Blut Schatten
werden müssen.«
»Ah.« Darian nickte verstehend, ging zurück in die Küche und zog zielstrebig eine Schublade der Kommode auf. Mit Nähzeug bewaffnet, ging an mir vorbei Richtung Treppe. »Natürlich helfe ich dir gern, Schatz. Kimberly ist übrigens wieder auf dem Damm. Falls es dich interessieren sollte.«
Er war eingeschnappt? Darian? Niemals. Oder etwa doch? Eilig lief ich ihm nach, erwischte ihn jedoch erst ein Stockwerk höher, nachdem er das Apartment bereits betreten hatte. Als sei ich nicht vorhanden, marschierte er einfach um mich herum und betrat den von Kerzen erhellten Raum. Sogleich hockte er neben Alistair und betrachtete die Verwundung. »Sieht unschön aus, Junge. Möchtest du eine örtliche Betäubung oder willst du den Helden spielen?«
»Entschuldige bitte, Alistair«, schaltete ich mich ein. »Darian ist gerade etwas verstimmt.«
»Nicht ein bisschen, Liebes. Ich werde nur nicht gern herumkommandiert.«
»Ach.« Ich stemmte die Hände auf die Hüften. »Und du glaubst, ich stehe drauf?«
»Betäubung bitte«, kam es verängstigt von weiter unten. »Falls du aus irgendwelchen Gründen abrutschen solltest.«
»Ich bin die Ruhe selbst.« Darian zwinkerte ihm zu, legte seine Hände über die Wunde, ohne sie dabei zu berühren, und setzte die Finger daneben auf. Dann drückte er mehrfach auf bestimmte Akupressurpunkte, woraufhin Alistair einige Unmutsbekundungen von sich gab, jedoch gleichzeitig feststellte, dass er dadurch schmerzunempfindlicher geworden war. Nachdem Darian seine Hände desinfiziert hatte, reinigte er die Wunden abermals. Er versorgte sie fachmännisch und nähte die tiefen Risse wie ein ausgebildeter Chirurg zusammen. »Das war's. Du solltest beim Duschen in der nächsten Zeit etwas aufpassen. Und nach Möglichkeit die Schulter wenig belasten.«
»Aye, Doc.« Alistair verrenkte den Hals, um das Ergebnis zu betrachten.
Darian legte einen Verband an und erhob sich. »Damit wäre meine Arbeit wohl getan. Es sei denn, es liegt noch etwas anderes an.«
»Tut es«, übernahm Alistair die Führung und half mir somit aus der Bredouille. Der Blick, den er mir zuwarf, machte mir klar, dass er um meine Verlegenheit wusste. Schnell sah ich weg.
Mein Bruder erhob sich ächzend, ging auf die Kommode zu und zog die untere Schublade auf. Er nahm einige Gegenstände heraus, darunter eine Adlerfeder, eine geschnitzte Holzfigur, ein bemaltes Stück Papier. Dann hob er ein längliches Paket heraus, das in weißes, mit allerlei Symbolen besticktes Leinen geschlagen war. Das drückte er mir ohne Vorwarnung in die Hände.
Der Schlag traf mich völlig unvorbereitet. Es jagte durch meine Hände, die Arme hinauf, traf in meinem Brustkorb zusammen, raste nach unten durch die Beine und hinaus zu meinen Füßen. Mir wurde schlecht, und beinahe entglitt der Gegenstand meinem Griff. Eilig nahm Darian ihn mir ab und bewahrte mich mit dem anderen Arm vor einem Sturz.
»Das ist also das verloren gegangene Schmuckstück, für das Letavian seine Existenz riskiert hat.«
Alistair nickte. »Faye hat mit ihrer bestechenden Art darum gebeten, es in die Hände zu bekommen.«
Herzlichen Dank. Ich hockte am Boden und kämpfte mit einer mir unbekannten Form von Übelkeit, und mein Bruder beliebte zu scherzen. »Könntest du es bitte auf Abstand halten, Darian? Mir wird davon übel.«
»Verständlich, bei der Energie darin«, murmelte er, trat ein paar Schritte von mir weg und schlug das Leinen beiseite. »Ich habe nicht mehr daran geglaubt, es noch einmal in die Hände zu bekommen.« Sein Blick wanderte vom Gegenstand zu meinem Bruder hinüber. »Wie zur Hölle hast du es geschafft, die Vampirbibel in die Finger zu bekommen?«
»Vitamin B. Jemand schuldete mir einen Gefallen. Dem schuldete ein anderer eine Gefälligkeit, und so weiter. Du kennst das sicher. Kannst du es entziffern?«
Vorsichtig erhob ich mich und schielte aus sicherer Entfernung auf das Etwas in Darians Hand. Irgendwie war ich maßlos enttäuscht. Ich hatte etwas Spektakuläres erwartet. Ein großes Buch mit goldener Schrift, in kostbares Material eingefasst, mit Siegeln oder Ähnlichem. Oder eine alte, prunkvoll ausgestattete Schriftrolle. Doch dieses hier war eine schnöde, längliche Kiste, mit dunklem Leder bezogen, ohne Beschriftung. Als Darian sie öffnete, sah ich nichts weiter als lose Blätter. Es sah wie Papyrus aus, beschrieben mit dürren, krakeligen Strichen, unleserlich hingekliert. Keine Schrift aus Blut, wie ich insgeheim
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