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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Dann hatten wir uns geliebt, und draußen hatte es von einem trüben grauen Dezemberhimmel herabgeschneit.
    Billy weinte.
    »Pscht, Billy, pscht«, flüsterte ich und wiegte seinen Kopf an mir, aber er weinte weiter. Es war ein Weinen, mit dem nur Mütter fertigwerden können.
     
    Im Supermarkt wurde es früh dunkel. Miller und Hatlen und Bud Brown verteilten Taschenlampen, den ganzen Vorrat, etwa zwanzig. Norton beanspruchte lautstark welche für seine Gruppe und bekam zwei. Die Lichter bewegten sich hier und da in den Gängen wie gespenstische Phantome.
    Ich hielt Billy an mich gedrückt und sah durch das Guckloch. Das milchige, helle Licht dort draußen hatte sich kaum verändert; im Supermarkt war es nur durch die Errichtung der »Barrikaden« so dunkel geworden. Einige Male glaubte ich etwas zu sehen, aber das war nur nervöse Einbildung. Einer der anderen löste auch einmal blinden Alarm aus.
    Billy sah Mrs. Turman wieder und lief begierig auf sie zu, obwohl sie in diesem Sommer noch kein einziges Mal bei ihm den Babysitter gespielt hatte. Sie hatte eine Taschenlampe bekommen und war so nett, sie Billy zu überlassen. Bald schon versuchte er, seinen Namen mit Licht auf die blanken Glasfronten der Tiefkühltruhen zu schreiben. Sie schien ebenso glücklich zu sein, ihn zu sehen wie umgekehrt, und nach einer Weile kamen sie herüber. Hattie Turman war eine große, magere Frau mit herrlichen roten Haaren, in denen gerade die ersten grauen Strähnen auftauchten. Eine Brille baumelte an einer Zierkette – von jener Art, die meiner Erfahrung nach anscheinend nur Frauen mittleren Alters rechtmäßig tragen dürfen – auf ihrer Brust.
    »Ist Stephanie hier, David?«, fragte sie.
    »Nein. Zu Hause.«
    Sie nickte. »Alan auch. Wie lange haben Sie Wache hier?«
    »Bis sechs.«
    »Haben Sie was gesehen?«
    »Nein. Nur den Nebel.«
    »Ich werde mich bis sechs um Billy kümmern, wenn es Ihnen recht ist.«
    »Möchtest du das, Billy?«
    »Ja, bitte«, sagte er. Er beschrieb mit der Taschenlampe langsame Bögen über seinem Kopf und beobachtete die Lichtspiele an der Decke.
    »Gott wird Seine schützende Hand über Steffy und Alan halten«, sagte Mrs. Turman und entfernte sich mit Billy an der Hand. Sie hatte mit feierlicher Zuversicht gesprochen, aber ihre Augen straften diese Überzeugung Lügen.
    Gegen halb sechs wurden im Hintergrund des Supermarktes aufgeregt streitende Stimmen laut. Jemand spottete über etwas, was jemand andres gesagt hatte, und ein Dritter – ich glaube, es war Buddy Eagleton – brüllte: »Sie sind wahnsinnig, wenn Sie da rausgehen!«
    Mehrere Taschenlampenstrahlen bewegten sich auf die Kassen zu. Mrs. Carmodys schrilles, höhnisches Gelächter erfüllte den Markt.
    Nortons klangvoller Gerichtssaaltenor übertönte das Stimmengewirr: »Lassen Sie uns bitte durch! Lassen Sie uns vorbei!«
    Der Mann am nächsten Guckloch verließ seinen Platz, um nachzusehen, was dieser Lärm zu bedeuten hatte. Ich beschloss zu bleiben, wo ich war. Was immer dieser Aufruhr zu bedeuten hatte, er kam auf mich zu.
    »Bitte«, sagte Mike Hatlen. »Bitte lassen Sie es uns durchsprechen.«
    »Da gibt es nichts zu reden«, verkündete Norton. Jetzt tauchte sein Gesicht aus der Dunkelheit auf. Es war entschlossen, verhärmt und völlig verzerrt. Er hatte eine der beiden den Ewiggestrigen zugeteilten Taschenlampen in der Hand. Die korkenzieherförmigen Haarbüschel standen immer noch hinter seinen Ohren hoch wie die Hörner eines Hahnrei. Er führte eine sehr kleine Prozession an – fünf der ursprünglich neun oder zehn Personen. »Wir gehen hinaus«, sagte er.
    »Bestehen Sie nicht auf diesem Wahnsinn«, sagte Miller. »Mike hat recht. Wir können darüber reden, oder? Mr. McVey wird Hähnchen grillen über dem Gasgrill, wir können uns hinsetzen und essen und dabei …«
    Er trat Norton in den Weg, und Norton versetzte ihm einen Stoß. Das gefiel Miller nicht. Sein Gesicht wurde rot und verschlossen. »Dann machen Sie, was Sie wollen«, sagte er. »Aber Sie ermorden diese Leute buchstäblich.«
    Mit der Gemütsruhe großer Entschlossenheit oder einer fixen Idee sagte Norton: »Wir werden euch Hilfe schicken.«
    Einer seiner Anhänger murmelte zustimmend, aber ein anderer verdrückte sich leise. Nun waren es Norton und vier andere. Das war gar nicht schlecht – Christus selbst konnte nur zwölf finden.
    »Hören Sie«, sagte Mike Hatlen. »Mr. Norton – Brent – bleiben Sie wenigstens zum Hähnchen. Sie

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