde am anderen Leitungsende energisch der Hörer abgenommen. „Brandmann“, schnarrte eine Stimme im Kommandoton schmerzhaft ins Telefon, „was wollen Sie?“
Es fiel mir schwer, höflich und ruhig zu bleiben, die Stimmlage und die befehlende Frage gefielen mir überhaupt nicht. „Grundler von der Anwaltskanzlei Dr. Dieter Schulz aus Aachen“, meldete ich mich bescheiden. „Spreche ich mit Eduard Brandmann?“
„Ja, natürlich. Mit wem denn sonst?“, kam es ungehalten zurück. „Sie haben schließlich meine Rufnummer gewählt.“
Der Kerl regte mich auf. Gerolstein, Kommandoton, morgens auf Anhieb erreichbar; mir kam eine Vermutung, die ich bei passender Gelegenheit äußern wollte. Aber zunächst bat ich Brandmann, mir die Situation rund um das Wohnhaus in Aachen zu schildern. „Dabei gehe ich einmal davon aus, dass es sich tatsächlich um Ihr Eigentum handelt.“
Für einen Moment schien es, als würde Brandmann implodieren.
„Davon können Sie unbesorgt ausgehen“, bellte er dann ohrenbetäubend, „meinen Sie etwa, ich hätte sonst Ihre Kanzlei beauftragt?“
Meine Antwort wartete er nicht ab.
„Da gibt es nicht viel zu schildern“, fuhr er schnell und bestimmend fort. „Vor drei Monaten habe ich die Bruchbude von einer zerstrittenen Erbengemeinschaft gekauft, nachdem die allein lebende Eigentümerin verstorben ist.“
Auch als passionierter Nicht-Aachener war ich entrüstet, wie Brandmann so emotionslos über das Schicksal eines der Häuser an der Monheimsallee reden konnte. Aber ich schwieg und hörte zu.
„Nachdem ich mehrere Interessenten für Eigentumswohnungen gefunden habe und die Finanzierung steht, möchte ich den Altbau möglichst schnell sanieren.“ Die unfreundliche Stimme wurde noch eine Spur kälter. „Deshalb müssen die nichtsnutzigen Studenten auf der Stelle raus. Dafür haben Sie zu sorgen, Herr Krundlach!“
„Grundler“, korrigierte ich ihn verärgert, „Tobias Grundler.“
„Von mir aus auch Grundler“, erwiderte Brandmann interesselos, „Hauptsache, Sie räumen mir gefälligst
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