Blut - Skeleton Crew
Feind den Schädel einschlug. Mit ausgestreckten Armen drückte sie auf die Knöpfe. Eine dicke Wolke Insektenvernichtungsmittel hüllte das Ding ein. Es begann im Todeskampf zu zucken, drehte sich wie verrückt um sich selbst, stürzte schließlich von den Säcken ab, prallte gegen Tom Smalleys Körper – der ohne jeden Zweifel tot war – und landete auf dem Boden. Seine Flügel surrten hektisch, trugen es aber nicht mehr, weil sie zu dick mit Raid bedeckt waren. Einige Augenblicke später wurden die Flügelbewegungen langsamer und hörten dann ganz auf. Es war tot.
Man konnte Leute weinen hören. Und stöhnen. Die alte Frau, die niedergetrampelt worden war, stöhnte. Und man hörte Gelächter. Das Lachen der Verdammten. Mrs. Reppler stand über ihrer Beute, die magere Brust hob und senkte sich rasch.
Hatlen und Miller hatten einen jener Karren entdeckt, wie ihn die Lagerarbeiter zum Transport der Kisten und Kartons im Supermarkt verwenden, und sie hievten ihn gemeinsam auf die Säcke, um das Loch im Glas zu verbarrikadieren. Als Übergangslösung war das ganz gut.
Amanda Dumfries kam wie eine Schlafwandlerin nach vorn. In einer Hand hielt sie einen Plastikeimer. In der anderen hielt sie einen Kehrbesen, der noch in seiner durchsichtigen Verpackung war. Sie bückte sich mit leerem Blick und schob das tote rosa Ding – Insekt, was immer es gewesen war – in den Eimer. Man konnte die Verpackung des Besens knistern hören, als er über den Boden strich. Dann ging sie zur Ausgangstür. Keine Insekten klebten daran. Sie öffnete die Tür einen Spalt und warf den Eimer hinaus. Er fiel auf die Seite und rollte in konzentrischen Bögen hin und her. Eines der rosa Dinger kam aus der Nacht geschwirrt, landete auf dem Eimer und begann darauf herumzukriechen.
Amanda brach in Tränen aus. Ich ging zu ihr und legte ihr einen Arm um die Schultern.
Um halb zwei Uhr nachts saß ich mit dem Rücken an die weiße Emailseite der Fleischtheke gelehnt und döste vor mich hin. Billys Kopf lag auf meinem Schoß. Er schlief fest. Nicht weit von uns entfernt schlief Amanda Dumfries, die ein Jackett als Kopfkissen benutzte.
Kurz nach dem Flammentod des Vogeldings waren Ollie und ich in den Lagerraum gegangen und hatten ein halbes Dutzend jener Decken geholt, wie ich tagsüber eine für Billy organisiert hatte. Einige Leute schliefen darauf. Wir hatten auch mehrere schwere Kisten Orangen und Birnen geholt, und zu viert war es uns gelungen, sie auf die Düngersäcke vor das Loch in der Scheibe zu hieven. Die Vogelwesen würden nicht imstande sein, eine dieser Kisten von der Stelle zu bewegen; jede wog etwa neunzig Pfund.
Aber die Vögel und die käferähnlichen Dinge, die von den Vögeln gefressen wurden, waren nicht die einzigen Wesen dort draußen. Da war das Ding mit Tentakeln, das Norm geholt hatte. Da war die zerfranste Wäscheleine, die einem zu denken gab. Da war das Geschöpf, das niemand von uns gesehen, das aber jenes tiefe Grunzen ausgestoßen hatte. Wir hatten seitdem noch mehrere Geräusche dieser Art gehört – manchmal ganz entfernt – aber wie weit mochte »ganz entfernt« bei dem klangdämpfenden Effekt des Nebels sein? Und manchmal waren sie nahe genug gewesen, dass das Gebäude davon erzitterte und uns zumute war, als wären unsere Herzkammern mit Eiswasser gefüllt.
Billy bewegte sich auf meinem Schoß und stöhnte. Ich strich ihm übers Haar, und er stöhnte noch lauter. Dann fand er anscheinend wieder weniger gefährliche Gewässer des Schlafs. Inzwischen döste ich nicht mehr, sondern war hellwach. Seit Einbruch der Dunkelheit hatte ich nur etwa neunzig Minuten geschlafen, und selbst in dieser Zeit hatten mich Albträume verfolgt. In einem dieser Traumfragmente war es wieder vergangene Nacht gewesen. Billy und Steffy standen vor dem Verandafenster und sahen auf das schwarze und schiefergraue Wasser hinaus, auf die silbrige Wasserhose, die den Sturm ankündigte. Ich versuchte, zu ihnen zu gelangen, weil ich wusste, dass ein starker Windstoß das Fenster zertrümmern und tödliche Glassplitter über das ganze Wohnzimmer verstreuen konnte. Aber sosehr ich auch lief, ich kam ihnen nicht näher. Und dann stieg ein Vogel aus der Wasserhose empor, ein riesiger scharlachroter oiseau de mort, dessen prähistorische Flügelspannweite den ganzen See von West nach Ost verdunkelte. Sein Schnabel öffnete sich und enthüllte einen Rachen so groß wie der Holland-Tunnel. Und während der Vogel sich näherte, um
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