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Blut Schatten

Titel: Blut Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abrantes
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bleibe, Faye. Er ist der Mann, den du anscheinend liebst. Verlange das aber nicht von mir.«
    »Mach, was du meinst, Alistair. Ich kann dich nicht dazu zwingen. Aber mit diesen alten und unvollständigen Aufzeichnungen wirst du bei mir niemals etwas erreichen.« Ich wandte mich zum Gehen, als mir siedend heiß etwas einfiel. Daher hielt ich nochmals inne und sah ihn fest an. »Möglicherweise hast du ja eine Leiche im Keller, die du gerne beichten möchtest.«
    »Du spielst auf meine Tochter an«, gab er harsch zurück. »Nur zu, was willst du wissen?«
    »Alles.«
    »Hast du genug Zeit?«
    Ich klopfte eine Kiste ab, fand sie stabil genug und ließ mich demonstrativ darauf nieder. »Die ganze Nacht, falls nötig.«
    »Also gut, du kriegst die Kurzfassung.« Alistair setzte sich auf die Kante des Schreibtisches, faltete seine Hände und ließ für einen Moment seinen Kopf hängen. Dann blickte er mich wieder an. »Erinnerst du dich an meinen ersten Abstecher in die Staaten als Austauschschüler vor achtzehn Jahren?«
    Ich nickte.
    Er holte tief Luft. »Ich habe es niemandem erzählt, Faye, weil es mir unangenehm war. Während meiner letzten Wochen in Chicago hatte ich ein Mädchen kennen gelernt und ... na ja.« Ein verlegenes Lächeln zuckte um seine Mundwinkel. »Vor knapp zehn Jahren bekam ich einen Brief, der mich darüber in Kenntnis setzte, dass ich Alimente zu leisten hatte. Du kannst dir vorstellen, dass ich das nicht so ohne weiteres hinnahm und wissen wollte, ob es wirklich der Wahrheit entsprach. Also reiste ich nach Chicago.« »Anscheinend hatte es seine Berechtigung, denn Kimberly ist hier.«
    »Bis ich sie gefunden hatte, durfte ich erst mal die halbe Stadt umkrempeln. Diese verdammte Behörde hatte mir zwar eine Zahlungsaufforderung geschickt, mir aber keinerlei Hinweise über den Verbleib des Kindes gegeben. In einer völlig heruntergekommenen Wohnwagensiedlung außerhalb der Stadt fand ich sie schließlich. Verdreckt, krank, unterernährt, umgeben von Unrat und Müll. Sie lebte dort zusammen mit drei jüngeren Geschwistern und einer ständig besoffenen und drogensüchtigen Mutter.« Wut blitzte in seinen Augen auf, ließ sie fast gelblich funkeln. »Diese verdammte Schlampe knallte sich jeden Tag die Birne zu und ließ dabei ihre Kinder verhungern. Meine Tochter, verstehst du, Faye? Und dafür wollte das Weib noch Geld von mir?«
    Wie von allein schob ich meine Hände über seine, drückte sie und sah ihn verständnisvoll an. Er seufzte gequält, murmelte: »Das erste Mal in meinem Leben wurde ich richtig wütend, Faye.«
    »Das ist verständlich angesichts der Umstände, Alistair. Wenn es um mein Kind gegangen wäre, hätte mich auch die Wut gepackt.«
    Nun schlich sich ein schmerzerfülltes Lächeln auf seine Lippen. »Als ich sie fand, war sie fast sieben Jahre alt und sah aus wie eine Fünfjährige. Spindeldürr, mit völlig verfilzten Haaren und stinkenden, zerrissenen Klamotten am Leib, die ihr viel zu klein waren. Das mitten im Winter. Der Wohnwagen hatte noch nicht einmal eine Heizung. Es war saukalt, sie froren. Und die verfluchte Schlampe lag zugedröhnt im Bett.« Er atmete tief durch, seine Stimme wurde leise, klang fast erstickt: »Ich brachte die Kids in ein Krankenhaus, sie hatten alle eine Lungenentzündung. Tagelang blieb ich an Kims Bett und wartete darauf, dass sie wieder gesund wurde. Ich beantragte das Sorgerecht und nahm sie mit mir. Ihre drei Geschwister kamen in die Obhut eines staatlichen Kinderheims.«
    »Was geschah mit der Mutter?«, fragte ich ebenso leise. Abermals ließ kalter Zorn seine Augen fast gelblich aufblitzen. »Sie ist tot.«
    »Wie starb sie?«, fragte ich leise. »Überdosis?«
    »In gewisser Weise.«
    Wich er mir gerade aus? Sollte ich weiter nachfragen? Wollte ich es überhaupt? Ich wurde das Gefühl nicht los, hier an eine Barriere zu gelangen, deren Überschreitung Alistair nicht schätzen würde.
    Bevor ich etwas erwidern konnte, scholl ein gellender Schrei durch das Haus. Wir saßen schlagartig gerade. Doch bevor wir an die Tür gelangen konnten, klopfte es, und Kimberly steckte den Kopf herein. »Entschuldigt, dass ich euch stören muss. Daddy, Lucinda nervt wieder rum.«
    Mein Bruder entspannte sich sichtlich, nur ein leises Knurren entwich seiner Kehle. »Jetzt nicht, Kim. Schick sie weg.«
    »Habe ich gerade versucht. Die Kuh will's einfach nicht kapieren.«
    Ich blickte meinen Bruder neugierig an. »War das eben diese Lucinda?«
    Alistair

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