Blut Schatten
violettfarbenen Designerhosenanzug, zudem mit künstlich feuerrotem Haar und einem sichtbaren Hang zu Schönheitsoperationen, ließ sich von einem jungen blonden Mädchen, dessen eigene Fingernägel eher bunten und mit Glitter dekorierten Mordinstrumenten glichen, die Nägel in einem knalligen Rot lackieren. Bei unserem Eintreten blickten beide kurz auf, konzentrierten sich aber gleich wieder auf die Arbeit.
»Nehmen Sie doch bitte Platz, Mrs. McNamara. Es wird sich sofort jemand um Sie kümmern.« Damit verließ er uns.
Ein Nagelstudio. Verstohlen sah ich auf meine Hände und unterdrückte den Impuls, sie sofort hinter dem Rücken zu verstecken. Meine Nägel hatten eine sachkundige Zuwendung tatsächlich nötig. Ich wählte den Sitzplatz links und überließ Jason somit den mittleren. Kaum hatten wir uns platziert, kam Patricia und brachte auf einem Tablett unsere Wassergläser, stellte sie neben uns auf das Tischchen und verschwand mit einem letzten Lächeln.
»Mrs. McNamara, wie schön, Sie zu sehen«, klang es leicht exaltiert von der Tür her, und klappernde Absätze bahnten sich ihren Weg hinein in den Raum.
Irritiert sah ich mich um, riss die Augen auf und konnte eine Lachsalve gerade noch unterdrücken. Was war denn das für eine skurrile, im Retrostyle in beißend neongrüne Seide gewickelte Erscheinung?
Was immer es war, es ließ sich nicht wirklich geschlechtsspezifisch zuordnen. Unisex? Das Gesicht passte zu einem Mann. Schmale Lippen, dazu ein dünnes, schwarzes Oberlippenbärchen, darüber eine leicht gebogene, schmale Falkenschnabelnase. Zwei Augen, dunkel wie Kohle und hervorgehoben durch schwungvoll in Form gezupfte Augenbrauen, saßen in einem ovalen Gesicht. Es wurde umrahmt von blauschwarzem, an den Seiten gestuftem Haar, das vorn zu einer leichten Tolle aufgewickelt war. Eine gewachste Rolle fiel ihm in die Stirn.
Die Art seiner Bewegung passte allerdings mehr zu einer Frau. Die Hände waren leicht erhoben, die kleinen Finger gespreizt; jeder Schritt wurde begleitet von einem Beckenschwung, der einen Salsatänzer vor Neid hätte erblassen lassen. Was dem Hemd und der Hose im Gesäßbereich an Material fehlte, war an den enorm weit ausgestellten Hosenbeinen zu viel. Ein sehr breiter, goldener Gürtel, bestehend aus ineinander verschlungenen Ringen und einer Schnalle mit zwei weltweit bekannten Initialen, lag locker um seine beneidenswerte Wespentaille. Zudem glitzerten die goldenen Klunker um seine Handgelenke protzig mit den funkelnden Steinen an seinen Fingern um die Wette. Eine sehr dicke und lange Kette mit einem riesigen violetten Anhänger hing um seinen dürren Hals bis weit hinab in seinen Hemdausschnitt und schlug bei jedem Schritt gegen seine glattrasierte Brust. Ich erwartete sekündlich, dass der Hals durchbrach oder die gesamte Erscheinung nach vorne umfiel.
»Erlauben Sie, dass ich mich Ihnen vorstelle, Mrs. McNamara«, flötete er, nahm meine Hand und deutete einen Handkuss an. »Jacques Moret. Zu Ihren Diensten, Madame.«
Ein Lächeln untermauerte seine Worte, und erstaunt notierte ich das Aufblitzen winziger Diamanten, die in seine oberen Eckzähne eingelassen waren. Bevor ich etwas erwidern konnte, fuhr er bereits zu Jason herum und beschrieb einen angedeuteten Diener. »Und Sie müssen der legendäre Jason sein, mein Herr. Es ehrt mich, Sie in meinem bescheidenen Etablissement begrüßen zu dürfen.«
»Zu viel der Ehre«, gab Jason gnädig zurück, nippte an seinem Wasser und blickte sein Gegenüber dabei intensiv an. »Mich persönlich interessiert sehr, wem wir dieses ungewöhnliche Zusammentreffen zu verdanken haben.«
»Alles zu seiner Zeit, mein Lieber«, erwiderte Jacques abwinkend. Der Schmuck klingelte leise an seiner Hand. Dann wandte er sich an die andere Kundin in diesem Raum. »Mrs. Esterhazy, wie ich sehe, haben Sie Ihre brillante Verwandlung beinahe abgeschlossen. Eine perfekte Wahl, möchte ich meinen. Würde es Sie sehr betrüben, wenn ich Sie bitte, den Trockenvorgang in den vorderen Räumen vorzunehmen? Nein? Hach, das beruhigt mich aber ungemein.« Seine Hand landete theatralisch auf seiner Brust, während er ihr die andere zum Aufstehen reichte und sie galant plaudernd aus dem Raum geleitete. »Was macht die Familie, Mrs. Esterhazy? ... Tatsächlich? Aber nein, Sie sehen fürwahr bezaubernd aus ...«
Nachdem das Mädchen seine Arbeitsmaterialien zusammengerafft hatte und der Frau nachgeeilt war, sah Jason mich bedeutungsvoll an und sein Mund
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