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Blut Schatten

Titel: Blut Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abrantes
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eigentlich, dassa 'n Loch inna Wand is'?«
    Schniefend sah ich auf und wischte mir mit dem Ärmel über die Augen.
    Als ich keine weitere Reaktion zeigte, schwankte mein Bruder in den Raum bis direkt vor das Sofa. Ein nach Whiskey und Öl riechender Dunstschleier hüllte mich ein. Dann ging er schwerfällig vor mir auf die Knie, streckte seine Hand aus und tätschelte mir den Kopf. »Brauchsu nich' weinen. Machich wieder heile.« Sein Tätscheln hielt an, während er sich im Schein der Taschenlampe umsah. »Wo issn Darian? Müsste längs' wieder unnen sein. Wollich holen komm'n.«
    »Weg«, brachte ich erstickt hervor, und weitere Tränen schossen mir in die Augen.
    Ali stair schien leicht ernüchtert, denn er schüttelte sich kurz und sah mich dann ein wenig klarer an. »Wie weg? Pinkeln? Oder meinsu Kippen kaufn ohne Wiederkomm'n?«
    Ich nickte schwach und schrak zusammen, als er abrupt aufsprang und die Fäuste ballte. »Verdammt! Hatta kalte Füße gekriegt, der Wicht, un' lässdich hier sitz'n. Den kaufich mir.«
    Das brachte mich nun hoch. Ich warf die Decke beiseite, sprang ebenfalls auf und stellte mich meinem Bruder in den Weg. »Nein, nicht. Er ist nicht schuld, Alistair. Ich habe ihn sehr verletzt, deswegen ist er weg.«
    »Du hast ...?« Er hielt ungläubig inne, kicherte und nickte dann kräftig, während er mit dem Finger in der Luft herumfuchtelte. »Na klar. Du has'n aus'm Hemd geschubst, die Weichflöte. Sicher doch. Mal eben so. Unda rennta weg. Logo.« Lachend tippte er sich gegen die Schläfe. »Glaubich nich'. Aber das Loch inner Wand machich wieder heile. Morgen oder so.«
    Herrgott! Inzwischen hatte ich ihn bei den Schultern gepackt. Meine Traurigkeit war wie weggeblasen, war aufrichtigem Ärger gewichen. Ärger darüber, nicht ernst genommen zu werden, mich mit einem angetrunkenen, schwankenden Holzkopf abgeben zu müssen, den ein dussliges Loch in irgendeiner dämlichen Wand mehr interessierte als der Herzschmerz seiner Schwester – die todunglücklich und untätig ihrer Heularie frönte, statt etwas zu unternehmen.
    Er bekam diesen Groll zu spüren, indem ich ihn kräftig schüttelte. »Dein blödes Loch ist mir egal, Alistair. Darian ist gegangen, weil ich unfair war. Aber vermutlich kapierst du das in deinem umnebelten Hirn sowieso nicht, so betrunken wie du bist. Also geh wieder runter und schütte dich weiter zu. Reparier von mir aus diese bescheuerte Wand. Ich werde jetzt Darian suchen und mich entschuldigen.«
    »Du meins' das jetz' voll ernst, hm?«, murmelte mein schwankender Bruder, und ich nickte. Da schob er meine Hände von seinen Schultern, schüttelte sich abermals und kniff die Augen zusammen. »Na gut. Ich brauch'n Kaffee, 'ne Dusche un' muss diesen Mist aussa Blutbahn krieg'n. Dann gehnwa zusamm' los. Nö, nix da, kleine Schwester, brauchsu garnich' so zu guck'n. Ich komm mit, hab für so was 'n Näschen.« Er tippte sich an die Nase, grinste mich gewinnend an und hob dann einen Arm, um an sich zu schnüffeln. »Boah, ich stinke. Warum sagst'n mir das nich'?«
    »Hättest du mir denn zugehört?«, fuhr ich ihn verzweifelt an. »Was habt ihr überhaupt gemacht?«
    Erneut kicherte er leise. »Wir ham's Ende seiner Freiheit un' die Cobra begoss'n. Inna Werkstatt. Bin gleich wieder da. Un' nich' weglauf'n.«
    Ich wartete brav, bis ich ihn laut die Stufen hinunterlaufen hörte. Dann ergriff ich die Lampe und eilte in den abgetrennten Bereich. Das Schlafshirt flog aufs Bett, ich schlüpfte in Windeseile in meine Kleidung. Anschließend fasste ich unter die Felle.
    Ich tastete. Und ich tastete intensiver. Ich tastete hektisch weiter, mein Blutdruck erhöhte sich. Suchte fieberhaft, nahm die Lampe in den Mund und riss schließlich die Decken beiseite. Nichts. Mein Herz setzte kurz aus, klopfte unregelmäßig, begann nun zu rasen. Mir wurde übel, Panik stieg in mir auf. Die Lampe fiel aufs Bett. Nein, bitte nicht! Ich drehte mich um, durchsuchte aufgeregt jede Ecke und Nische dieses Raums, aber meine schmale Kiste mit den Rosen und den Federn blieb verschwunden. Sie war einfach nicht zu finden.
    Bestürzt sank ich auf die Decken und rang um Fassung. Darian hatte sein Fortgehen geplant. Es konnte nur so sein. Aber wann? Spontan oder von langer Hand? Wieso dann aber die ganze Nummer mit der Hochzeitsvorbereitung? Das ergab keinen Sinn. Eins aber war klar: Er wollte nicht gefunden werden. Er hatte dafür gesorgt, dass ich ihm nicht folgen konnte, indem er die Kiste verschwinden ließ.

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