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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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vielleicht heimsuchen werden, wissen Sie.
    Zwei Worte, die ähnlich klingen.
    Das eine ist Hartford.
    Das andere ist Hoffnung.

Hier seyen Tiger
    Charles musste dringend die Toilette aufsuchen.
    Es hatte keinen Sinn mehr sich vorzumachen, dass er bis zur Pause warten konnte. Seine Blase platzte fast, und Miss Bird hatte bemerkt, wie er hin und her rutschte.
    Drei Lehrerinnen erteilten an der Acorn Street Grammar School Unterricht in der dritten Klasse. Miss Kinney war jung und blond und lebhaft und hatte einen Freund, der sie nach der Schule in einem blauen Camaro abholte. Mrs. Trask hatte eine Figur wie ein maurisches Kissen und flocht ihr Haar zu Zöpfen und lachte schallend. Und dann war da noch Miss Bird.
    Charles hatte gewusst, dass er bei Miss Bird landen würde. Er hatte es gewusst. Es war unvermeidlich gewesen. Denn Miss Bird wollte ihn offensichtlich vernichten. Sie erlaubte den Kindern nicht, in den Keller zu gehen. Im Keller, sagte Miss Bird, befanden sich die Heizkessel und gepflegte junge Damen und Herren würden nie dorthin gehen, weil Keller schmutzige und rußige alte Löcher waren. Junge Damen und Herren gingen nicht in den Keller, sagte sie. Sie gingen zur Toilette.
    Charles rutschte wieder.
    Miss Bird fasste ihn scharf ins Auge.
    »Charles, musst du zur Toilette gehen?«, sagte sie deutlich und deutete mit dem Zeigestock immer noch auf Bolivien.
    Cathy Scott in der Bank vor ihm kicherte, wobei sie klugerweise die Hand vor den Mund hielt.
    Kenny Griffen lachte und trat Charles unter der Bank.
    Charles wurde knallrot im Gesicht.
    »Antworte, Charles«, sagte Miss Bird laut. »Musst du …«
    (urinieren sie wird urinieren sagen, das sagt sie immer)
    »Ja, Miss Bird.«
    »Ja – was?«
    »Ich muss in den Kel… – zur Toilette.«
    Miss Bird lächelte. »Ausgezeichnet, Charles. Du darfst auf die Toilette gehen und urinieren. Das musst du doch, oder? Urinieren?«
    Charles ließ überführt den Kopf hängen.
    »Ausgezeichnet, Charles. Du darfst gehen. Und warte nächstes Mal nicht, bis du gefragt wirst.«
    Allgemeines Gekicher. Miss Bird klopfte mit dem Zeigestock an die Tafel.
    Charles stapfte die Reihe entlang zur Tür, dreißig Augenpaare bohrten sich in seinen Rücken, und jeder seiner Mitschüler, einschließlich Cathy Scott, wusste genau, dass er zur Toilette ging, um zu urinieren. Der Weg zur Tür war mindestens so lang wie ein Fußballfeld. Miss Bird fuhr nicht mit dem Unterricht fort, sondern schwieg, bis er die Tür geöffnet hatte, auf den Gott sei Dank verlassenen Flur hinausgetreten war und die Tür wieder zugemacht hatte.
    Er ging nach unten zur Knabentoilette
    (Keller Keller Keller WENN ICH WILL)
    strich mit den Fingern über die kühlen Wandkacheln, ließ sie über das mit Reißnägeln gespickte schwarze Brett tanzen und ganz leicht über den roten
    (IM NOTFALL SCHEIBE EINSCHLAGEN)
    Feuermelder gleiten.
    Miss Bird genoss es. Miss Bird genoss es, wenn er einen roten Kopf bekam. Vor Cathy Scott – die nie in den Keller gehen musste, war das gerecht? – und allen anderen.
    Alte H-e-x-e, dachte er. Er buchstabierte, weil er letztes Jahr entschieden hatte, dass Gott nicht sagte, es sei eine Sünde, wenn man buchstabierte.
    Er ging in die Knabentoilette.
    Drinnen war es sehr kühl, und ein leichter, nicht unangenehmer Chlorgeruch hing stechend in der Luft. Jetzt mitten am Vormittag, war der Raum sauber und verlassen, ruhig und ganz angenehm; überhaupt nicht wie das verräucherte, stinkende Kabuff im »Star Theatre« in der Innenstadt.
    Die Toilette
    (!Keller!)
    war L-förmig gebaut; an der kürzeren Seite verliefen kleine viereckige Spiegel, weiße Porzellanwaschbecken und ein Papierhandtuchhalter,
    (NIBROC)
    an der längeren Seite zwei Pissoirs und drei Toilettenkabinen.
    Charles bog um die Ecke, nachdem er verdrossen sein schmales, recht blasses Gesicht in einem der Spiegel betrachtet hatte.
    Der Tiger lag am anderen Ende direkt unter dem weißen Milchglasfenster. Es war ein großer Tiger mit hellen und dunklen Streifen im Fell wie eine Jalousie. Er sah wachsam zu Charles auf und kniff die grünen Augen zusammen. Ein weiches, schnurrendes Knurren kam aus seinem Maul. Geschmeidige Muskeln strafften sich, und der Tiger stand auf. Er schlug mit dem Schwanz, und wenn er das Porzellanbecken des letzten Pissoirs traf, ertönte ein leises klirrendes Geräusch.
    Der Tiger sah ziemlich hungrig und sehr bösartig aus.
    Charles lief den Weg zurück, den er gekommen war. Es kam ihm wie eine

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