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Blut Licht

Titel: Blut Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abrantes
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Steven ihm Gefahrlosigkeit gemeldet hatte. Obwohl die Situation riskant war und ich mit meiner Angst zu kämpfen hatte, fand ich es überaus interessant zu beobachten, wie reibungslos die Männer Hand in Hand arbeiten. Bei Jason und meinem Mann hatte ich nichts anderes erwartet. Sie verstanden einander wortlos und jeder wusste, was zu tun war. Steven stand ohne Zweifel mit Darian auf mentale Weise in Verbindung und sorgte so dafür, dass wir frühzeitig über alle Vorgänge vor uns informiert waren. Mein Bruder wiederum schien auf ähnliche Art mit Darian zu kommunizieren, denn er benötigte nicht einmal mehr einen kurzen Blick, um zu reagieren. Vermutlich wirkten unsere Vorgehensweisen für Außenstehende überaus mysteriös. Für uns war es das Normalste der Welt, denn uns lag nur daran, unsere Hinterteile aus den Schusslinien zu halten.
    Inzwischen hatten wir einige Blockaden neben ausgebrannten Gebäuden oder leeren Straßenkreuzungen passiert. Sie wirkten auf den ersten Blick verlassen. Jedoch nur auf den Ersten. Offensichtlich hatte Steven hier seine dringend benötigten Spender gefunden, wie sich nämlich auf den zweiten Blick auf leblos hinter der Blockade vorlugende Beine vermuten ließ. Auf diese Weise gelangten wir zumindest, neben Jasons Gewehr, in den zusätzlichen Besitz von zwei russischen Kalaschnikows inklusive Magazinen und Ersatzmunition. Habe ich erwähnt, dass ich Schusswaffen nicht mag?
    Wiederholt gelangten wir an Absperrungen, die von mehr als einem Mann bewacht wurden. Dort begannen Darian und Kahina zur Ablenkung ein energiegeladenes Gespräch auf Arabisch. Sie gestikulierten wild und verwickelten für einen kurzen Moment die schwer bewaffneten Männer in ihr Gespräch, die mitten in der Nacht hinter aufgetürmten Sandsäcken oder zerstörten Häuserwänden lauerten. Dabei schleusten sie uns unter den argwöhnischen Augen der Männer hindurch. Ich konnte nicht zuordnen, ob es sich bei ihnen um Sympathisanten des am 30. Dezember 2006 durch Erhängen hingerichteten Diktators Saddam Hussein handelte oder sie der einheimischen Rebellenmiliz angehörten. Ihnen stand die Gesinnung nicht auf der Stirn geschrieben, daher war Vorsicht angebracht. Ehrlich gestanden wollte ich das auch nicht herausfinden. Folglich senkte ich den Blick, machte mich noch etwas kleiner und wackelte an ihnen vorüber.
    Mindestens fünf Mal hatten wir eine solche Kontrolle passiert, waren von einigen Spähtrupps in Jeeps überholt worden, die sich allerdings nicht für uns interessierten. Ein Glück! Schließlich waren wir mehrmals abgebogen und hatten trotz der Warnung, solche Gegenden zu meiden, enge Schluchten kriegsbeschädigter Häuser durchquert, so dass meine Orientierung inzwischen völlig versagte. Abkürzungen? Möglich, aber verflixt riskant.
    Auf unangenehme Weise wurde mir schlagartig bewusst, dass ich allein in dieser Stadt komplett verloren war. Instinktiv suchte ich nach Kahinas Hand und hielt sie von diesem Moment an fest umklammert. Sie gönnte mir lediglich einen kurzen Blick und ein verstehendes Lächeln. Dann wies sie Darian an, die nächste Abzweigung zu nehmen.
    Allmählich hatte ich das Gefühl, seit Stunden unterwegs zu sein. Meine Beine spürte ich nicht mehr, mein Rücken schien gleich durchbrechen zu wollen und der Tschador verursachte weiterhin dieses unsägliche Jucken. Ich musste an mich halten, mich nicht ständig zu kratzen. Meine Haut war garantiert schon gerötet, wenn nicht sogar aufgescheuert. Obendrein hatte ich mir eine Blase an der rechten Hacke gelaufen und durfte nun humpeln. Willkommen im Irak. Hurra.
    Um mein Glück zu komplettieren, machte ich am Himmel in einem dünnen Streifen die ersten Vorboten des nahenden Tages aus. Zwangsläufig sorgte ich mich um Steven. Noch war genug Schatten vorhanden, doch für wie lange noch? Insbesondere, da wir nun den letzten Block der Wohnsiedlung erreicht zu haben schienen und sich vor uns eine weite Strecke hügeliger, unbebauter Landschaft erstreckte. Oh, nein, falsch. Bei näherem Hinsehen erkannte ich, dass hier einstmals Gebäude gestanden haben mussten, denn einige Grundmauern nebst kleineren Geröllbergen waren noch vorhanden. Doch der Rest war verschwunden. Wohin?
    „Hier stand mal die Nobelhütte eines Regimegetreuen“, erklärte Kahina ohne meine direkte Nachfrage. „Nachdem der Krieg ausbrach, haben die Rebellen die Hütte in Schutt und Asche verwandelt. Die Steine dienten danach den Leuten hier als Material zum Ausbessern ihrer

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