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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sie mit den Griffen von Besen und O’Cedar-Mops zu vertreiben, hatte etwas Komisches an sich.
    »Mike, wollen Sie nicht die Leitung dieses kleinen Abenteuers übernehmen?«, sagte Miller. »Ich würde mich gern einen Augenblick mit Ollie und Dave unterhalten.«
    »Mit Vergnügen.« Hatlen klopfte Dan Miller auf die Schulter. »Jemand musste die Sache in die Hand nehmen, und Sie haben’s gut gemacht. Willkommen in der Stadt!«
    »Heißt das, dass ich eine Steuerermäßigung bekomme?«, fragte Miller. Er war ein schlagfertiger kleiner Kerl mit schütteren roten Haaren. Er machte ganz den Eindruck eines jener Männer, die man zunächst einmal einfach gern haben muss, die einem aber – wenn man sie eine Zeit lang auf dem Hals hat – sehr stark auf die Nerven gehen. Die Kategorie, die immer alles besser weiß als man selbst.
    »Ist leider nicht drin«, meinte Hatlen lachend.
    Hatlen entfernte sich. Miller blickte auf meinen Sohn hinab.
    »Machen Sie sich wegen Billy keine Sorgen«, sagte ich.
    »Mann, ich habe mir in meinem ganzen Leben noch nie so viel Sorgen gemacht«, meinte Miller.
    »Stimmt«, bestätigte Ollie, warf eine leere Dose in die Kühltruhe. Er holte eine neue heraus und öffnete sie. Ein leises Zischen von entweichendem Gas war zu hören.
    »Ich hab gesehen, wie ihr zwei euch angeschaut habt«, erklärte Miller.
    Ich aß meinen Hershey-Riegel und holte mir ein Bier zum Runterspülen.
    »Ich werd euch sagen, was ich denke«, fuhr Miller fort. »Wir sollten ein halbes Dutzend Leute damit beauftragen, einige Besenstiele mit Stoff zu umwickeln und diesen dann mit Schnur festzubinden. Dann sollten wir, denke ich, einige Kanister mit flüssigem Holzkohleanzünder bereitstellen. Wenn wir die Deckel dieser Kanister abschrauben, hätten wir im Notfall schnell ein paar Fackeln.«
    Ich nickte. Das war gut. Mit Sicherheit nicht gut genug  – nicht, wenn man gesehen hatte, wie Norm weggeschleppt wurde –, aber besser als Salz.
    »Zumindest hätten sie dann was zu tun«, meinte Ollie.
    Miller presste die Lippen aufeinander. »So schlimm?«, fragte er.
    »So schlimm«, stimmte Ollie zu und trank sein Bier.
     
    Gegen halb fünf nachmittags lagen die Säcke mit Dünger an Ort und Stelle, und die großen Schaufenster waren mit Ausnahme schmaler Gucklöcher verbarrikadiert. Ein Beobachter wurde an jedem dieser Gucklöcher postiert, und jeder hatte einen geöffneten Kanister mit flüssigem Holzkohleanzünder und einen Vorrat an Besenstielfackeln neben sich stehen. Es waren fünf Sehschlitze, und Dan Miller hatte ein Rotationssystem der Wachposten an jedem Ausguck organisiert. Um halb fünf saß ich auf einem Stapel Säcke vor einem der Gucklöcher, Billy neben mir. Wir sahen in den Nebel hinaus.
    Direkt hinter dem Fenster stand eine rote Bank, wo manchmal Leute warteten, bis sie mit ihren Einkäufen abgeholt wurden. Dahinter war der Parkplatz. Der Nebel wallte langsam, dicht und schwer hin und her. Er enthielt doch etwas Feuchtigkeit, sah aber trüb und düster aus. Wenn ich ihn nur ansah, fühlte ich mich mutlos und hilflos.
    »Daddy, weißt du, was los ist?«, fragte Billy.
    »Nein, Liebling«, sagte ich.
    Er schwieg eine Weile und blickte auf seine Hände, die schlaff auf seinen Tuffstein-Jeans lagen. »Warum kommt niemand und rettet uns?«, fragte er schließlich. »Die Staatspolizei oder das FBI oder sonstwer?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Glaubst du, dass Mama okay ist?«
    »Billy, ich weiß es nicht«, sagte ich und legte den Arm um ihn.
    »Ich hab so schreckliche Sehnsucht nach ihr«, flüsterte Billy, mit den Tränen kämpfend. »Es tut mir leid, dass ich unartig zu ihr war.«
    »Billy«, begann ich, verstummte aber wieder. Ich spürte Salz in der Kehle, und meine Stimme drohte zu zittern.
    »Wird es vorübergehen?«, fragte Billy. »Daddy? Wird es vorübergehen?«
    »Ich weiß nicht«, sagte ich wieder, verbarg das Gesicht in meiner Schultergrube, und ich legte meine Hand auf seinen Hinterkopf und spürte die zarte Rundung seines Schädels unter dem dichten Haar. Ich musste an den Abend meines Hochzeitstags denken. Ich hatte zugesehen, wie Steff das schlichte braune Kleid auszog, das sie nach der Trauung angezogen hatte. Sie hatte einen großen purpurnen Bluterguss auf einer Hüfte, weil sie am Vortag gegen eine Türkante gerannt war. Mir fiel wieder ein, dass ich den Bluterguss gesehen und gedacht hatte: Als sie sich den holte, war sie noch Stephanie Stepanek, und dass es mir wie ein Wunder vorgekommen war.

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