Blut Schatten

geschwollen an. Fragmente wildester Träumereien hingen noch wie abgerissene Erinnerungen in meinem Kopf, ließen sich jedoch nicht zu einem gemeinsamen Bild zusammenfügen. Es war, als seien kleine Stücke aus einzelnen Seiten einer Zeitung herausgerissen und vor mich hingeworfen worden. Zusätzlich hielt mich etwas Schweres an Ort und Stelle fest, umklammerte mich im oberen Bereich meines Körpers wie eine Zange, und schloss auch meine Beine ein. Ich konnte mich kaum bewegen. Es war anstrengend, die Augen zu öffnen, und die einfallende Helligkeit sorgte zusätzlich dafür, dass ich sie sehr schnell wieder schloss.
    Mit erzwungener Ruhe blieb ich liegen und ließ meine Sinne die Umgebung abtasten, fühlte zusätzlich mit meinen Händen sehr vorsichtig um mich. Da war etwas Warmes, Festes. Es umspannte mich, hielt mich. Ein Arm? War Darian zurück?
    Ich versuchte mich aufzurichten; der Ruck an meinen Haaren hielt mich zurück.
    »Kannst du nicht einmal ruhig liegen bleiben«, murmelte es da verschlafen hinter mir.
    Diesmal bekam ich die Augen auf. Es riss abermals an meinen Haaren, als ich herumwirbelte. Mein Ellenbogen traf auf etwas Hartes und löste damit sofort einen Schmerzenslaut und wüste Flüche aus.
    »Oh Gott! Entschuldige. Das wollte ich nicht.« Hilflos sah ich meinen Bruder an, der seine Hände schützend auf sein Gesicht presste und jaulende Laute von sich gab.
    »Diesmal war es meine Nase«, klang es vorwurfsvoll gedämpft mit einem entsprechenden Blick. »Willst du mich etwa umbringen?«
    »Niemals. Es tut mir leid. Brauchst du ein Taschentuch?« Ich suchte nach einem, erwischte ein schwarzes T-Shirt und hielt dann mitten in der Bewegung inne. Sehr langsam drehe ich mich zu Alistair um. »Was machst du hier überhaupt?«
    »Dich schützen, du Nuss?«
    Das Shirt landete wieder auf dem Boden, und meine komplette Aufmerksamkeit richtete sich auf meinen Bruder. »Wovor?«
    Er nahm die Hände vom Gesicht, befühlte kurz seine Nase und sah mich dann verstimmt an. »Nachdem du fast im Sitzen eingeschlafen bist, habe ich dich ins Bett gepackt. Ich war kaum raus, da hast du angefangen zu weinen. Also bin ich zurück, wollte nachsehen und fand dich sitzend vor. Du hattest die Augen weit offen, hast nicht auf meine Worte reagiert und fingst plötzlich an, um dich zu schlagen. Mir blieb nichts anderes übrig, als dich festzuhalten, weil du sonst aus dem Bett gerollt wärst. Verdammt noch mal, du hast vielleicht Kraft. Zum Dank dafür brichst du mir dann zusätzlich noch fast die Nase. Wen hast du im Traum eigentlich am Wickel gehabt?«
    »Frag mich etwas Leichteres, Alistair. Das mit deiner Nase ... Moment mal. Wieso zusätzlich!«
    Als er ohne Worte sein Hemd anhob und ich die bläulich schillernden Blutergüsse auf seinem Körper entdeckte, die sich nicht unbedingt harmonisch in das Gesamtbild seiner Tattoos einfügten, zuckte ich schuldbewusst zusammen. »War ich das?«
    Alistair nickte schwach und ließ das Hemd wieder sinken. »Unter anderem. Du hast mich mehrfach mit den Füßen am Oberschenkel erwischt. Deswegen musste ich dich festhalten, bevor du mir die Kronjuwelen zu Brei ... Na, du weißt schon.«
    Abermals murmelte ich verschämt eine Entschuldigung. So etwas war mir noch nie passiert, sonst hätte Darian mir davon erzählt. Mehr noch wunderte mich, dass ich kaum Erinnerungen daran hatte. Normalerweise behielt ich solche intensiven Träume doch im Gedächtnis.
    »Wie spät ist es?«, fragte ich zur Ablenkung. Ich wollte zumindest das wissen, wenn ich schon nicht an andere Informationen gelangte.
    »Fast zwei Uhr mittags«, erwiderte Alistair mit Blick auf die Uhr neben dem Bett. »Ich kann aber nicht behaupten, lange geschlafen zu haben.«
    Während ich die Decke beiseite warf und aufstand, verkniff ich mir eine weitere Entschuldigung. Ich torkelte leicht, suchte nach Halt und fand ihn in der festen Umarmung meines Bruders.
    »Du solltest im Bett bleiben, Faye. Wenn du möchtest, hole ich dir einen Kaffee, damit dein Kreislauf erst mal in Schwung kommt.«
    »Geht schon, Alistair. Ich muss Jason sprechen. Vielleicht hat er etwas von Darian -«
    »Jason war vor gut zwei Stunden hier«, unterbrach er meine Frage und drückte mich zugleich aufs Bett. »Steven ist zurück und hat berichtet, dass Darian eine Spur gefunden hat, die er weiter verfolgen wird. Allerdings hat er nicht gesagt, um was für eine es sich handelt. Außerdem bat Jason mich, dir auszurichten, dass er euren Hochzeitstermin wegen