Blut Licht
Augen auf und murmelte etwas Unverständliches.
Ich blinzelte sie irritiert an. Entschuldige, aber das war alles echt und hatte kaum etwas mit den angeblichen Wundem der modern Kosmetik zu tun.
„Sie hat mir damals nicht geglaubt, und sie kann es auch jetzt noch nicht, Faye. Es befremdet sie, dass dir die Zeit nichts anzuhaben scheint“, dolmetschte Kahina, zog nun ein Kissen zu sich und setzte sich im Schneidersitz vor uns auf den Boden. Dabei tätschelte sie ihrer Großmutter die Hand, wobei sie leise auf sie einsprach. Mehrmals schüttelte Shekinah fassungslos den Kopf und warf mir argwöhnische Blicke zu.
„Wie viele Jahre sind denn für sie seit unserem Treffen vergangen?“, fragte ich unbehaglich.
Kahina übersetzte, erhielt eine knappe Antwort und sah mich wieder an. „Sechsundfünfzig Jahre.“
Wie bitte? Mir fielen fast die Augen aus dem Kopf. Kein Wunder, dass sie Schwierigkeiten hatte, das alles zu verstehen. Ich hatte die ja selbst. Wir musterten einander schweigend, als hofften wir auf ein gegenseitiges Erkennen außerhalb der optischen Eindrücke. Ganz allmählich wurde mir die Situation unangenehm. Obendrein wurde ich wieder müde und versuchte mehrfach, mein Gähnen zu unterdrücken. Konnten wir das nicht alles später besprechen? In ein paar Stunden, wenn ich ausgeschlafen war und meine Gliedmaßen wieder eingerenkt hatte?
Manchmal hat das himmlische Führungskommando doch tatsächlich ein Einsehen. Denn für eine willkommene Unterbrechung sorgte das Eintreten der Männer. Darian ging voran, ihm folgten Jason und mein Bruder. Das Schlusslicht bildete der Lampenträger mit dem jungen Eselhirten, die jedoch gleich durch die, der Haustür gegenüberliegende Tür entschwanden. Erwartungsvoll spähte ich zur Terrasse hinüber. Wo war Steven abgeblieben?
Jäh rumpelte es dumpf und die Tür wackelte im Rahmen. Dann vernahm ich ein rhythmisches Poltern, als würde jemand gezielt Stufe für Stufe die Terrasse hinunterfallen, gepaart mit einem ruppigen Fluch. Ah, ja. Die Frage nach Steven hatte sich soeben selbst beantwortet.
Zeitgleich sprangen wir auf. Ich mit erwartungsvoller Miene, Shekinah sichtlich geschockt und Kahina irgendwie erheitert.
„Du solltest sie über Steven aufklären, Kahina“, meinte Darian ruhig und stellte den Gepäcksack auf dem Teppich ab. „Oder ist es dir lieber, wenn ich das übernehme?“
„Verflucht noch mal! Ich hasse das“, klang es grimmig von draußen und Stevens empörtes Gesicht erschien hinter einem der beiden Fenster. Dabei winkte er uns hektisch zu. „Kann jemand dem knittrigen Fossil vielleicht mal erklären, dass ich zu euch gehöre? Oh Schei-ße!“ Seine Augen wurden kugelrund und er wich alarmiert vom Fenster zurück.
Mein Blick flog zu Shekinah. Als ich die antike Armbrust in ihren Händen ausmachte, in die sie mit zittrigen Fingern einen Bolzen einzulegen versuchte, stockte mir vor Schreck der Atem. Wo kam die denn auf einmal her? Hatte die unter einem der Kissen gelegen? Kahina selbst schien kaum überrascht, versuchte jedoch, ihrer Großmutter die Armbrust abzunehmen. Diese aber entwickelte für ihr Alter eine verblüffende Kraft und Schnelligkeit und schob ihre Enkelin energisch beiseite. Allerdings war sie nicht schnell genug für meinen Mann.
Ich hatte ihn nicht kommen sehen, ebenso wenig die beiden Frauen. Ein kaum mit dem bloßen Auge erkennbarer Schatten schoss an uns vorüber, dann war die Waffe aus Shekinahs Händen verschwunden und tauchte eine Sekunde später in Darians Gewahrsam wieder auf. „Entschuldige bitte, das konnte ich nicht zulassen“, meinte er salopp. Er ließ die Armbrust achtlos fallen und trat diesmal sehr langsam auf die alte Frau zu, die ihn verblüfft anstarrte. Wenige Zentimeter vor ihr blieb er stehen und blickte ruhig auf sie nieder. Sie wich keinen Millimeter zurück, als er wortlos seine Hände an ihre Schläfen legte und sich sein ruhiger Blick in ihren senkte.
Wie in Trance verharrten sie eine Weile in dieser Haltung und Kahina begann bereits nervös, an meinem Ärmel zu zupfen. Da ließ mein Mann seine Hände sinken und brach den Blickkontakt ab. Die alte Frau erzitterte leicht. Darian umfasste unterstützend ihre Schultern. Abwehrend schüttelte sie ihr Haupt, schob seine Hände beiseite und zog den Umhang instinktiv fester um sich. Dann sah sie erneut zu ihm auf und nickte benommen. „Khonkhare mitone Biad too. Fahmidam .“
„Du kannst reinkommen, Blutsauger. Sie erlaubt es“, übersetzte Kahina
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