Blut klebt am Karlspreis
Abwehr. Etwas fiel zu Boden. Ehe ich mich versehen konnte, hatte der Rehpinscher danach geschnappt. Nur Sekundenbruchteile später jaulte er auf und brach tot zusammen.
„Ich haben Ihnen doch gesagt, dass Sie verloren haben, Herr Müller. Selbst das Zyankali konnte Ihnen nicht helfen“, sagte ich müde. Ich konnte mich nicht einmal mehr über meinen Erfolg freuen. Ich hatte nur meine Pflicht getan, Franz Loogen einen letzten Dienst erwiesen.
Zwei Polizisten packten den Mann und legten ihm Handschellen an.
Rache für Jan
Das Dankschreiben des Bundeskanzlers legte ich ins Fach, in dem schon ein Orden des Polizeisportvereins Aachen und die Dauerkarte der Alemannia lagen. Sie waren ebenfalls nur Erinnerungen an kriminelle Geschehen.
Jetzt saß ich in meiner Wohnung am Schreibtisch und sortierte zum letzten Male die Notizzettel, die endlich alle einen Sinn ergaben. Einige fehlende Fakten hatte mir ungewollt Müller geliefert, der bei schleppenden Vernehmungen in den Niederlanden gelegentlich etwas ausgeplaudert hatte. Die Niederländer hatten Müller eingekerkert und ermittelten gegen ihn wegen des toten Rechten aus Kerkrade. Da mussten sich die deutschen Behörden noch einige Monate gedulden, ehe sie Müller vernehmen konnten.
Mehrere Stunden brauchte ich, um den Verlauf der Ereignisse zu rekonstruieren. Dann erst war ich in der Lage, vor dem Polizeipräsidenten und Böhnke zu referieren.
Nach meinen Erkenntnissen hatte eine Gruppe von Neonazis ein Attentat auf den Bundeskanzler während der Karlspreisverleihung geplant, das Attentat verschleiert und stattdessen ein Attentat auf den britischen Premier angekündigt. „Brandmann hat im Auftrag der Gruppe das Haus an der Monheimsallee gekauft, darin sollte Müller auftragsgemäß den Anschlag vorbereiten. Eine bessere Tarnung als eine Hausbesetzung konnte ihnen gar nicht passieren, zumal Müller geschickterweise mit in die Wohngemeinschaft einzog. In seinem Freund Jerusalem hatte er den richtigen Partner, der von außerhalb die Fäden zog, und im Reigen der Schläfer die geeigneten Handwerker für die Spielereien im Haus gefunden“, erläuterte ich den beiden Kriminalisten.
„Rechtzeitig zur Preisverleihung stand das Haus ja dank meiner Mithilfe zur Verfügung“, sagte ich ironisch. „Parallel zur Vorbereitung des Attentats wurde daran gearbeitet, die Konzentration der Öffentlichkeit auf das angedrohte Attentat auf den Premier zu lenken.“
Für mich war es ein Akt menschenverachtender Skrupellosigkeit, wie die Rechten einen der ihren opferten, um das Gerücht in die Welt zu setzen. „Müller wollte den Holländer, in dessen Wohnung wir den ersten Hinweis fanden, schon bei der Prügelei an der Grenze umbringen lassen“, behauptete ich.
Das habe nicht geklappt und bedauerlicherweise wegen des Übereifers der Polizei den unschuldigen Loogen ins Spiel gebracht. „Der Junge musste sterben, weil Müller und Jerusalem befürchteten, er könne etwas mitbekommen haben. Vielleicht hat er Müller an der Grenze erkannt, Jerusalem hat jedenfalls in der Kanzlei erfahren, dass gegen Loogen ermittelt wurde.“ Von Loogen sei es nur ein kleiner Schritt zu mir gewesen. Auch ich war ein potenzieller Gefahrenherd, weil ich mich in den Fall hineinkniete.
Währenddessen hat die IRA gemeinsam mit anderen Rechten die kleinen Gefälligkeiten ausgeübt. Wahrscheinlich gab es dafür Geld. Das waren Ablenkungsmanöver, in England ebenso wie in Düsseldorf, in Aachen, bei den Schüssen auf den Großherzog oder bei dem vermeintlichen Attentat in Teveren. Es war schon auffällig, dass niemand dabei zu Schaden kam. „Zu diesem Schluss bin ich am Himmelfahrtstag gekommen. Es war gar kein Attentat auf den Premier geplant, sondern auf die Nummer zwei in Deutschland, auf den Kanzler.“ Deshalb, so vermutete ich, musste auch Brandmann sterben. „Ich glaube, er war mit einem Attentat auf den Premier einverstanden. Als er dann in dem Haus erfuhr, dass der Kanzler Ziel des Anschlags sein sollte, wollte er wohl abspringen, vielleicht sogar das Verbrechen verhindern. Da haben ihn die rechten Handlanger kurz entschlossen abserviert.“
Ich beobachtete den Polizeipräsidenten und Böhnke, die bedächtig zuhörten. „Irgendwann im Vorfeld des Attentats müssen Müller und Jerusalem auch die drei Männer aus Würselen angesprochen und geweckt haben. Pusch hat das Gespräch wahrscheinlich mitbekommen und sich in den Augen von Müller verdächtig verhalten. Oder“,
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