Blut Licht
war nach einem Kaffee. Nach einem sehr starken Kaffee, und das nach Möglichkeit ebenfalls zusammen mit einigen Antworten.
Kapitel vier
K affee und Nachdenken passen nicht zusammen. Eines davon wird immer kalt. Selten sind es die Gedanken.
Ich wusste Lilianna bei Ernestine sicher und hatte mich daher für die Küche entschieden. Momentan war sie leer. Eileen turnte irgendwo durch das Haus und schwang das Staubtuch, Jason packte sicherlich noch die Koffer aus und verstaute die Kleidung. Steven hatte sich garantiert auf das Ohr gelegt und mein Vater betrauerte den Bentley, den er auf seinem letzten Weg zum Ausschlachten zu einer Werkstatt in London begleitete. Und Darian steckte vermutlich unter der Kapelle mit Thalion die Köpfe zusammen.
Ich war demnach allein in der Küche. Allein mit meinem inzwischen kalten Kaffee und einem Haufen an unbeantworteten Fragen. Verflixte Unwissenheit und noch dreimal verflixtere Unruhe. Seit ich heute Morgen meinen Fuß auf den Boden gestellt hatte, schien dieser wanken zu wollen. Nichts wirkte mehr so, wie es gestern noch gewesen war. Dennoch war diese Veränderung nur spürbar, aber nicht zu greifen. Noch nicht.
Grübelnd nahm ich einen Schluck Kaffee, verzog angewidert das Gesicht und schüttelte mich. Allerdings besaß ich genug Selbstbeherrschung, das Gebräu zu schlucken, statt auszuspucken. Weil die Kanne in der Maschine geleert und ich selbst zu faul gewesen war, frischen Kaffee aufzubrühen, hatte ich Gebrauch von Instantkaffee gemacht. Das rächte sich jetzt. Die kalte Brühe schmeckte einfach mörderisch. Um meinen Geschmackssinn nicht weiter zu strapazieren, goss ich den Rest in das Spülbecken und entschied mich, nach meinem Kind zu sehen.
Als ich die Tür zum gelben Salon öffnete, erblickte ich Ernestine, die mit besorgter Miene und einem dünnen, länglichen Stäbchen in der Hand mitten im Raum stand. Ihre Blicke huschten nervös über die Möbel, während der Stab in ihren Händen den Blickrichtungen folgte.
„Stimmt etwas nicht?“, erlaubte ich mir, sie zu Tode zu erschrecken.
„Oh Gott!“ Sie presste eine Hand an ihre Brust und sah mich gehetzt an. „Ich habe einen Moment nicht aufgepasst.“
„Und nun ist sie dir entwischt“, ergänzte ich ruhig, spürte mich um, wie Darian es mir geraten hatte und wies zum Sessel. „Orakele mit
dem Stöckchen mal dort hinüber, Ernestine.“ Dabei trat ich näher und beäugte das Gerät in ihrer Hand. „Was ist das für ein Teil?“ „Ein Biotensor“, klärte sie mich auf und hielt es in die angegebene Richtung. „Er funktioniert ähnlich wie eine Rute und zeigt Energiebewegungen an.“
Für einen Augenblick schien die kugelige Spitze des dünnen Stabes bewegungslos zum Sessel zu zeigen, dann begann es, auf und ab zu schwingen. Ernestine trat langsam näher zum Möbel und das Teil schwang stärker aus.
„Habe ich dich endlich, du Schlingel“, murmelte sie und streckte vorsichtig tastend eine Hand aus.
Meine Tochter brach ihr Versteckspiel ab und tauchte mit einem begeisterten Kichern neben dem Sessel auf. Das Stäbchen landete auf dem Tisch und mein Kind in Ernestines Armen. Pure Erleichterungtrat auf ihre angespannten Züge, als sie die Kleine an sich drückte. „Mach das nicht zu oft mit mir, junge Dame“, rügte Ernestine und sah mich dabei an. „Dein Mann hatte mich vorhin gewarnt, aber ich wollte nicht glauben, dass sie zu so etwas fähig ist. Ich weiß nicht, wie lange ich gesucht hätte, wenn du nicht gekommen wärst.“ „Spätestens, wenn du über einen Lufthuckel gestolpert wärst, hättest du sie entdeckt“, gab ich zurück und strich meiner Tochter über das Haar. „Sie hat diese Fähigkeit erst kürzlich entdeckt und wird uns damit ab heute mit Begeisterung in pure Panik versetzen.“
„Das wird das Babysitten nicht unbedingt erleichtern“, sinnierte Ernestine und zog nebenbei ihren Schal vom Hals. Ein Ende band sie an Liliannas rechtem Bein fest, das andere Ende an ihr rechtes Handgelenk. „So, selbst wenn du dich jetzt in Luft auflöst, werde ich dich finden. Dann wollen wir doch mal sehen, wie du die alte Frau nun erschrecken willst. Und du geh, und erledige, was du zu erledigen hast. Ich komme mit ihr schon klar.“
Ich musterte sie erstaunt. „Woher weißt du, was ich tun wollte? Hat dir das ebenfalls deine komische Wünschelrute verraten?“
„Das ist ein Biotensor und keine Wünschelrute“, klärte sie mich nochmals auf, diesmal etwas strenger. „Ein Tensor zeigt nur
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