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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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diejenigen, die fragen«, sagte er.
    Fast hätte ich es nicht gesagt, aber dann sagte ich es. »Wie sieht sie jetzt aus?«
    »Wie Diana«, sagte er. »Aber sie ist freundlicher.«
    »Ich beneide dich, Homer«, sagte ich, und das stimmte.
    Ich stand an der Tür. Es war Hochsommer, die Felder und Blumen dufteten, es war schon fast dunkel, und der Vollmond warf eine Silberspur auf den See. Homer überquerte meine Veranda und ging die Stufen hinab. Ein Auto stand am Straßenrand. Der Motor war im Leerlauf sehr laut, wie das bei alten Wagen nun mal so ist, die aber ansonsten noch sehr leistungsfähig sind. Das Auto sah ein bisschen mitgenommen aus, aber so, als könnte es mühelos mit Höchstgeschwindigkeit davonbrausen. Homer blieb am Fuß der Treppe stehen und hob etwas auf – es war sein Benzinkanister, der große, der vierzig Liter fasst. Er ging meinen Weg runter, zur Beifahrerseite des Wagens. Sie beugte sich rüber und öffnete ihm die Tür. Die Innenleuchte ging an, und einen Moment lang sah ich sie, das Gesicht von langen kastanienbraunen Haaren umhüllt. Ihre Stirn leuchtete wie eine Lampe. Nein, wie der Mond. Er stieg ein, und sie fuhr los. Ich stand da und sah die Rücklichter ihres kleinen Flitzers in der Dunkelheit rot aufleuchten. Sie wurden immer kleiner, glichen zuerst Funken, dann Irrlichtern … und dann waren sie ganz verschwunden.
    Vermont, sage ich den Leuten in der Stadt, und Vermont glauben sie auch, weil das weiter weg ist als die meisten sich vorstellen können. Manchmal glaube ich es sogar fast selbst, besonders wenn ich müde und erschöpft bin. Aber dann kommen Zeiten, da denke ich oft an sie – diesen ganzen Oktober über habe ich es getan, vermutlich weil der Oktober der Monat ist, in dem Männer am meisten an ferne Orte und an die Straßen denken, die sie dorthin führen könnten. Ich sitze auf der Bank vor Bell’s Market und denke über Homer Buckland und das wunderschöne Mädchen nach, das ihm die Autotür öffnete, als er mit dem vollen roten Benzinkanister in der rechten Hand auf den Flitzer zuging – Ophelia hatte ausgesehen wie höchstens sechzehn, wie ein Mädchen, das gerade erst den Führerschein macht, und ihre Schönheit war schrecklich, aber ich glaube, zu sterben braucht der Mann, dem sie ihr Gesicht zuwendet, doch nicht mehr; einen Moment lang hatte sie mich angeblickt, und ich war nicht tot umgefallen, obwohl ein Teil von mir zu ihren Füßen gestorben ist.
    Der Olymp muss eine Pracht für Augen und Herz sein, und es gibt Menschen, die ihre Gebete dorthin richten, und andere, die vielleicht einen direkten Weg dorthin finden, aber ich für meinen Teil kenne Castle Rock wie meine Westentasche, und ich könnte es nie verlassen, nicht für alle Abkürzungen der Welt, wohin sie auch führen mögen. Im Oktober ist der Himmel über dem See zwar keine Pracht, aber er ist doch wunderschön, mit den großen weißen Wolken, die so langsam dahinziehen; ich sitze hier auf der Bank und denke an ’Phelia Todd und Homer Buckland, und ich wünsche mir nicht unbedingt, dort zu sein, wo sie sind … aber ich wünsche mir immer noch, ich würde rauchen.

Der Jaunt
    »Letzter Aufruf für Jaunt-701«, hallte die angenehme Frauenstimme durch den Blauen Rundgang des Port Authority Terminal in New York. Der PAT hatte sich in den letzten dreihundert Jahren nicht sehr verändert – er war immer noch düster und ein wenig furchteinflößend. Die Frauenstimme vom Band war wahrscheinlich das Erfreulichste daran. »Hier spricht Jaunt-Service nach Whitehead City, Mars«, fuhr die Stimme fort. »Alle Passagiere mit Flugschein begeben sich bitte in die Einschlafzone des Blauen Rundgangs. Vergewissern Sie sich, dass Ihre Flugunterlagen in Ordnung sind. Danke.«
    Die obere Schlafzone war alles andere als düster. Der austerngraue Teppichboden reichte von Wand zu Wand. Die Wände selbst waren eierschalenweiß und mit hübschen, dezenten Drucken geschmückt. Ein Kaleidoskop wirbelnder, fließender Farben drehte sich an der Ecke. Einhundert Liegen befanden sich in ordentlichen Zehnerreihen im großen Raum. Fünf Jaunt-Stewardessen machten die Runde, sprachen mit gedämpften, fröhlichen Stimmen und boten Gläser mit Milch an. An einer Seite des Raums befand sich der Zugangssteg, der von bewaffneten Wachen und einer weiteren Jaunt-Stewardess flankiert wurde, die die Flugunterlagen eines Spätankömmlings prüfte, eines abgehetzten Geschäftsmanns, der die zusammengefaltete New York Times unter den Arm

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