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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sah hoch. Einen Augenblick schwiegen alle, und der Wind pfiff wieder, diesmal sehr tief, wie eine unangenehme Einladung.
    »Ich meine … vermutlich ist er kaputt«, sagte Hal.
    Er pflegte kaputt zu sein … außer wenn er es nicht sein wollte.
    »Deshalb brauchst du ihn mir nicht aus der Hand zu reißen!«, sagte Dennis.
    »Dennis, halt den Mund!«
    Dennis blinzelte und fühlte sich einen Moment etwas unbehaglich. Hal hatte ihn schon lange nicht mehr so scharf angefahren. Nicht, seit er vor zwei Jahren seinen Job bei National Aerodyne in Kalifornien verloren hatte und sie nach Texas umgezogen waren. Dennis beschloss, ihn nicht weiter zu provozieren … wenigstens nicht im Augenblick. Er wandte sich wieder dem Ralston-Purina-Karton zu und wühlte darin herum, aber die anderen Sachen waren nur Plunder. Kaputte Spielsachen mit heraushängenden Federn und Sägespänen. Der Wind war jetzt lauter, er pfiff nicht mehr, er heulte. Der Dachboden begann leise zu knarren, was sich wie Schritte anhörte.
    »Daddy, bitte!«, bat Petey so leise, dass nur sein Vater es hören konnte.
    »Ja«, sagte Hal. »Terry, gehen wir.«
    »Ich bin mit dieser Kiste noch nicht …«
    »Ich sagte, gehen wir!«
    Nun sah auch sie bestürzt aus.
    Sie hatten zwei nebeneinanderliegende Zimmer in einem Motel belegt. Gegen zehn Uhr abends schliefen die Jungen in ihrem Zimmer, und Terry schlief im Zimmer der Erwachsenen. Sie hatte auf der Rückfahrt von Casco zwei Valium genommen. Um ihre Nerven zu beruhigen und keine Migräne zu bekommen. In letzter Zeit schluckte sie eine Menge Valium. Sie hatte damit angefangen, als Hal bei National Aerodyne entlassen worden war. Seit zwei Jahren arbeitete er nun für Texas Instruments – er verdiente 4000 Dollar weniger im Jahr, aber er hatte Arbeit. Er erklärte Terry, dass sie Glück hätten. Sie stimmte zu. Es gäbe eine Menge arbeitsloser EDV-Programmierer, sagte er. Sie stimmte zu. Die Firmenwohnung in Arnette sei genauso gut wie die in Fresno, sagte er. Sie stimmte zu, aber er hatte das Gefühl, dass ihre Zustimmung zu allem gelogen war.
    Gleichzeitig entglitt ihm Dennis. Er spürte, wie der Junge sich mit frühreifer Geschwindigkeit von ihm entfernte, leb wohl, Dennis, auf Wiedersehen, Fremder, es war nett, im selben Zug mit dir zu fahren. Terry sagte, sie glaube, der Junge rauche Marihuana. Sie rieche es manchmal. Du musst mit ihm reden, Hal. Und er stimmte er zu, aber bisher hatte er es nicht getan.
    Die Jungen schliefen. Terry schlief. Hal ging ins Bad, schloss die Tür ab, setzte sich auf den Klodeckel und betrachtete den Affen.
    Er hasste die Art und Weise, wie der Affe sich anfühlte, diesen weichen, flaumigen braunen Pelz, der stellenweise kahl war. Er hasste dieses Grinsen – dieser Affe grinst genauso wie ein Nigger, hatte Onkel Will einmal gesagt, aber er grinste nicht wie ein Nigger oder wie irgendein menschliches Wesen. Sein Grinsen war ein einziges Zähneblecken, und wenn man ihn aufzog, bewegten sich die Lippen, die Zähne schienen größer zu werden, zu Vampirzähnen zu werden, die Lippen zuckten, und die Zimbeln schlugen gegeneinander, dummer Affe, dummer aufziehbarer Affe, dummer, dummer …
    Er ließ ihn fallen. Seine Hände zitterten, und er ließ ihn fallen.
    Der Schlüssel klirrte, als der Affe auf den Badezimmerfliesen aufschlug. In der Stille wirkte das Geräusch sehr laut. Er grinste Hal mit seinen dunklen Bernsteinaugen an, mit seinen idiotisch glänzenden Puppenaugen, und seine Messingzimbeln ragten in die Luft, als wollte er einen Marsch in einer höllischen Kapelle spielen. Auf der Unterseite war eingeprägt: MADE IN HONGKONG.
    »Du kannst nicht hier sein«, flüsterte er. »Ich habe dich in den Brunnen geworfen, als ich neun Jahre alt war.«
    Der Affe grinste zu ihm empor.
    Draußen in der finsteren Nacht rüttelte der Wind am Motel.
     
    Hals Bruder Bill und Bills Frau Collette trafen sich am nächsten Tag mit ihnen in Onkel Wills und Tante Idas Haus. »Ist dir je der Gedanke gekommen, dass ein Todesfall ein lausiger Anlass ist, die Familienbande zu erneuern?« , fragte Bill ihn mit einem leichten Grinsen. Er war nach Onkel Will genannt worden. Will und Bill, die Champions des Rodeos, hatte Onkel Will immer gesagt und Bill das Haar zerzaust. Es war einer seiner Lieblingsaussprüche … ebenso wie jenes »Wind kann pfeifen, aber eine Melodie bringt er nicht zustande«. Onkel Will war vor sechs Jahren gestorben, und Tante Ida hatte hier allein weitergelebt, bis auch sie

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