Blut - Skeleton Crew
geredet hatte. Wahrscheinlich war es einer der Wachmänner gewesen, die mit Foggia von Raiford nach Montpellier geflogen waren und ihn in einem Panzerwagen von Montpellier nach Province gebracht hatten.
»Wenn ich das lebend überstehe, möchte ich Hähnchen essen, bevor ich diesen Joint rauche«, soll Foggia gesagt haben. Danach trat er durch Portal eins und kam augenblicklich aus Portal zwei heraus.
Er kam lebend durch, aber Rudy Foggia war nicht in der Verfassung, sein Hähnchen zu essen. In dem Zeitraum, den es dauerte, über die zwei Meilen hinwegzujaunten (was von einem Computer mit 0,000000000067 Sekunden errechnet wurde), war Foggias Haar schneeweiß geworden. Sein Gesicht hatte sich nicht physisch verändert – es war nicht runzlig oder faltig oder verbraucht –, vermittelte aber den Eindruck hohen, fast unvorstellbaren Alters. Foggia schlurfte mit leeren, vorquellenden Augen aus dem Portal, sein Mund zuckte, die Hände hingen schlaff herab. Dann fing er an zu sabbern. Die Wissenschaftler, die sich versammelt hatten, wichen zurück, und nein, Mark bezweifelte wirklich, dass einer von ihnen geredet hatte: sie wussten schließlich über die Ratten, die Meerschweinchen und Hamster Bescheid; über jedes Tier mit einem größeren Gehirn als ein durchschnittlicher Bandwurm. Sie müssen sich ein wenig wie die deutschen Wissenschaftler gefühlt haben, die versuchten, jüdische Frauen mit dem Sperma deutscher Schäferhunde zu schwängern.
»Was ist passiert?«, schrie einer der Wissenschaftler (soll er geschrieben haben). Das war die einzige Frage, die Foggia beantworten konnte.
»Da drin ist die Ewigkeit«, sagte er und fiel tot um, was als Herzversagen diagnostiziert wurde.
Den dort versammelten Wissenschaftlern blieb sein Leichnam (um den sich die CIA und das FBI gewissenhaft kümmerten) und seine schrecklichen, rätselhaften letzten Worte: Da drin ist die Ewigkeit.
»Daddy, ich will wissen, was mit den Mäusen passiert ist«, wiederholte Patty. Sie bekam nur die Möglichkeit, die Frage zu stellen, weil der Mann im teuren Anzug und den blitzblank polierten Schuhen den Jaunt-Stewardessen Schwierigkeiten machte. Er wollte das Gas nicht nehmen und redete mit einer Menge von fadenscheinigen Aufschneidereien drum herum. Die Stewardessen machten ihre Arbeit, so gut sie konnten – sie lächelten, beruhigten, überzeugten –, waren aber aufgehalten worden.
Mark seufzte. Er hatte das Thema angesprochen – nur um seine Kinder von den Prä-Jaunt-Vorbereitungen abzulenken, gewiss, aber er hatte es angesprochen –, und er überlegte sich, dass er es jetzt so wahrheitsgemäß zu Ende bringen musste, ohne sie zu beunruhigen oder zu erschrecken.
Er würde ihnen beispielsweise nichts von C.K. Summers’ Buch Die Politik des Jaunts erzählen, das ein Kapitel enthielt, »Der Jaunt unter der Rose«, worin die glaubwürdigeren Gerüchte über den Jaunt aufgeführt wurden. Die Geschichte von Rudy Foggia mit den Morden im Bridgeklub und dem ausgefallenen Hähnchenessen fand sich dort. Es wurden auch Fallstudien von dreißig anderen (oder mehr … oder weniger … oder wer weiß) Freiwilligen, Sündenböcken oder Wahnsinnigen aufgezählt, die im Laufe der vergangenen dreihundert Jahre hellwach gejauntet hatten. Die meisten waren tot am anderen Ende herausgekommen. Die anderen waren hoffnungslos verrückt geworden. In manchen Fällen schien der Schock des Wiederaustritts zum Tod geführt zu haben.
Summers Kapitel über Gerüchte und Mythen bezüglich des Jaunt enthielten weitere beunruhigende Meldungen: Der Jaunt war offensichtlich mehrmals als Mordwaffe missbraucht worden. Im berühmtesten (und einzigen dokumentierten) Fall, der sich erst vor dreißig Jahren zugetragen hatte, hatte ein Jaunt-Forscher namens Lester Michaelson seine Frau mit den Plexiplast-Traumschnüren seiner Tochter gefesselt und sie schreiend durch das Jaunt-Portal von Silver City, Nevada, geschoben. Aber zuvor hatte Michaelson den Löschknopf seiner Jaunt-Kontrolle gedrückt und jedes einzelne der hunderttausend Portale gelöscht, wo Mrs. Michaelson hätte herauskommen können – vom benachbarten Remo bis zur Jaunt-Forschungsstation auf Io, einem der Jupitermonde. Und nun jauntete Mrs. Michaelson für alle Zeiten irgendwo dort draußen im Äther herum. Nachdem Michaelson für geistig gesund und prozessfähig erklärt worden war (und innerhalb der engen Buchstaben des Gesetzes war er vielleicht gesund, aber in praktischer Hinsicht war
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