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Blut Licht

Titel: Blut Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abrantes
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konnte. Verblüfft starrte ich das Telefon an, schüttelte den Kopf und reichte es Dad mit den Worten: „Sie kommt tatsächlich.“
    Da ss es mitten in der Hochsaison und obendrein bei regnerischem Wetter eine Warteschlange am Eingang des Museums geben würde, war zu erwarten gewesen. Dennoch schockte mich die Länge der wie bunte Glasperlen aneinandergereihten Regenschirme. Fast eine halbe Meile war sie lang. Wie lange sollten wir warten? Bis der Laden schloss?
    Mir war klar, dass wir auf regulärem Weg nicht ohne Wartezeit in das Gebäude kommen würden, daher zog ich es vor, genau die Form von Manipulationstechnik anzuwenden, die mir selbst zuwider war. Ich legte einer älteren Frau ziemlich weit vom in der Reihe meine Hand auf den Arm, lächelte sie unschuldig an und erhielt umgehend die Einladung, mich doch vor sie einreihen zu dürfen. Natürlich nahm ich ihr Angebot an, schubste meinen Bruder vor und benötigte schlappe fünf Minuten, bis wir den Eingang erreicht hatten.
    Nun kam der zweite und zugleich schwierigste Teil. Umgehend setzte ich eine arrogante Miene auf, zückte meinen Presseausweis und wedelte damit vor der Glasscheibe des Kartenverkäufers herum. Ich gab meiner Stimme einen näselnd zickigen Klang und starrte den Ärmsten vor mir regelrecht in den Boden: „Junger Mann, es ist eine bodenlose Unverfrorenheit, mir den direkten Zugang zu verwehren und mich in die Warteschlange zu verbannen, obwohl ich wegen der für das Museum überaus wichtigen Reportage einen Termin mit Signor ... Signor“ Ich stockte bewusst, schnippte mit den Fingern und räusperte mich laut. Sogleich fuchtelte mein Bruder in seiner Hemdtasche herum, murmelte etwas Undeutliches und suchte hektisch in seiner Hosentasche weiter. Inzwischen ließ ich meine Fußspitze ein deutlich nervöses Trommeln auf den Steinboden übertragen und betrachtete meinen Begleiter von oben herab. „Diesem Herrn vom Archiv, Signor... Herr Gott! Würdest du bitte endlich das Anschreiben finden, welches ich dir gegeben habe, du hirnloser Linsenverdreher?“
    „Ich habe es gleich, Mrs. McNamara“, erwiderte mein Bruder bemüht untertänig, kramte indes in der Kameratasche herum und schaffte es sogar, leicht erhitzt zu wirken.
    „Signor Marino?“, meinte nun der Kartenverkäufer durch den Sprachfilter seines Glashäuschens meinem gebeutelten Bruder beistehen zu müssen und griff nebenbei zu einem Telefonhörer. „Genau!“ Abermals schnippte ich mit den Fingern. „Signor Marino, das ist der Name. Wenn Sie die Güte hätten, ihn zu informieren, dass wir nun endlich in der Lage sind, dieses Gebäude zu betreten, wäre ich Ihnen überaus verbunden. Die Behandlung meiner Person und somit der Presse ist unter aller -“
    Das Betätigen eines Summers und das gleichzeitige Aufschwingen einer Seitentür beendeten meine Ausführungen. Ich warf den Kopf in den Nacken, nickte dem jungen Mann erhaben zu und stolzierte mei nen Bruder voran durch die Tür hinein in das Gebäude.
    Inmitten der großen Halle orientierten wir uns. Diverse Besucher eilten an uns vorbei, wählten die Gänge oder Treppen, um in jene Abteilungen zu gelangen, denen ihr vorrangiges Interesse galt. Einige jedoch wirkten ein wenig ziellos und schlenderten auf die An zeigentafel zu. Unter ihnen machte ich auch Kahina aus, die in unse rer unmittelbaren Nähe stand und scheinbar interessiert die Tafel stu dierte. Dann entdeckte ich Darian wenige Meter hinter ihr und die Frage, wie sie vor uns unbemerkt in das Gebäude gelangt war, hatte ich damit erübrigt. Ich stieß Alistair an und wies versteckt auf die beiden. Er nickte mir kaum merklich zu und entnahm dabei die Kamera aus der Tasche.
    Da eilte eine junge, blonde Frau in einem weinroten knielangen Rock mit passender Rüschenbluse direkt auf uns zu. Die Absätze ihrer Stöckelschuhe klapperten über den Boden und ihre Miene wirkte so angespannt, wie ihre Schrittgeschwindigkeit vermuten ließ. „Scusi, Signora. Sind Sie die Herrschaften von der Presse?“
    „Faye McNamara, vom National Geographie aus London. Und das ist mein Kollege für die Aufnahmen“, entgegnete ich schnippisch und ließ meinen abgelaufenen Ausweis noch einmal vor ihr aufblitzen. „Wir haben einen Termin mit Signor Marino. Wo ist er? Dass Sie es nicht sein können, steht wohl außer Frage. Darf ich davon ausgehen, dass Sie meine Nachricht nicht erhalten haben?“
    „Meine Güte, Schwesterlein, du kannst ja richtig ekelig sein“, raunte Alistair mir neckend zu.

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