Blut Schatten
Rauschen von Wasser. Ich blieb verwundert stehen. Ein Einbrecher auf der Toilette? Die Wahrscheinlichkeit war sehr gering, zumal Dad und Darian die Toilette auf dieser Etage erst gestern fertiggestellt hatten. Andererseits war nichts unmöglich. Mit gezücktem Dolch sprintete ich voran und riss die Tür auf.
Er fuhr herum. Das Erste, was mir ins Auge stach, war tiefes Rot. Frisches Blut, das von seinen Händen auf den Boden tropfte; das über seine Unterarme lief und die Ärmel seines hellen Hemdes einfärbte. Und das sich als riesige Lache auf seiner Brust abzeichnete, den oberen Bereich seiner Jeans dunkel färbte und als Striemen und Spritzer sein Gesicht und sein blondes Haar überzog. Geschockt entglitt mir der Dolch und fiel mit einem dumpfen Laut auf den Boden.
»Ein Blutbad sollte für den Moment reichen, Faye«, meinte Darian mit einem kurzen Blick auf die Waffe und sah mich dann ruhig an. »Ich habe dich geweckt, entschuldige bitte.«
»Du? ... Nein. Ich war wach. Was ist passiert, zum Teufel?« Die Bilder meines Traums stiegen erneut in mir auf, und ließen angesichts seines Erscheinungsbildes zusätzlich Furcht und Zweifel aufkeimen.
»Eine riesige Sauerei, nicht wahr, Liebes? Aber es sieht schlimmer aus, als es ist. Mir ist eine Konserve geplatzt.« Er lächelte mich leichthin an und wandte sich zum Waschbecken um, zog sich das Hemd über den Kopf und ließ es achtlos fallen. »Die Qualität ist in England um einiges besser, wie mir scheint.«
Eine Konserve war geplatzt? Es klang unglaubwürdig. Darian sah aus, als käme er direkt aus einer Schlacht. Entweder mit einer geplatzten Konserve oder mit einem anderen Gegner. Mein Herz wollte an die Konserve glauben, mein Verstand vermutete etwas anderes. Etwas, das irgendwo draußen neben einer Tonne lag und die Größe einer recht stattlichen Ratte hatte.
Mich schauderte, und mühsam wandte ich meinen Blick von Darian ab, hob die Waffe auf und verließ das Bad. Ich legte den Dolch zurück, schaltete die Taschenlampe aus und ließ mich auf der Kante des Sofas nieder. An Schlaf war nicht mehr zu denken. Nicht nach dieser Entdeckung. Ob sie nun auf zu viel Fantasie meinerseits zurückzuführen war oder der Realität entsprach, war nebensächlich. Meine Zweifel waren geweckt und ließen sich nicht verdrängen.
Ich hätte in die Küche gehen und nachsehen können. Ich hätte meinen Zweifeln dadurch weitere Nahrung geben oder sie entkräften können, indem ich eine defekte Tüte im Mülleimer fände. Ich würde mich allerdings auch vollständig zum Idioten machen, wenn ich die Worte des Mannes in Zweifel zog, den ich in wenigen Stunden heiraten wollte. Eine solche Verbindung sollte auf gegenseitigem Vertrauen beruhen, sonst war das Fundament von Anfang an wacklig und alles würde beim kleinsten Windhauch wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen. Und ich hatte nicht das geringste Interesse daran, Löcher in dieses Fundament zu bohren.
Ohne es bemerkt zu haben, war ich aufgestanden und zur Tür gegangen. Es fiel mir erst auf, als Darian unbekleidet und mit seiner abgelegten Kleidung in der Hand vor mir stand und mich fragend ansah. Ich trat beiseite, um ihn einzulassen, doch er bewegte sich nicht, sondern blickte mich weiterhin an.
Es verstrichen endlose Sekunden, bis er schließlich das Wort ergriff: »Wir können jetzt hier stehen und uns anstarren, bis du zu Staub zerfällst, oder du erweist mir den Gefallen und sprichst aus, was dich beschäftigt. Denn obwohl ich für grippale Infekte nicht anfällig bin, weiß ich doch, wie sich Kälte anfühlt.«
Ich senkte ertappt den Blick. »Das viele Blut hat mich erschreckt.«
Er nickte knapp. »Das dachte ich mir. Jetzt bitte die ganze Wahrheit, Faye.«
»Vielleicht solltest du dir etwas anziehen«, versuchte ich es vage, doch Darian schüttelte den Kopf. »Nein, denn wenn ich dich jetzt loslasse, wirst du das Wegrennen erst richtig erlernen. Keine Ausflüchte mehr. Ich bin deiner Ängste bezüglich meiner Person wirklich überdrüssig und habe keine Lust mehr, mich ständig erklären zu müssen. Sprich endlich aus, was in dir vorgeht, damit wir es aus der Welt schaffen können.«
»Also gut.« Ich seufzte. »Du hast recht, dass mir einige Geschehnisse merkwürdig vorkommen. Der Tod der Obdachlosen. Du wolltest mich von ihr fernhalten. Leugne es nicht, denn es war offensichtlich. Nun ist sie tot, und es ist dir anscheinend völlig egal, wenn nicht sogar sehr angenehm. Dann beobachte ich heute Nacht einen
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