Blut Licht
mich erinnern kann, nein. Was allerdings nicht viel aussagt, denn ich war nur ein oder zweimal in diesem Tempel, bevor er zu einer Moschee umgebaut wurde. Mir ist auch nicht bekannt, dass die Gebäude in der damaligen Zeit unterkellert waren. Einige besaßen eine Art Grube, zum Kühlen von Lebensmitteln, aber ein Tempel hatte das weniger.“ Mein Mann kratzte sich nachdenklich am Kinn und das Schaben seiner Finger über dem Dreitagebart verpasste mir eine unangenehme Gänsehaut. „Wenn es aber einen Keller gab oder sogar noch einen gibt, kann er auch gefunden werden. Obwohl ich kaum glaube, dass wir die Lösung genau hier finden werden, denn es sieht nicht danach aus, als wäre jemand in der letzten Zeit hier gewesen. Wir würden sonst Spuren sehen, die von Anwärtern hinterlassen worden wären, hätten sie hier nachgesehen.“
„Und wenn dieser Jemand den Boden gar nicht betreten hätte und gleich im Keller gelandet wäre?“, gab Jason zu bedenken, hockte sich nieder und wischte mit einer Hand den Sand fort.
„Du denkst an den Wraith“, grübelte Darian weiter, sah sich aufmerksam um und stampfte mehrfach prüfend mit dem Fuß kräftig auf den Boden. „Wahrscheinlich ist das sogar die einzige Möglichkeit für einen Vampir, dem das Betreten heiligen Bodens nicht gut bekommt. Er würde nicht darauf, sondern darunter stehen.“
Jason nickte. „Es wäre zumindest ein Ansatz.“
„Ein sehr guter obendrein.“ Umgehend kniete er sich zu Jason und gemeinsam befreiten sie eine große Fläche vom Sand der vergangenen Jahre.
Unterdessen nahm ich wiederholt den Granitblock in Augenschein. Er war massiv und verflucht schwer. Ich konnte den Klotz nicht einen Millimeter weit verschieben, selbst wenn ich mich mit aller Kraft dagegen stemmte. Stattdessen rutschten meine Sohlen auf dem sandigen Untergrund weg und ich bekam dadurch einen starken Neigungswinkel, der kurz darauf zwangsläufig in einer Geraden enden musste - mit dem Gesicht voran im Sand. Ich sah den Fuß des Blocks erbost an, stutzte und wischte dann die Sandschicht hektisch beiseite.
Alle Achtung. Wer rechnete mit so was? Eine kleine Schräge war über die komplette Breite des Fußes gearbeitet worden. Ich rappelte mich auf und betrachtete den Brocken an der gegenüberliegenden Seite. Hier war es genau das Gleiche.
Eilig fächerte ich den Sand aus den Furchen und zog selbige sogleich in meine Stirn. Nachdem sie vom Sand befreit worden waren, zeigten sich überaus deutlich zwei geradlinige Spurrillen. Also hatte ich richtig vermutet. Wenn mich nicht alles täuschte, müssten diese Rillen wie Schienen betrachtet werden. Aber wer immer diesen Klotz bewegt hatte, es musste ein halber Herkules gewesen sein.
Während ich weiterhin damit beschäftigt war, Spurrillen, Granitbrocken und menschliche Kraftanstrengung in eine logische Verbindung zu bringen, hörte ich Jason erstaunt ausrufen: „Das gibt es doch nicht.“
Ich hielt in meinen Beflissenheiten inne, blickte auf und sah, wie Darian seine Feldflasche vom Gürtel nahm und den Verschluss öffnete. Er goss etwas Wasser auf den Boden. Zu meiner Verblüffung lief es langsam auf den Granitblock zu, um ihn herum und sammelte sich dann in den Rillen. Zugleich versickerte ein Großteil unter dem Block. Es musste also einen Zugang unter diesem Block geben.
Derweil nahm Darian Jasons Feldflasche und füllte deren Inhalt direkt in die Rillen. Meine folgte, und erst mit ihrer Entleerung hatte sich ein leichter Wasserfilm über den Furchen ausgebreitet. Das war unglaublich - und dabei so einfach. Durch das Wasser erfolgte ein leichteres Gleiten.
„Aquaplaning!“, platzten Jason und ich synchron heraus.
„Ein annäherndes Prinzip. Vormals wurde sicherlich Öl benutzt“, murmelte Darian, trat an den Block heran und drückte sich mit aller Kraft dagegen. Der Block ruckelte leicht, bewegte sich aber nicht weiter. Mein Mann ächzte leise, nahm etwas Anlauf und warf sich mit der Schulter dagegen. Plötzlich erklang ein Knirschen, gepaart mit einem verkniffenen Schmerzlaut. Dann endlich setzte sich der schwere Bocken Millimeter für Millimeter in Bewegung. Nach einigen Zentimetern ließ sich der Granit jedoch kinderleicht schieben.
Mein Mann grinste breit. „Unter dem Block sind Kugeln, die in der
Führung laufen, ähnlich einem Kugellager. Für die damalige Zeit war das eine technische Meisterleistung.“
Wie die Schatzsucher im Angesicht der sicheren Beute sahen wir einander an. Dann gab Darian dem
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