Blut Licht
brüchiger Fassade drückte Darian zweimal kurz hintereinander auf die Hupe. Sogleich flog ein Stockwerk über uns ein Fenster auf und das Gesicht von Magdalena erschien. Sie winkte Darian zu und verschloss das Fenster. Dann öffnete sich die Haustür. Ein junges, blond bezopftes Mädchen mit Zahnspange in knallenger Jeans und sommerlich pinkfarbenem Top trat heraus und zog einen großen Koffer hinter sich her. Ihr folgte ein ebenfalls blonder Junge mit mürrischer Miene und einem verwaschenen Stofftier unter dem Arm. Wenig später erschien Magdalena, einen großen Koffer und eine prall gefüllte Reisetasche hinter sich her ziehend.
„Es freut mich, dass Sie sich zu diesem Schritt entschieden haben, Signora di Angelis“, grüßte Darian, öffnete den Kofferraum und lud das Gepäck ein.
Magdalena stieg zusammen mit ihren Kindern hinten ein und reichte mir über die Lehne hinweg ihre Hand. „Es ist schön, dass Sie uns zum Flughafen begleiten, Mrs. Knight. Und meinen herzlichen Dank dafür, dass Sie uns Ihren Privatjet zur Verfügung stellen. Wenn ich Ihnen meine Kinder, Rosanna und Antonio vorstellen darf? Sagt ’ Hallo’ zu Mr. und Mrs. Knight, Kinder.“
Ein genuschelt mürrisches „Hallo Mr. und Mrs. Knight“ klang mir entgegen, wobei mein Blick überrascht zu Darian glitt, der soeben auf den Fahrersitz rutschte und mir verschwörerisch zuzwinkerte. Also lächelte ich Magdalena im Rückspiegel zu. „Das ist doch selbstverständlich, nach allem, was Sie für uns getan haben.“
„Was nicht unbedingt sehr viel war“, ergänzte sie und klopfte bezeichnend gegen ihre kleine Handtasche. „Ich bin froh, dass Ihr Mann mir noch die Zeit einräumte, einige Unterlagen aus den Archiven zu holen.“
Sie hatte die Rolle bei sich? Erneut schnellte mein Blick zu Darian. War das nicht zu gewagt?
Nicht unter der Obhut von Donovan, erklang seine Erklärung in meinen Gedanken, während er laut äußerte: „Sowohl Ihre Sicherheit und die Ihrer Kinder, als auch die gewisser Unterlagen ist gewährleistet, Signora di Angelis. Mein Pilot wird Sie nach London fliegen, wo Sie ein Mitarbeiter von Knight International Consulting in Empfang nehmen wird. Sie werden neben drei neuen Pässen und Ihren Flugtickets nach Rio etwas Bargeld erhalten. In Brasilien wird ein weiterer Kontaktmann, dessen Namen Sie von meinem Londoner Mitarbeiter erfahren werden, Sie in ein gesichertes, firmeneigenes Haus bringen, wo Sie sich die nächsten Wochen aufhalten werden, bis die Gefahr vorüber ist.“
„Rio de Janeiro?“, echoten sie, ihre Tochter und ich gleichzeitig. Darian nickte und konzentrierte sich dabei weiter auf den Verkehr. „Genau. Mit den neuen Pässen können Sie dort eine Weile unerkannt untertauchen und sich für eine Mitarbeiterin meines Konzerns ausgeben. Hätten Sie ein anderes Ziel bevorzugt?“
„Brasilien. Geil! Und dann noch Rio“, platzte die Tochter schwärmerisch heraus und umklammerte bettelnd den Arm ihrer Mutter. „Da wollte ich schon immerhin. Bitte, Mama, bitte nach Rioja?“ „Wenn’s da nicht so heiß ist“, brummte der Sohn mürrisch. „Derzeit herrscht dort Winter“, erklärte Magdalena. „Die Temperaturen kommen momentan selten über fünfundzwanzig Grad.“ Junior schien fürs Erste beruhigt. „Na gut, dann halt Rio. Was soll’s.“ Magdalenas und meine Blicke begegneten einander im Rückspiegel und signalisierten das Gleiche: pure Erleichterung über das erklärte Einverständnis pubertärer Jugendlicher.
„Ich möchte Sie bitten, das Armband für eine Weile abzunehmen, Signora di Angelis“, meinte Darian nach einer Weile, warf der Angesprochenen im Rückspiegel einen bezeichnenden Blick zu und ergänzte: „Wir wurden durch die Armbänder entdeckt. Es weiterhin so offen zu tragen, macht jede Bemühung um ein sicheres Versteck hinfällig.“
Für einen Moment zögerte sie, betrachtete ihr Handgelenk und nickte schließlich. Ohne weiter zu überlegen, entnahm sie ihrer Handtasche einen Nagelknipser und durchtrennte das dünne Geflecht aus bunten Bändern. Anschließend landeten Armband und Nagelknipser zusammen in ihrer Tasche. Dann hob sie ihren Arm und seufzte wehmütig. ..Es ist schon merkwürdig, etwas ablegen zu müssen, was mich die meiste Zeit meines Lebens so eng begleitete. Aber Sie haben recht, Mr. Knight. Es weiterhin zu tragen ist zu gefährlich.“
Kurzfristig dachte auch ich darüber nach, es abzunehmen, entschied mich aber dagegen. Ich ahnte, dass ich es noch benötigten
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